Das Midas-Komplott - Thriller
allmählich zu Gold verwandelte. Bei den Fingerspitzen fing es an und setzte sich langsam in Richtung seiner Handfläche fort. Fünf Minuten später war seine ganze Hand aus Gold. Er war ein Opfer der Gabe des Midas geworden. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
Tyler beherrschte sich sehr, nicht die Augen zu verdrehen. Für seinen Geschmack spann die gute Frau ein Seemannsgarn, das einfach zu phantastisch klang.
»Und warum sind Sie später nicht einfach wieder zu der goldenen Kammer gegangen und haben sich die Reichtümer geholt? «
»Sie können mir glauben, dass ich sie seit jenem Tag suche. Wir haben natürlich unseren Eltern von dem goldenen Gewölbe erzählt – die toten Männer haben wir ihnen allerdings verschwiegen – , aber sie waren furchtbar böse, dass wir die ganze Nacht unterwegs gewesen waren. Für sie war klar, dass wir uns eine Geschichte aus den Fingern saugten, um unserer wohlverdienten Strafe zu entgehen. Die baufälligen Häuser wurden kurze Zeit später abgerissen, und an ihrer Stelle entstand das italienische Gesundheitsministerium. Ich bin einmal in das Kellergeschoss gegangen, als das Gebäude fertig war. Der Eingang zu den unterirdischen Gängen war durch das Fundament zubetoniert. «
»Was für eine erstaunliche Geschichte«, sagte Tyler. »Ich glaube Ihnen kein Wort.«
»Wohl eher im Gegenteil. Sonst hätten Sie diesen Job nicht angenommen. Wie viel zahlt er Ihnen?«
»Wer?«, fragte Stacy ein wenig vorschnell.
»Der Mann, der mir den Codex gestohlen hat.«
»Ihnen?«, fragte Tyler.
»Der Codex und die goldene Hand – genau die, die dem Mädchen im Gewölbe des Midas fehlt – sollten versteigert werden. Ich wollte beides haben, bevor jemand merkte, dass sich dahinter ein Geheimnis verbarg. Sie wurden zusammen mit anderen Kostbarkeiten gestohlen. Bis auf den heutigen Tag ist davon keine einzige wieder aufgetaucht. Ich hielt den Täter für tot.«
»Was bringt Sie auf den Gedanken, wir wüssten etwas über die Sache?«, sagte Tyler.
»Heute Nachmittag habe ich einen Anruf erhalten. Jemand wollte Fragen zu einem alten griechischen Text beantwortet haben, in dem es um den Parthenon geht. Der Besitzer dieser Handschrift behauptet, der Assistent von Stacy Benedict zu sein.«
Tyler sank das Herz in die Hose. Sie sprach von Grant.
»Diese Handschrift können Sie nur dann kennen, wenn Sie mit dem Mann zusammenarbeiten, der sie gestohlen hat«, fuhr Gia Cavano fort.
»Der Junge, der in jener lange zurückliegenden Nacht bei mir war, ist der Dieb des Codex. Er war nicht nur mein Freund, er war mein amerikanischer Cousin. Sein Name ist Jordan Orr, und ich werde ihn erledigen.«
22. KAPITEL
In der speziell für die Marmorbildnisse des Parthenons erbauten Duveen Gallery wanderte Grant an den Metopenreliefs entlang. Sie hatten einst den Tempel der Göttin Athene auf der Akropolis verziert. Die meisten waren beschädigt, zum einen von der
Explosion, die 1687 den Parthenon zerstört hatte, zum anderen hatten Wind und Wetter das Ihrige getan, und nicht zuletzt hatte die Demontage durch Lord Elgin Spuren hinterlassen.
An beiden Enden der langen Galerie stand ein Teil der großen Skulpturen, mit denen die dreieckigen Giebelfelder des Parthenons verziert waren. Wie fast allen Statuen, die Grant in Museen gesehen hatte, fehlten auch diesen die Köpfe und Hände.
»Sie sind großartig, nicht?«, ließ sich plötzlich Dr. Lumley vernehmen. Der Kurator hatte die Galerie von Grant unbemerkt hinter einer Touristengruppe betreten.
»Kaum zu überbieten«, schwindelte Grant, obwohl er nicht beeindruckt war. Vielleicht entging ihm etwas. »Auf den Schildern ist die Rede von einer Explosion? Was hat es damit auf sich?«
»Eine wahre Tragödie. In den ersten zweitausend Jahren hatte das Gebäude zwar darunter gelitten, dass es anfangs in eine Kirche, später in eine Moschee umgewandelt wurde, aber es blieb unverkennbar der einstige Tempel der Göttin Athena. Bis 1687 die Türken, die gegen Venedig Krieg führten, Athen eroberten. Aus irgendeinem Grund waren sie der Meinung, der Parthenon sei ein geeigneter Platz für ihr Pulverlager. Die Venezianer beschossen es so lange, bis sie es trafen und es explodierte. Dabei wurde das ganze Gebäude in die Luft gesprengt und viele Säulen und Skulpturen zerstört.«
Grant nickte verständnisvoll. Er und Tyler waren am Bau eines Munitionsdepots für die Marinebasis in Bremerton beteiligt. Während der Planung hatten sie sich mit historischen
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