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Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Titel: Das Ministerium der Schmerzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dubravka Ugresic
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Vladek, getroffen hatten.

    Ines war ein echtes
Zagreber Mädchen
, attraktiv und von sorgsam gepflegtem Äußeren. Sie hatte
ihre
Kosmetikerin (
Geh zu ihr, sie wird dich super herrichten
),
ihren
Friseur,
ihren
Zahnarzt,
ihre
Schneiderin. Die Garderobe kaufte sie in London (
In Triest kleiden sich doch nur Bauern ein!
). Alles war
ihres
, angefangen von der Angestellten in der Visaabteilung (
Vikica hat uns in fünf Minuten die Visaangelegenheiten geregelt!
), über
ihre
Ärzte und
ihren
Fußpfleger bis hin zu
ihrem
Metzger und
ihrer
Putzfrau (
Milkica ist super, sie kann wunderbar Fenster putzen und sagenhaft bügeln. Wenn du Hilfe benötigst, brauchst du es nur zu sagen
). Dieses intime Verhältnis zu ihrer Umgebung, diese Art, die Umgebung ihren Bedürfnissen völlig unterzuordnen, diese Leichtigkeit, mit der sie sich in ihrem Kreis bewegte, als wäre der Kreis die Butter und sie das Messer, das Desinteresse an der Welt, die nicht so lebte wie sie, die Effizienz und Qualifiziertheit, mit der sie schon in der Studentenzeit ein Erwachsenenleben führte, gerade so, als verrichte sie einen gut bezahlten Job, stieß mich ab und zog mich zugleich an. Als
Zagreber Mädchen
besaß Ines jene Weiblichkeit, die man entweder von der Mutter erbt oder mit dem Eintritt in die Klasse der Privilegierten erwirbt. Sie redete affektiert, etwas nasal, sprach die Zischlaute weich aus, betonte die Endsilben, flötete mit anderen und mit sich selbst wie eine echte
Zagreberin
. Und immer gab sie durch ihren Tonfall zu verstehen, dass sie auf der Seite der Person stand, mit der sie sich gerade unterhielt. Dieser Tonfall war voller Mitgefühl und Verständnis, verpflichtete aber zu nichts.
    Ich war nicht gerade erpicht darauf, sie zu treffen, aber es wurmte mich doch, dass sie sich in den paar Monaten seit meiner Ankunft in Amsterdam nicht gemeldet hatte. Wohl, weil Ines die einzige Person in dieser Stadt war, die ich von früher kannte.

    Schon lange hatte ich mich nicht so herausgeputzt. Ich schminkte mich, was ich schon ewig nicht getan hatte, schmückte mich mit Ohrringen, zog Schuhe mit hohen Absätzen an. Alles wegen Ines. Sie sollte mich in möglichst guter Form sehen. Mit der Kleidung und der Schminke wollte ich meine tatsächliche Lage vertuschen.
    Ines hatte sich kein bisschen verändert. An der Tür hielt sie mir herzlich ihre Wange zum Kuss hin, nahm mich an der Hand und führte mich ins Haus. Dabei plapperte sie ohne Pause.
(Tanjicaaaa! Dreh dich mal um, damit ich dich richtig sehe! Super siehst du aus, wie ein Mädchen! Auch das Kleid ist super! Du hast es hier gekauft? Ich mache immer noch einen Sprung nach London, wenn ich was brauche. Cees ärgert sich, er meint, es stimme nicht, dass man hier nichts finden kann. Aber das ist wirklich so! Das bisschen, was sie zu bieten haben, ist auf den armseligen hundert Metern PC Hooftstraat zu sehen. Und Bijenkorf ist nur eine Spur besser als unsere NaMa … Mein Gott, erinnerst du dich an unsere NaMa? Unsere Mädchen aus Virovitica sind doch hundertmal besser gekleidet als die Holländerinnen. Das ist dir doch sicher auch als Erstes aufgefallen, nicht wahr?)

    Man konnte meinen, Ines und ich seien alte Freundinnen, die sich nach langer Zeit wiedersehen. Ines’ Plappern bewirkte, dass ich für einen Augenblick glaubte, es sei wirklich so, wir seien gute alte Freundinnen, nur hätte ich, inzwischen weniger sentimental, die Freundschaft vernachlässigt.
    Bevor wir uns an den Tisch setzten, führte Ines mich durchs Haus. Zunächst zeigte sie mir die Kinderzimmer (
Die Kinder sind bei Cees’ Mutter. Piet ist gerade sieben und Marijke ist drei. Hier sind sie, Piet und unsere Marica,
sagte sie und zeigte auf ein Foto). Das geräumige Haus in der Bloemstraat warschlicht eingerichtet. Nur die Wände hingen voller kroatischer Naiver (
Damit ich etwas von daheim habe. Damit die Holländer sehen, dass wir keine armen Teufel sind,
sagte sie, als sie meine Reaktion bemerkte). Auf dem Bücherregal streifte mein Blick die gesammelten Werke von Miroslav Krleža, Tin Ujević und Gustav Matoš (
Vor dem Schlafengehen lese ich gern ein paar von Ujevićs Gedichten. Und du
?
Du liest sicher viel mehr als ich. Mir rauben die Kinder die letzte Kraft …
). An den Küchenfenstern hingen Vorhänge aus slawonischer Spitze. Da gab es auch ein kleines Holzregal mit Lebkuchenherzen aus dem Zagorje, zu denen Ines sofort auch die süßen kroatischen Schokoladenpässe von »Kraš« stellte, die ich ihr

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