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Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Titel: Das Ministerium der Schmerzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dubravka Ugresic
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mitgebracht hatte.
    »Und er ist wirklich verschwunden?«, fragte sie in der Küche mit affektierter Stimme.
    »Wer?«
    »Goran!«
    »Er ist nicht verschwunden. Er ist in Japan.«
    »Aber ihr seid nicht mehr zusammen?«
    »Nein …«
    »Man kann eben nie sicher sein! Dabei wart ihr ein super Paar. Ich hätte nie gedacht, dass euch so etwas passiert.«
    »Es ist passiert.«
    »Das hast du davon, dass du dich mit diesem ›Milošević‹ eingelassen hast!«, sagte sie scherzhaft.
    Ich verkniff mir eine Antwort. Wie gut Ines sich daran erinnerte, dass Goran Serbe war!
    »Komm, hab dich nicht gleich so, ich habe doch nur Spaß gemacht … Ich sehe, meine Liebe, du hast ihn in dein Herz geschlossen … Verloren ist das Schlüsselein, nun muss er immer drinne sein …«
    Diese Verse aus alten Poesiealben entlockten mir ein Lächeln, und meine Anspannung ließ nach.
    »Du hättest einen Kroaten heiraten sollen, so wie ich, dann ginge es dir besser«, sagte sie heiter und fügte hinzu: »Jetzt wärst du zum zweiten Mal verheiratet!«
    »Das habe ich versäumt.«
    »Nachdem wir hierher gekommen waren, wurde Vladek verrückt. Er begann wie besessen irgendwelche Klebstoffe zu schnüffeln, wirklich übertrieben«, sagte sie. Das Verb
schnüffeln
sprach sie wie einen Euphemismus aus, im Flüsterton, als sollten unsere Eltern es nicht hören.
    »Und wo ist Vladek jetzt?«
    »Das weiß nicht einmal die Polizei! Es ist mir egal. Das ist wirklich nicht mehr mein Problem. Gehen wir zu Tisch!«

    Cees sprach ganz ordentlich Kroatisch. (
Hast du gesehen, wie ich ihn hingekriegt habe? Tatsächlich hat seine Schwiegermutter ihn so weit gebracht, nicht wahr, Cees? … Wie geht es eigentlich deiner Familie? Ich weiß gar nicht, wen du da unten noch hast …
). Ines schwatzte die ganze Zeit und war dabei auch noch eine perfekte Gastgeberin. Auf dem Tisch lag Silberbesteck (
Ich habe es deinetwegen gedeckt, um dir unsere guten Sitten in Erinnerung zu rufen … Das Beštek stammt von meiner Großmutter …
). Der Wein war
unser
Wein, das Olivenöl
unser
Öl (
Wir fahren jeden Sommer runter. Auf Korčula haben wir ein Ferienhäuschen, du musst uns dort einmal besuchen … Und zurück fahren wir immer bepackt wie Zigeuner! Wir nehmen Wein und Olivenöl und Schinken und alles Mögliche mit … Cees liebt es, unten zu sein. Die Kinder auch. Es ist mir sehr wichtig, dass sie Kroatisch sprechen. Aber wir tun es auch wegen meiner Mutter. Sie verbringt jedes Jahr volle zwei Monate mit den Kindern …
). Man sprach über den Urlaub, über die Kinder, über ihre Mutter, über Cees’ Mutter, über die Holländer. Hauptsächlich sprach Ines.
    Diese Unterhaltung, die mich sonst gelangweilt hätte, entspannte mich. Ines’ affektiertes, nasales Geplapper empfand ich als wohltuend. Zum ersten Mal nach langer Zeit erschien mir das Leben
normal.
Die Zeit ebenfalls. Diese schien an ihren Nähten zusammengewachsen zu sein. Ich fühlte mich auf sicherem Boden. Ines’ Worte erzeugten eine angenehme, einlullende Wärme. Mir war, als säßen wir alle, zwar ein wenig gealtert, noch zusammen in Zagreb, anstelle von Vladek war jetzt Cees da, und Goran sollte jeden Augenblick kommen, er war nur eine neue Flasche Wein holen gegangen …
    »Du musst unbedingt meinen Mohnstrudel probieren. Den habe ich deinetwegen gebacken. Ein Glück, dass wir in die k. u. k. Kultur hineingeboren wurden, sonst wüssten wir nicht, was richtige Mehlspeisen sind. Auch den Mohn habe ich aus Zagreb mitgebracht. Hier bekommt man Mohn nicht einmal bei den …, na, wie soll ich sie nennen …, bei den Türken«, sagte sie und erwartete, ich würde ihr kleines rassistisches Signal einfangen und es mit einem Augenzwinkern gutheißen.
    »
Burek, Baklava und Mohnnudeln …
«, sagte ich.
    »Schon wieder kommst du mit deiner Jugonostalgie!«, fuhr sie mich an. Ihre Bemerkung verletzte mich. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich im Gespräch irgendetwas erwähnt hatte, was sie zu diesem
wieder
berechtigte.

    Beim Mokka ging Ines aus unbekannten Gründen zum Plural über.
    »Wir haben alles über deine Studenten erfahren … Es freut uns, dass wir dir helfen konnten. Man hat so selten Gelegenheit, jemandem zu helfen. Du warst doch unter den Besten unseres Jahrgangs, und so sagte ich zu Cees, nimm Tanja … Wir haben von diesem Jungen gehört, das ist ja schrecklich.«
    Wieder spürte ich einen Stich. Ich ahnte, dieses Geplapper sollte die Einleitung zu etwas anderem sein.
    »Der Junge hieß

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