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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Rücken pantomimisch ihre gekränkte Ehre zum Ausdruck brachten, indem sie sich unter stummem Gewürge einen Finger in den Hals steckten. »Wir sind doch keine Bauern! Wir sind Viehhirten. Das is der richtige Beruf für Freigeister wie uns, die sich gern mal den Wind untern Kilt wehn lassen. Bloß wenn die Herde durchgeht, kanns ’n kleines bisschen ungemütlich werden.«
    »Möchtest du nicht wenigstens probieren?«, sagte die Kelda. »Bitte. Das wäre sicher ein Ansporn für sie.«
    Die neue Größten-Küche war überraschend schmackhaft. Vielleicht stimmt der alte Spruch ja doch, dachte Tiffany: Knoblauch passt zu allem. Außer zu Vanillepudding.
    »Stör dich nicht an meinen Jungs«, sagte Jeannie, als sie sich satt gegessen hatten. »Die Zeiten ändern sich, und ich glaube, das wissen sie. Für dich werden sie sich ebenfalls ändern. Wie fühlst du dich?«
    »Ach, eigentlich wie immer«, antwortete Tiffany. »Müde, abgekämpft, traurig. Die übliche Mischung.«
    »Du arbeitest zu viel, mein Kind. Ich fürchte, du isst zu wenig, und dass du nicht genug Schlaf bekommst, sehe ich dir an der Nasenspitze an. Wann hast du zuletzt eine Nacht in einem richtigen Bett verbracht, hm? Du brauchst deine Ruhe. Du kannst nicht mehr klar denken, wenn du keinen Schlaf bekommst. Und ich befürchte, du wirst schon bald alle deine Kräfte brauchen. Soll ich dir einen Seelentrost geben? «
    Tiffany gähnte. »Danke für das Angebot, Jeannie«, sagte sie. »Aber ich glaube, es geht auch so.« In einer Ecke lag ein Haufen fettiger Vliese, die vermutlich von Schafen stammten, die beschlossen hatten, der grausamen Welt Lebewohl zu sagen und Selbstmord zu begehen. Sie sahen sehr einladend aus. »Ich sollte wohl mal nach Amber schauen.« Tiffanys Beine machten keine Anstalten, sich in Bewegung zu setzen. »Aber was kann ihr in einem Größten-Hügel schon passieren?«
    »Bei uns ist sie sicher«, sagte die Kelda leise, während Tiffany die Augen zufielen. »Absolut sicher.«
    Als sie anfing zu schnarchen, begab sich die Kelda in die Höhle. Amber lag zusammengerollt neben dem Feuer, bewacht von einigen der älteren und weiseren Größten, die Rob Irgendwer als Posten um sie herum aufgestellt hatte. Die allabendliche Keilerei war nämlich schon in vollem Gange. Für die Wir-sind-die-Größten waren Raufereien so wichtig wie die Luft zum Atmen. Ohne sie wäre ihr Leben nicht lebenswert gewesen. Zum Raufen konnten sie sich immer zusammenraufen. Da man, wenn man nur ein paar Zoll groß ist, im Zweifel die ganze Welt gegen sich hat, kann man gar nicht früh genug damit anfangen, das Kämpfen zu lernen.
    Jeannie setzte sich zu ihrem Mann und betrachtete das Gebalge eine Zeitlang. Junge Größte prallten gegen die Wände, gegen ihre Onkel, gegeneinander. »Rob«, sagte sie schließlich, »denkst du, dass wir unsere Jungs richtig erziehen? «
    Rob Irgendwer, der ein feines Gespür für Jeannies Stimmung hatte, warf einen Blick auf das schlafende Mädchen.
    »Och, doch. Keine Frage. Heh, haste das gesehn? Einkleines-bisschen-größer-als-der-kleine-Jock-Jock hat dem Doofen Wullie inne Glocken getreten! Große Klasse dieser unfaire Tritt, und dabei isser nich viel größer als ’n Däumling! «
    »Aus ihm wird eines Tages sicher mal ein großer Krieger, Rob, das stimmt schon«, sagte Jeannie. »Aber…«
    »Weißte, was ich ihnen immer einbläue?«, fuhr Rob Irgendwer aufgeregt fort, während der junge Größte über ihre Köpfe hinwegsegelte. »Es gibt nur einen Weg zum Erfolg: Immer auf die Großen, sonst lernt man’s nie. Das is die goldne Regel!«
    Jeannie seufzte, als ein weiterer Jungspund gegen die Wand klatschte, einmal kurz den Kopf schüttelte und sich umgehend wieder ins Getümmel stürzte. Einen Größten zu verletzen war so gut wie unmöglich. Jeder Mensch, der versuchte, auf einen Größten zu treten, merkte blitzschnell, dass der kleine Mann, den er unter seiner Stiefelsohle vermutete, bereits sein Hosenbein geentert hatte. Aber das war erst der Anfang vom Ende. Meistens war sowieso schon alles zu spät, wenn man überhaupt einen der Kobolde zu Gesicht bekam: Ein Größter kam selten allein, und ehe man sich‘s versah, hatte man die ganze Meute auf dem Hals.
    Vielleicht haben die Großen größere Probleme als wir, weil sie größer sind, dachte die Kelda. Sie seufzte in sich hinein. Zwar würde sie es ihrem Mann niemals sagen, aber manchmal fragte sie sich doch, ob es nicht sinnvoller wäre, den jungen Größten zum Beispiel so

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