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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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etwas wie Buchhaltung beizubringen. Irgendeine Tätigkeit, bei der sie nicht gegen die Wand geschleudert wurden und dauernd kämpfen mussten. Aber wäre so ein Größter dann überhaupt noch ein Größter?
    »Ich habe Angst um die große kleine Hexe, Rob«, sagte sie. »Da ist irgendwas im Busch.«
    »Sie wollte ja unbedingt Hexe werden, liebste Frau«, antwortete Rob. »Und nu musse ihr Päckchen eben tragen. Wie wir alle. Aber sie is ne prächtige Kämpferin. Sie hat den Winterschmied totgeküsst und der Elfenkönigin ne Bratpfanne über die Rübe gehaun. Und ich kann mich noch gut dran erinnern, wie damals dies unsichtbare Biest in ihren Kopf gekrochen is. Sie hat’s niedergerungen und weggejagt. Sie hat Mumm.«
    »Das weiß ich doch«, sagte die Kelda. »Sie hat dem Winter einen Kuss gegeben und dafür gesorgt, dass der Frühling wiederkommt. Natürlich war das eine große Tat, aber dabei hat ihr die Kraft des Sommers geholfen. Diese Macht konnte sie ihm entgegensetzen, und nicht nur ihre eigene. Trotzdem wüsste ich wirklich nicht, wer es besser hätte machen können. Doch sie muss sich in Acht nehmen.«
    »Was fürn Feind solln das sein, mit dem wirs zusammen mit ihr nich aufnehmen können?«, fragte Rob.
    »Das kann ich nicht sagen«, antwortete die Kelda. »Aber ich habe da so ein ungutes Gefühl. Als sie den Winter geküsst hat, hat mich das bis ins Mark erschüttert. Und nicht mich allein, sondern anscheinend die ganze Welt. Jetzt frage ich mich, ob dadurch womöglich irgendwelche schlafenden Unholde aus dem Schlummer erwacht sind. Versprich mir, Rob Irgendwer, dass du mehr als nur ein Auge auf sie hast.«

4
    Der wahre Jakob
    Tiffany wurde von Gelächter und von ihrem knurrenden Magen geweckt. Amber war bereits wach und – unglaublich, aber wahr – fröhlich und vergnügt.
    Den Grund dafür erfuhr Tiffany, nachdem sie sich fast mit dem ganzen Körper in den Tunnel zur Höhle gezwängt hatte. Das Mädchen lag zwar noch immer zusammengerollt auf der Seite, aber eine Gruppe junger Größter unterhielt sie mit Purzelbäumen, Flickflacks und gegenseitigem Beinchenstellen.
    Ambers Lachen war viel jünger als sie; es klang wie das Glucksen eines Kleinkinds, wenn es etwas Glänzendes, Buntes erblickt. Tiffany wusste nicht, wie der Seelentrost funktionierte, aber er wirkte besser als alle Mittel, die einer Hexe zur Verfügung standen. Er beruhigte die Menschen und schien sie aus dem Kopf heraus zu heilen. Der Seelentrost ließ sie gesund werden, und was das Wichtigste war, er ließ sie vergessen. Wenn die Kelda vom Seelentrost redete, klang es manchmal so, als ob er lebte – wie ein lebendiger Gedanke vielleicht oder ein freundliches Wesen, das alles Böse einfach wegnahm.
    »Es geht ihr gut«, sagte die Kelda, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war. »Sie kommt darüber hinweg. Auch wenn sie erst noch Alpträume haben wird, bis sich das Dunkel in ihrem Kopf gelichtet hat. Der Seelentrost ist nicht allmächtig. Sie findet jetzt nach und nach wieder zu sich selbst zurück, von Anfang an, und so sollte es auch sein.«
    Es war noch dunkel, aber am Horizont graute bereits der Morgen. Bevor es richtig hell wurde, hatte Tiffany noch eine schwere Aufgabe zu bewältigen.
    »Kann ich sie noch ein bisschen bei euch lassen?«, fragte sie. »Ich muss etwas erledigen.«
    Ich hätte nicht einschlafen dürfen, dachte sie, während sie aus der Grube kletterte. Warum bin ich nicht sofort zurückgeflogen? Wie konnte ich das arme Würmchen nur dalassen?
    Sie zerrte den Besen aus dem dunklen Dickicht der Dornbüsche und blieb wie angewurzelt stehen. Es kribbelte ihr im Nacken: Sie wurde beobachtet. Als sie herumfuhr, erblickte sie eine ganz in Schwarz gekleidete alte Frau, recht hoch gewachsen, aber auf einen Gehstock gestützt. Während Tiffany sie noch ansah, verschwand sie ganz langsam, als ob sie in der Landschaft aufginge.
    »Frau Wetterwachs?«, sagte Tiffany. Was für eine dumme Frage. Oma Wetterwachs mit einem Gehstock? Nie im Leben! Und tot schon gleich gar nicht. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr, und als sie ein zweites Mal herumfuhr, saß eine Häsin 10 vor ihr. Hoch auf den Hinterläufen aufgerichtet, betrachtete sie Tiffany neugierig und ohne das geringste Anzeichen von Angst.
    Aber warum sollte eine Häsin auch Angst haben? Die Größten machten keine Jagd auf sie, und einem normalen Hütehund würden eher die Beine ausgehen als einer Häsin die Puste. Häsinnen haben auch keinen engen Bau, in dem man

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