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Das mittlere Zimmer

Das mittlere Zimmer

Titel: Das mittlere Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
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eine Privatklinik. Niemand durfte etwas erfahren, weder die Angehörigen noch die Medien, damit nur ja keine Panik ausbrach. Wir standen unter strengster Beobachtung und konnten mit niemandem Kontakt aufnehmen. Währenddessen wurde unser ganzes Haus desinfiziert. Als sich herausstellte, dass wir keine Virusüberträger sind, wurden wir gestern Abend entlassen. Das ist doch die Lösung, oder?“
    Jetzt setzte er sich ebenfalls hin. Ein Augenlid zuckte. Rike hatte genau zugehört, förmlich an seinen Lippen gehangen hatte sie. Ja, diese Geschichte könnte die Lösung sein. Sie klang zwar abenteuerlich, aber möglich. Rike fühlte sich erleichtert. Achim war ein vertrauenswü rdiger Geschäftsmann, dem man die Erklärung abkaufen würde.
    „Wir sollten noch sagen, dass die Sache auf keinen Fall an die Öffentlichkeit darf, weil ... weil wir sonst mit einer Klage vom Krankenhaus zu rechnen hätten“, schlug sie vor, und sie war sicher, dass ihre Augen jetzt genauso leuchteten wie Achims vorhin.
    „Ja genau, alles muss unter den Teppich gekehrt werden!“ Achim kicherte wie ein fünfzeh njähriges Mädchen, aber plötzlich wurde er schweigsam. Das einzige, was er noch sagte, bevor er zur Arbeit fuhr, war: „Ich hoffe, die liefern bald das neue Garagentor.“
    Dann war Rike allein mit Hannah, und ihre Stimmung sank mit jeder Vierte lstunde ein wenig weiter in Richtung Nullpunkt. Nachdem sie die Pendeluhr im Wohnzimmer abgehängt und eine Stunde mit Bausteinen und Puppen gespielt hatte, empfand sie nur noch das Bedürfnis, mit einem erwachsenen, normalen Menschen zu reden. Mit Wolter natürlich. Gegen zehn Uhr rief sie ihn an.
    „Tierarztpraxis Dr. Wolter?“
    „Ich bin’s“, sagte Rike einfach.
    „Rike?! Friederike Eberhardt?! Sind Sie das?!“
    „Ja, ich bin wieder da.“
    „Herr Gott noch mal, wo waren Sie denn?! Ich hab mindestens zwei Dutzend Mal bei Ihnen angerufen! Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“
    Das gefiel Rike. Seine Stimme klang tatsächlich mehr nach Besorgnis als nach Vorwurf. „Haben Sie gerade ein paar Minuten Zeit?“
    „Natürlich, erzählen Sie schon!“
    „Also gut, aber erstens müssen Sie alles, was ich jetzt sage, für sich behalten, und zweitens werden Sie es wahrscheinlich sowieso nicht glauben“, begann Rike und erzählte ihm die Geschichte, die Achim sich ausgedacht hatte. Als sie fertig war, kam sekundenlang keine Reaktion vom anderen Ende der Leitung. Dann vernahm sie wieder seine Stimme, und sie klang jetzt anders. Reservierter. Vorsichtiger.
    „Das ist ja wirklich eine unglaubliche Geschichte.“ Er machte eine Pause. „Wann ist das Haus desinfiziert worden? Wissen Sie, ich war mehrmals an Ihrer Haustür wä hrend der letzten drei Wochen und hab geklingelt, und ich bin fast jeden Tag bei Ihnen vorbeigefahren, aber ich habe kein einziges Mal irgendjemanden dort gesehen.“
    „Ich gehe davon aus, dass die Leute nachts gearbeitet haben“, behauptete Rike forsch und war fast ein wenig beleidigt, dass Wolter ihren Lügen nicht bedingungslos glaubte.
    „Ja, das mag sein. Sie wissen also nicht genau, wann das Haus desinfiziert wurde?“
    Rike wurde hellhörig. Warum fragte er das? War das eine Fangfrage? „Nein, das weiß ich nicht. Ich nehme an, gleich nachdem man uns weggeschafft hat. Wieso fragen Sie?“
    Wolter räusperte sich. „Nachdem ich Sie drei Tage nicht erreicht habe, habe ich Ihre Eltern ang erufen. Ich dachte, die werden wissen, was mit ihrer Tochter los ist. Aber sie wussten es auch nicht. Ich hab sie ein bisschen beruhigt, und dann haben wir uns darauf geeinigt, noch einen Tag abzuwarten. Am übernächsten Tag sind wir zur Polizei gegangen und haben mit zwei Polizeibeamten das Haus durchsucht. Aber es war nichts und niemand zu finden. Ihre Mutter war völlig fertig.“
    Wolter machte wieder eine Pause, während Rike noch die Information verdaute, dass sich Achim, Hannah und sie anscheinend einfach in Nichts auflösten, wenn das Phänomen z uschlug.
    „Worauf ich aber hinaus will“, fuhr er fort, „ist Folgendes: von einer Desinfektion war weit und breit nichts zu bemerken. Auf der Anrichte stand sogar noch ein Teller mit Fleischresten, in denen schon die Maden krochen. Kein Desinfektionsteam hätte so was stehen lassen.“ Der Doktor ließ ein leises Lachen hören. „Natürlich können Sie jetzt sagen, dass die mysteriöse Reinigungsaktion dann eben nach unserer Hausdurchsuchung stattgefunden hat.“
    „Sich er, das ist ja wohl nur logisch“, befand

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