Das Mönchskraut
Master - Mistreß Bonel, ich trauere mit dir - keines natürlichen Todes gestorben, sondern vergiftet worden ist. Diese furchtbare Tragödie wirft zwar auch auf unser Haus ihre Schatten - doch sie ist außerhalb der Klostermauern und unserer Rechtshoheit geschehen.« Verständlicherweise beruhigte ihn diese Tatsache ein wenig. »Deshalb müssen sich die weltlichen Behörden darum kümmern. Natürlich werden wir unsere Pflicht tun und sie nach besten Kräften unterstützen.«
So höflich er die Witwe auch behandelte, so sorgfältig er seine Worte auch wählte, als er ihr sein Beileid aussprach und versicherte, ihr bei den traurigen Vorbereitungen für das Begräbnis zu helfen - er konnte seinen Zorn kaum verbergen.
Wie war es nur möglich, daß so etwas in seinem Verantwortungsbereich geschah - in der Abtei, deren Leitung er eben erst übernommen hatte? Und warum war Master Bonel ausgerechnet an jenem Geschenk gestorben, das er ihm in bester Absicht geschickt hatte? Er hoffte, die Hinterbliebenen mit einem zeremoniellen Begräbnis trösten zu können, vielleicht an irgendeinem versteckten Platz innerhalb der Klostermauern.
Dann wollte er dem Landrat sämtliche legalen Aktionen überlassen und dafür sorgen, daß die ganze Sache möglichst schnell in Vergessenheit geriet. An der Schlafzimmertür war er angewidert zurückgewichen. Er hatte dem Toten in aller Ehre seine Reverenz erwiesen und die Tür sofort wieder geschlossen. In gewissem Sinne gab er allen Anwesenden die Schuld an den Unannehmlichkeiten, mit denen er sich hier herumschlagen mußte, was ihn jedoch vornehmlich verdroß, war Cadfaels kategorische Behauptung, Bonel wäre einem Giftmord zum Opfer gefallen. Dadurch wurde die Abtei verpflichtet, die näheren Umstände zu erforschen. Außerdem war das Problem der immer noch unbesiegelten Vereinbarung und die erschreckende Möglichkeit zu beachten, daß ihm Mallilie durch die Finger schlüpfen könnte. Wem gehörte dieses schöne Landgut - nachdem Bonel gestorben war, ohne daß die Schenkung rechtskräftige Gültigkeit erlangt hätte? Könnte man den Besitz sicherstellen, indem man möglichst schnell an den hypothetischen Erben herantrat, bevor er Zeit fand, sich zu überlegen, was er da unterschrieb?
»Bruder«, sagte Robert und blickte über seine lange, leicht gerümpfte Nase auf Cadfael hinab, der einen Kopf kleiner war, »du hast also festgestellt, daß man Master Bonel vergiftet hat.
Bevor ich die Beamten des Landrats mit einer so ungeheuerlichen Vermutung konfrontiere, möchte ich eine Begründung hören. Immerhin könnte man annehmen, daß der arme Mann das Gift zufällig verschluckt oder eine plötzliche, tödliche Krankheit erlitten hat. So etwas ist auch schon einigen Leuten zugestoßen, die bei bester Gesundheit gewesen waren.
Woher willst du überhaupt wissen, daß Master Bonel an einem Gift gestorben ist?«
»Das hat mir der Verlauf seiner Krankheit verraten«, erwiderte Cadfael. »Er verspürte ein Jucken im Mund und in der Kehle, dann erstarrten diese Körperteile, so daß er weder schlucken noch ungehindert atmen konnte. Schließlich versteifte sich der ganze Körper, der Herzschlag wurde immer schwächer. Die Pupillen waren stark erweitert. Das alles habe ich schon einmal miterlebt, und damals wußte ich, was der Mann verschluckt hatte, denn er hielt die Flasche in der Hand.
Vielleicht erinnerst du dich -es geschah vor einigen Jahren. Auf dem Jahrmarkt brach ein beschwipster Fuhrmann in meiner Bude ein und fand eine Flasche, deren Inhalt er für Alkohol hielt. Ich konnte ihn retten, da er das Gift eben erst getrunken hatte. Leider konnte ich Master Bonel nicht mehr helfen, da zwischen der Einnahme des Gifts und meiner Ankunft in diesem Haus zuviel Zeit verstrichen war. Aber ich erkannte die Symptome wieder und wußte sofort, daß er jenes Gift eingenommen hatte. Ich konnte es auf seinen Lippen riechen und an den Resten der Speise, die er gegessen hatte - deiner milden Gabe, Prior.«
Falls Roberts Gesicht beim Gedanken an die möglichen Folgen seiner guten Tat erbleichte, so war dies nicht zu erkennen, da sein Gesicht stets die gleiche elfenbeinweiße Färbung zeigte. Um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß betont werden, daß er kein furchtsamer Mann war. Mit kühler Stimme fragte er: »Und was ist das für ein Gift, das du angeblich so gut kennst?«
»Ein Öl, das gegen schmerzende Gelenke hilft und das ich regelmäßig herstelle. Das Gift, das Master Bonel geschluckt hat,
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