Das Mönchskraut
der Stallknecht, der auf der Leiter stand, jetzt machen, und Edwins schlanker Körper wog offenbar genug. Die Falltür unter seinen Füßen schwankte nur ein wenig, sonst geschah nichts.
»Sie klemmt!« rief eine ärgerliche Stimme. »Oder irgendein Narr hat sie an der Oberseite versperrt!«
»Da oben gibt's keine Riegel! Streng dich mal ein bißchen an! Du bist doch nicht aus Zucker!«
»Wenn's oben keine Riegel gibt, dann haben sie eben irgendwas Schweres auf die Tür gelegt. Ich sage euch doch - sie läßt sich nicht öffnen!«
»Dann komm runter und laß einen richtigen Mann ran!« knurrte die mürrische Stimme. Ein beängstigendes Rumpeln erklang, als schwerere Beine die Leiter heraufkletterten. Edwin hielt den Atem an und versuchte sich möglichst schwer zu machen, indem er alle Muskeln anspannte. Die Falltür zitterte, hob sich aber nicht einmal um einen Zoll. Der Pferdeknecht, der sich dagegenstemmte, keuchte und fluchte.
»Na, was habe ich dir gesagt. Will?« frohlockte sein Gefährte.
»Wir müssen eben durch die Außentür gehen. Zum Glück habe ich beide Schlüssel mitgenommen. Komm, hilf mir das schwere Ding von der Falltür wegzuschieben und das Heu runterzuschaffen!«
Er hätte keinen Schlüssel gebraucht, denn die Heubodentür war offen. Seine Stimme wurde leiser, während er die Leiter hinabstieg, Schritte stapften durch die Stalltür. Zwei Pferdeknechte waren hinausgeeilt ... Edwins Gedanken überschlugen sich. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie ihn entdecken würden. Er hatte nicht einmal Zeit, sich im Heu zu vergraben. Doch diese Strategie würde ihm ohnehin nichts nützen, sobald sie mit ihren Heugabeln ankamen. Wenn es nur drei waren - warum sollte er sich nicht lieber mit einem herumschlagen, statt mit dreien? Eilig rollte er das Faß vor die Außentür, dann zog er mit aller Kraft am Griff der Falltür. Sie ließ sich so leicht hochheben, daß er fast nach hinten gestürzt wäre. Aber er fand sein Gleichgewicht sofort wieder und schwang sich durch die Öffnung, verschwendete keine Zeit damit, die Falltür wieder zu schließen, und konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf die Gefahren, die da unten lauerten.
Es waren vier - nicht bloß drei! Zwei waren bei den Pferden geblieben. Einer hatte ihm den Rücken zugewandt und häufte Heu in eine Futterkrippe am anderen Ende des Stalls. Der zweite - ein dünner, sehniger Mann mit zottigem, grauem Haar - kam gerade aus einer Box, nur wenige Schritte vom Fuß der Leiter entfernt.
Es war zu spät, um den Plan zu ändern, und Edwin zögerte nicht. Er kletterte ein paar Sprossen hinab und warf sich auf den Pferdeknecht. Der Mann hatte die plötzliche Bewegung bemerkt und sich zur Leiter gewandt, und da sah er Edwin in der viel zu großen Kutte herabfliegen wie eine schwarze Wolke.
Er wurde rücklings zu Boden geworfen, die Luft blieb ihm weg.
Welchen Vorteil die Kutte dem Jungen auch geboten haben mochte - nach diesem Angriff war sie nur mehr ein Hindernis.
Der andere Stallknecht, der sich beim Schreckensschrei seines Kameraden umgedreht hatte, ließ sich nur für wenige Sekunden durch den Anblick des vermeintlichen Benediktinerbruders verwirren. Die seltsame Gestalt raffte mit einer Hand ihre Kutte, mit der anderen griff sie nach der Heugabel, die seinem Gefährten entfallen war. Keiner von den Mönchen, die der Stallknecht kannte, hatte sich jemals so aufgeführt. Er faßte sich ein Herz und rannte auf den Burschen zu, um sofort wieder stehenzubleiben, als die Heugabel herumgeschwungen wurde und die Zacken auf seinen Bauch zeigten. Mittlerweile war der andere wieder auf die Beine gekommen und stand zwischen dem Flüchtling und dem offenen Tor.
Es gab nur einen einzigen Weg, und den ging Edwin. Die erhobene Heugabel in den Händen, zog er sich in die nächstbeste Box zurück. Ohne den Blick von seinen Gegnern abzuwenden, sah er aus den Augenwinkeln das Pferd, das neben ihm stand - den Hengst, den der junge Stallknecht beruhigt und dessen Vernachlässigung er beklagt hatte. Der große, lebhafte Braune mit der helleren Mähne und dem weißen Fleck auf der Stirn stampfte erregt, grub sein Maul in Edwins Haar und winselte ihm ins Ohr. Er hatte sich von seiner Futterkrippe abgewandt, um den Kampf zu beobachten, und nun schlang Edwin einen Arm um seinen Hals und stieß einen Freudenschrei aus. »Rufus! O Rufus!«
Er ließ die Heugabel fallen, griff in die lange Mähne und schwang sich auf den Pferderücken. Was machte es schon
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