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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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aber er verläßt sich auf mich. Ich habe die Verantwortung übernommen und ihm Ratschläge gegeben. Wäre er allein gelassen worden, käme er sicher genauso gut zurecht.«
    »Sag mir, wohin ich gehen und was ich tun muß«, bat Mark, der seinen Zorn vergaß und von Abenteuerlust gepackt wurde.
    »Also gut.« Cadfael verriet ihm, wo er Edwin untergebracht hatte. »Geh aber erst nach dem Hochamt hin! In der Kirche darfst du nicht fehlen, und du darfst nichts unternehmen, was deinen Ruf gefährden könnte. Wenn es Schwierigkeiten gibt, bring dich sofort in Sicherheit - verstanden?«
    Bruder Mark grinste. »Verstanden.«
    Um zehn Uhr morgens, als das Hochamt begann, hatte Edwin es gründlich satt, gehorsam und tugendhaft zu sein. Seit er zum erstenmal rebellisch aus der Wiege und in den Hof gekrochen war, um von einer wütenden Richildis zwischen rollenden Wagenrädern hervorgezogen zu werden, hatte er seinen Tatendrang nicht mehr bezähmen müssen. Nun quälte ihn der aufgezwungene Müßiggang bis aufs Blut. Trotzdem - er war es Bruder Cadfael schuldig, tapfer auszuharren, so wie er es versprochen hatte. Nur im Dunkel der Nacht hatte er sich hinausgewagt, um sich die Beine zu vertreten, die Gassen rings um den Pferdemarkt und das Foregate zu erforschen, die breite Straße, die nach London führte. Lange bevor sich der erste Lichtstreifen am östlichen Horizont gezeigt hatte, war er auf den Heuboden zurückgekehrt. Nun saß er auf einem ausgedienten Faß, schlug die Fersen gegen das Holz, verspeiste einen von Cadfaels Äpfeln und wünschte, daß irgend etwas geschehen würde. Seufzend starrte er auf den schwachen Lichtschimmer, der durch den schmalen Entlüftungsschlitz hereinfiel.
    Wenn Wünsche Gebete sind, dann wurde Edwin erstaunlich schnell erhört. Er hatte sich längst an die Hufschläge der Pferde auf dem Foregate und an das Stimmengewirr, das von der Stadt herüberdrang, gewöhnt. Doch jetzt wurde plötzlich das breite Doppeltor des Stalls auf gestoßen, krachend schlugen die beiden Türflügel gegen die Wand. Die Hufe, die auf dem Kies des Marktplatzes knirschten und dann auf dem festgetretenen Erdreich im Stall stampften, verrieten deutlich, daß mehrere Pferde am Zügel hereingeführt wurden.
    Edwin richtete sich auf und lauschte angespannt. Ein Pferd - noch eins - immer mehr, leichtere Schritte, von kleineren Hufen ... Offenbar wurden auch Maultiere in den Stall gebracht, von mindestens zwei Pferdeknechten, vielleicht auch von drei oder vier. Wie erstarrt saß Edwin da und getraute sich nicht einmal mehr in seinen Apfel zu beißen. Nun, wenn sie nichts weiter vorhatten, als die Tiere im Stall unterzustellen, mußte er nichts befürchten und sich nur still verhalten.
    Im Heuboden war eine schwere Falltür eingelassen, so daß die Pferdeknechte die Außentreppe nicht hinaufzusteigen und den Schlüssel zu der kleinen Tür nicht mitzunehmen brauchten, wenn sie oben zu tun hatten. Edwin streckte sich auf dem Boden aus und preßte sein Ohr an eine Ritze.
    Eine jugendliche Stimme sprach besänftigend auf ein unruhiges Pferd ein, und Edwin hörte, wie der Hals des Tieres getätschelt wurde. »Ist ja gut, mein Freund! Ein schöner Bursche bist du! Der Alte hat was von Pferden verstanden, das muß man ihm lassen. Ein Jammer, daß dieser herrliche Hengst so wenig Bewegung hat! Was für eine Verschwendung!«
    »Bring ihn da rüber und hilf mir, die Maultiere hereinzuführen«, befahl eine mürrische Stimme.
    Während unten im Stall ein reges Kommen und Gehen herrschte, erhob sich Edwin lautlos und schlüpfte in die Benediktinerkutte. Das war seine beste Tarnung für den Fall, daß man ihn entdeckte - wenn es auch nicht so aussah, als würde ihm Gefahr drohen. Er bezog wieder seinen Horchposten - gerade rechtzeitig, um eine dritte Stimme zu vernehmen. »Wir müssen die Heuhaufen füllen. Da oben gibt's genug Futter.«
    Nun würden sie also doch noch in seine Zufluchtsstätte eindringen ... Knarrend stieg ein Fuß auf die unterste Leitersprosse. Edwin sprang hastig auf. Jetzt bemühte er sich nicht mehr, keinen Lärm zu machen. Er rollte das große Faß über die Falltür. Im gleichen Augenblick wurden die Riegel an der Unterseite der Tür zurückgeschoben, ihr lautes Klappern übertönte das Poltern des Fasses. Edwin setzte sich auf seine Barrikade und wünschte, daß er dreimal so schwer Wäre. Aber es ist nicht so einfach, die Arme über den Kopf zu heben und ein Gewicht nach oben zu stemmen. Diese Erfahrung mußte

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