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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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heraus, aber der Glühwurm schien am Verenden zu sein. Selbst als ich sie gegen meine Armbanduhr hielt, war es unmöglich, das Zifferblatt zu erkennen.
    Ich hatte gestern von der Luft aus gesehen, daß das Schloß in symmetrischer Vollkommenheit um drei Seiten eines Rechteckes errichtet worden war. Es war deshalb anzunehmen, daß – da die Hauptpforte genau in der Mitte des zentralen, der See zugekehrten Flügels war – sich die Haupttreppe der Pforte gegenüber befinden würde. Es war also gleichfalls zu erwarten, daß in der Mitte der Halle weder alte Rüstungen noch Schwerter aufgestellt waren.
    So war es denn auch. Erst kamen zehn breite flache Stufen, und dann zweigte die Treppe nach rechts und links ab. Ich wählte den Weg nach rechts, da ich über mir auf dieser Seite einen schwachen Lichtstrahl wahrnahm. Sechs Stufen nach rechts, wieder eine Biegung nach rechts, acht weitere Stufen, und ich war auf dem Flur angekommen. Vierundzwanzig Stufen und nicht das leiseste Geräusch. Ich segnete im stillen den Architekten, der Marmor als Material für die Treppe ausgesucht hatte.
    Der Lichtschein wurde jetzt merklich stärker. Ich folgte der Richtung, aus der er kam, und erreichte eine Tür, die knapp zwei Zentimeter offen stand. Behutsam sah ich durch den Türspalt. Alles, was ich erkennen konnte, war die Ecke eines Schrankes, ein Stück Teppich, ein Bettende und endlich ein schmutziger Stiefel. Ich hörte ein leises Röcheln, ungefähr so, als befände sich in einiger Entfernung eine Kesselfabrik. Ich stieß die Tür auf und ging hinein.
    Ich war gekommen, um Lord Kirkside zu suchen. Wer auch immer das hier war, auf keinen Fall war es Lord Kirkside. Was auch immer seine Gewohnheiten sein mochten, es war ziemlich sicher, daß er nicht mit Stiefeln, Hosenträgern und einer Sportmütze ins Bett zu gehen pflegte. Auch ein Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett, das dieser Bursche hier neben sich auf der Decke liegen hatte, konnte ich mir nicht als die normale Schlafausrüstung des edlen Lords vorstellen. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, da es durch die Mütze bis zur Nase verdeckt wurde. Auf dem Nachttisch neben ihm lag eine Taschenlampe, und eine halbvolle Whiskyflasche rundete das Bild ab. Nirgendwo war ein Glas zu erblicken. Das wenige, das ich von dem Schlafenden erkennen konnte, ließ mich zu dem Schluß kommen, daß es sich bei ihm um einen jener Charaktere handelte, deren simple Lebenslust noch nicht durch den Einfluß von Konventionen unserer modernen Zivilisation gestört war. Ein treuer Wachtposten, der sich pflichtbewußt auf die Schwere seiner kommenden Wache in einer rauhen schottischen Hochlandnacht vorbereitet hat. Aber er würde kaum zur rechten Zeit seinen Platz einnehmen können, da es niemanden gab, der ihn wecken würde. So wie er auch aussah, müßte er sich glücklich schätzen, wenn er um die Mittagsstunde wieder auf sein würde.
    Es bestand lediglich die Möglichkeit, daß er sich selbst aufwecken würde. Die Urlaute, die er beim Schlafen ausstieß, waren laut genug, um selbst Tote wieder zu erwecken. Er machte auf mich den Eindruck, zu jenen Menschen zu gehören, die aus ihrem Rausch erwacht, sich sofort wieder auf die Flasche stürzen, um ihren Durst zu stillen. Deshalb öffnete ich die Flasche und ließ etwa ein halbes Dutzend der Tabletten, die mir mein pharmazeutischer Freund in Torbay freundlicherweise gegeben hatte, hineinfallen. Dann verschloß ich die Flasche wieder, nahm seine Taschenlampe an mich und ging.
    Hinter der nächsten Tür zur Linken lag ein Badezimmer. Ein schmutziges Waschbecken, ein von Wasser verspritzter Spiegel, zwei mit Schaum bedeckte Rasierpinsel, ein Topf mit Rasierseife, dessen Deckel daneben lag, und auf dem Boden zwei Handtücher die in sehr früher Vergangenheit einmal weiß gewesen sein müssen. Das Bad selbst war unberührt und blitzsauber. Dies war offensichtlich der Ort, wo sich die Wachen frisch zu machen pflegten.
    Der nächste Raum war genauso schmutzig und unordentlich wie der des Wachtpostens. Vermutlich war es das Zimmer des Mannes, den ich draußen zwischen Gras und Steinen deponiert hatte.
    Ich ging nun weiter nach links auf die in der Mitte der Etage liegenden Zimmer zu. Hier mußte eigentlich Lord Kirkside sein Zimmer haben. So war es auch, aber er war nicht zu Hause. Das nächste Zimmer gehörte ohne Zweifel ihm, schon ein Blick in den Schrank bestätigte mir das. Aber sein Bett war unberührt.
    Der nächste Raum in diesem symmetrisch

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