Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
sich in der Küche damit brüstete, daß er früher einmal der Untermann einer Kraftgruppe im Zirkus gewesen ist. Er muß sich eines Nachts mit einem seiner Partner gestritten haben. Es ging um eine Frau. Er brachte seinen Partner um. So, genauso.« Sie mußte sich mit aller Gewalt dazu bringen, ihre Augen von meinem Nacken abzuwenden. »Ich dachte … ich glaubte, daß es sich dabei nur um Gerede gehandelt hat.«
    »Und glauben Sie jetzt noch immer, daß unsere Freunde sich als unbezahlte Missionare der Gesellschaft zur Verbreitung der christlichen Lehren betätigen?« spottete ich. »Kennen Sie Jacques und Kramer?« Sie nickte.
    »Ich habe beide heute nacht getötet, nachdem sie einen Freund von mir umgebracht hatten. Sie haben ihm das Genick gebrochen. Danach haben sie versucht, meinen Boß und mich umzulegen. Und dann habe ich noch einen getötet. Er kam aus der Dunkelheit, um uns umzubringen. Ich glaube, sein Name war Henry. Glauben Sie mir jetzt? Oder glauben Sie, daß es sich bei der ganzen Geschichte nur um ein kindliches Ringelspiel handelt, wobei wir alle ein fröhliches Liedchen auf den Lippen haben sollten?«
    Meine Schockbehandlung hatte eine fast zu starke Wirkung. Ihr Gesicht war nicht mehr bleich, es war aschfahl. Sie sagte: »Ich glaube, ich muß mich übergeben.«
    »Später«, sagte ich kalt. Am liebsten hätte ich sie in die Arme genommen und getröstet: »Gut, schon gut, zerbrich dir jetzt nicht mehr deinen hübschen Kopf, überlaß das alles ruhig deinem alten Onkel Philip, und noch ehe der Tag vorüber sein wird, ist alles wieder in Ordnung.« Es war in der Tat sehr schwer, das nicht zu tun. Statt dessen sagte ich mit der gleichen harten Stimme zu ihr: »Wir haben jetzt keine Zeit für kleine Spielchen. Sie wollen doch schließlich heiraten, oder? Hat Ihnen Ihr Vater gesagt, wann er zurückkommen wird?«
    Einen Augenblick sah sie auf das Waschbecken in der Ecke des Zimmers, unsicher, ob sie sich übergeben müsse oder nicht. Dann blickte sie wieder zu mir und flüsterte; »Sie sind genauso schlimm wie die anderen Kerle. Sie sind ein fürchterlicher Mensch. Sie sind ein Mörder.«
    Ich faßte sie an den Schultern und schüttelte sie. Dann fragte ich sie wütend: »Hat er gesagt, wann er zurückkommen wird?«
    »Nein.« Sie sah mich ganz traurig an. Es war schon sehr lange her, daß eine Frau mich so angesehen hatte. Ich ließ meine Hände sinken.
    »Wissen Sie, was diese Leute hier überhaupt machen?«
    »Nein.«
    Ich glaubte ihr. Ihr alter Herr würde es wissen, hatte ihr aber sicherlich nichts davon gesagt. Der Scharfsinn verbot Lord Kirkside, daran zu glauben, daß seine ungebetenen Gäste ihn einfach verlassen würden, ohne Opfer zu fordern. Vielleicht spielte er nur ein verzweifeltes Spiel, wobei er hoffte, daß – wenn er seiner Tochter nichts sagte und schwören konnte, daß sie wirklich nichts wußte – Sue vielleicht verschont würde. Wenn er das wirklich glaubte, wäre eine psychiatrische Behandlung bei ihm nicht fehl am Platz. Aber war ich hier nicht ungerecht? Wenn ich in seinen Schuhen steckte – oder vielleicht richtiger ausgedrückt, so tief im Morast watete wie er –, hätte auch ich jeden Strohhalm ergriffen, den ich erwischen konnte.
    »Eins ist klar, Sie wissen offensichtlich, daß sich Ihr Verlobter noch am Leben befindet«, fuhr ich fort. »Ebenso Ihr ältester Bruder und auch noch andere Personen. Sie werden alle hier verborgen gehalten. Habe ich recht?«
    Sie nickte schweigend. Ich wünschte nur, daß sie mich nicht so ansehen würde.
    »Wissen Sie, um wie viele Menschen es sich handelt?«
    »Ein Dutzend. Nein, sogar mehr. Ich weiß auch, daß sich Kinder darunter befinden. Drei Jungen und ein Mädchen.«
    Das mußte stimmen. Die beiden Söhne von Polizeimeister MacDonald und der Junge und das Mädchen, die sich an Bord des umgebauten Lebensrettungsbootes befunden hatten, das bei seiner nächtlichen Kreuzfahrt von Torbay aus verschwunden war. Ich glaubte kein Wort von dem, was mir Susan über Lavorskis angebliche Achtung vor Menschenleben erzählt hatte. Aber es überraschte mich auch nicht, daß die Menschen, die sich auf den Booten befanden und dabei zufällig Zeugen der unlauteren Taten wurden, noch am Leben waren. Es gab dafür einen sehr guten Grund.
    »Wissen Sie, wo sie gefangengehalten werden? Im Schloß von Dubh Sgeir müßten sich viele geeignete Verliese befinden.«
    »Es gibt ganz unten tiefe Keller. In den letzten vier Monaten durfte ich niemals auch

Weitere Kostenlose Bücher