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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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befand. Langsam fiel er nach vorn, mit gebeugten Knien, bis er sich etwa in einem Winkel von fünfundvierzig Grad zu mir befand, und warf sich dann vor, mit bereits weit ausholendem rechten Arm.
    Der Augenblick der Lähmung war vorüber. Ich stieß mich mit dem linken Fuß an der Außenwand des Panzerschrankes ab und sah, wie die Luftleitung in einer Schleife auf mich zukam, als Quinn durch die aufgebrochene Öffnung trat. Ich ergriff sie und zog mit aller Kraft daran, um ihn aus der Balance zu bringen. Ein scharfer stechender Schmerz stieg mir von den unteren Rippen bis zur rechten Schulter hoch, und ich fühlte einen plötzlichen Ruck in meiner rechten Hand. Ich fiel rückwärts auf den Boden des Laderaums, und dann konnte ich Quinn nicht mehr sehen, nicht weil mich der Fall benommen gemacht hatte, auch nicht weil sich Quinn fortbewegt hatte, sondern weil er in einer trüben blubbernden Masse von kleinen Blasen verschwand. Eine unzerbrechliche Luftleitung kann und muß ziemlich viel aushalten. Aber sie kann unmöglich dem mit aller Gewalt ausgeführten Schnitt eines rasierklingenscharfen Messers aus der Hand eines der stärksten Männer, die ich kannte, widerstehen. Quinn hatte seine eigene Luftleitung säuberlich durchschnitten.
    Nichts auf der Welt konnte ihn jetzt noch retten. Mit einem Druck von etwa vierzig Pfund auf den Quadratzentimeter, der sich auf das durchschnittene Ende der Luftleitung legte, mußte er bereits am Ertrinken sein. Sein Taucheranzug mußte sich mit Wasser füllen und ihn so herunterdrücken, daß er sich nicht wieder erheben konnte. Fast ohne zu wissen, was ich tat, bewegte ich mich, das Nylonseil noch immer in meinen Händen, auf ihn zu und wand es, wo ich nur konnte, um seine wie wild um sich schlagenden Beine. Ich war vorsichtig genug, mich außerhalb der Reichweite seiner Arme zu bewegen, denn Quinn war noch immer in der Lage, mich mit sich zu nehmen, er hätte mein Genick wie einen morschen Ast brechen können. Im Unterbewußtsein hatte ich die Hoffnung, wenn seine Kameraden nachschauen würden, was jeden Augenblick passieren konnte – denn die großen Luftblasen mußten sich bereits auf dem Weg vom Laderaum an die Oberfläche befinden –, daß sie dann glauben würden, er hätte sich verheddert und dann versucht, sich mit dem Messer zu befreien. Ich dachte weder damals noch tue ich es heute, daß meine Handlungsweise gefühllos gewesen ist. Ich hatte keinerlei Skrupel oder Hemmungen, dies einem Sterbenden anzutun. Er war auf jeden Fall verloren. Er war ein psychopathisches Monstrum, das aus Freude an der Sache tötete, und vor allem mußte ich an jene Lebenden denken, die in den Kellern von Schloß Dubh Sgeir sterben könnten. Ich ließ ihn um sich strampeln und sterbend liegen, schwamm nach oben und versteckte mich unterhalb der Deckplanken des Laderaums.
    Die zwei Männer, die sich an Deck befunden hatten, waren bereits auf dem Weg nach unten, wobei sie sich an ihren Rettungsleinen langsam herunterließen. Sobald ihre Taucherhelme sich unter mir befanden, stieg ich durch die Luke nach oben und fand die Trosse, an der ich mich weiter zur Wasseroberfläche bewegte. Ich war knapp zehn Minuten unten gewesen. Als der Tiefenmesser an meinem Handgelenk zwei Faden anzeigte, machte ich drei Minuten Pause wegen des Druckausgleichs. Jetzt war Quinn bereits tot.
    Ich tat genau das, was Hutchinson gesagt hatte. Ich ließ mich auf die ›Firecrest‹ zutreiben – jetzt bestand kein Grund mehr zur Eile – und fand sie auch ohne Schwierigkeiten. Hutchinson war da, um mir aus dem Wasser zu helfen, und ich war ihm für seine Hilfe sehr dankbar.
    »Junge, bin ich froh, Sie zu sehen«, sagte er. »Ich habe niemals geglaubt, daß es den Tag geben würde, an dem Tim Hutchinson tausend Tode sterben würde, aber heute ist er tausend Tode gestorben. Wie war's denn?«
    »Alles in Ordnung. Wir haben Zeit. Noch etwa fünf bis sechs Stunden.«
    »Ich werde den Haken hochziehen.« Drei Minuten später waren wir bereits unterwegs, und nach weiteren drei Minuten waren wir nahe genug dem Mittelkanal von Beul nan Uamh und fuhren der stärker werdenden Flut in nordöstlicher Richtung entgegen. Ich hörte, wie die automatische Steuerung eingestellt wurde, und dann kam Hutchinson in den erleuchteten Salon, in dem die Vorhänge überflüssigerweise, da ja dichter Nebel war, fest zugezogen waren. Er sah, wie ich mir selbst Erste Hilfe leistete, indem ich gerade damit anfing, mir Verbandsstoff über einen

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