Das Mörderschiff
Worten.« Ich lächelte ihn – wie ich hoffte – abbittend an. »Außer natürlich, wenn die Polizei und der Zoll mich mitten in der Nacht aus dem Bett holen. Ich nehme an, daß unsere Freunde fort sind?«
»Im selben Augenblick, als sie uns an Land gebracht hatten, Zollbeamte sind wirklich etwas sehr Ärgerliches.« Er sah aus – genau wie ich –, als ob er einige Stunden Schlaf nötig hätte. »Offen gestanden, Mr. Petersen, ich weiß nicht, was ich in bezug auf die zerstörten Sendeanlagen tun soll. Wer, um Gottes willen, tut etwas so Dummes und Widerliches?«
»Das ist der Grund, warum ich herkam, und was ich Sie fragen wollte.«
»Ich kann selbstverständlich zu Ihnen an Bord kommen«, sagte MacDonald langsam. »Ich kann mein Notizbuch herausnehmen, mich umsehen und suchen, ob ich irgendwelche Spuren finde. Ich würde allerdings nicht wissen, wonach ich suchen sollte. Vielleicht wenn ich etwas über Fingerabdrücke, Analyse und Mikroskopie wüßte, vielleicht würde ich dann etwas finden. Aber davon verstehe ich nichts. Ich bin ein Polizist, der auf dieser Insel groß geworden ist, und nicht eine Ein-Mann-Untersuchungskommission. Das ist eine Arbeit für die Kriminalpolizei. In diesem Fall werden wir Glasgow verständigen müssen. Allerdings bezweifle ich es, ob diese Leute ein paar Kriminalbeamte hierherschicken werden, nur um einige beschädigte Radioröhren zu untersuchen.«
»Der alte Skouras hat ganz schöne Beziehungen.«
»Sir?«
»Er ist mächtig. Er hat Einfluß. Wenn Skouras möchte, daß etwas geschieht, bin ich verdammt sicher, er bekommt es auch. Falls es ihm notwendig erscheint oder er Lust dazu hat, kann er außerordentlich unbequem werden, davon bin ich überzeugt.«
»Es gibt keinen besseren oder freundlicheren Menschen, der jemals hier in Torbay vor Anker gegangen ist«, sagte MacDonald weich. Sein hartes braunes Gesicht konnte fast alles verbergen. Aber diesmal verbarg es gar nichts. »Vielleicht ist seine Art nicht meine Art. Vielleicht ist er ein harter, rücksichtsloser Geschäftsmann. Vielleicht ist es so, wie die Zeitungen schreiben, daß sein Privatleben einer Untersuchung nicht standhalten würde. Das alles geht mich nichts an, aber wenn Sie hier in Torbay einen Mann finden wollen, der auch nur ein Wort gegen ihn sagt, dann werden Sie sich sehr große Mühe geben müssen, Mr. Petersen.«
»Sie haben mich falsch verstanden, MacDonald«, sagte ich milde. »Ich kenne den Mann ja kaum.«
»Das stimmt, aber wir kennen ihn. Schauen Sie das hier an.« Er deutete durch das Seitenfenster der Polizeistation auf ein großes, im Schwedenstil erbautes Holzgebäude in der Nähe des Hafens. »Das ist unser neues Gemeindehaus. Sie nennen es das Rathaus. Sir Anthony hat es gestiftet. Sehen Sie die sechs kleinen Häuser dort auf der Anhöhe? Für alte Leute. Wieder eine Stiftung von Sir Anthony. Jeder Pfennig aus seiner eigenen Tasche. Wer nimmt alle unsere Schulkinder mit zu den Spielen in Oban – Sir Anthony auf der ›Shangri-la‹. Er gibt Spenden für jede wohltätige Stiftung, die wir hier haben. Und jetzt plant er den Bau einer Bootswerft, damit für die jungen Leute in Torbay Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden werden – es gibt nicht mehr sehr viel zu tun, seit die Fischerboote fort sind.«
»Ja, der gute alte Skouras«, sagte ich. »Es sieht aus, als ob er den Ort adoptiert hätte. Glückliches Torbay. Ich wünschte nur, er würde mir einen neuen Sender kaufen.«
»Ich werde meine Augen und Ohren offenhalten, Mr. Petersen. Ich kann nicht viel mehr tun. Wenn sich irgend etwas ereignet, lasse ich es Sie sofort wissen.«
Ich bedankte mich bei ihm und ging. Ich hatte an und für sich nicht die Absicht gehabt, ihn aufzusuchen, aber es hätte verdammt komisch ausgesehen, wenn ich nicht aufgetaucht wäre und mich dem Chor der Beschwerdeführenden angeschlossen hätte.
Ich wahr sehr froh, daß ich hingegangen war.
Der Mittagsempfang von London war schlecht. Es war weniger darauf zurückzuführen, daß der Empfang nachts im allgemeinen besser ist, als darauf, daß ich unseren Teleskopmast nicht benutzen konnte. Aber es ging einigermaßen. Onkels Stimme war frisch, geschäftsmäßig und klar.
»Nun, Caroline? Wir haben unsere verlorenen Freunde schon gefunden«, sagte er.
»Wie viele?« fragte ich vorsichtig. Onkel Arthurs zweideutige Auskünfte waren nicht immer so klar, wie er selbst glaubte.
»Alle fünfundzwanzig.« Das bedeutete, daß es sich um die ursprüngliche
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