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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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durchlöcherten den unteren Teil des Rumpfs, der hinter mir lag, und gingen durch die Windschutzscheibe über mir. Zweimal fühlte ich, wie wütende Geschosse meine Jacke an der rechten Schulter durchschlugen, und ich bemühte mich, meinen Kopf noch tiefer in das eiskalte Wasser zu stecken. Dann, wahrscheinlich aufgrund des Zusammentreffens der Wasseransammlung in der Spitze des Hubschraubers und des gleichzeitigen Beschusses von hinten, rutschte der Hubschrauber plötzlich nach vorn, hielt einen Augenblick an, glitt dann weiter, das Riff entlang, und fiel endlich wie ein Stein, die Nase voran, auf den Grund des Meeres.

F ÜNFTES K APITEL
    Mittwoch: Abenddämmerung
bis zwanzig Uhr vierzig
    E ins der wohl dümmsten, ungerechtfertigsten und weitverbreitetsten Märchen ist, der Tod durch Ertrinken sei eine friedliche, leichte und eigentlich recht angenehme Sache. So ist es nicht. Es ist eine furchtbare Art und Weise zu sterben. Ich weiß es, denn ich war am Ertrinken, und es machte mir nicht den geringsten Spaß. Ich hatte das Gefühl, daß mein Kopf mit Preßluft angefüllt war. Meine Augen und Ohren schmerzten entsetzlich. Nase, Mund und Magen waren voller Seewasser, und in meine berstenden Lungen mußte Benzin eingedrungen sein, das nur darauf wartete, mit einem Streichholz angezündet zu werden. Wenn ich jetzt meinen Mund öffnen würde, um diesen grauenhaften Schmerz in meinen Lungen loszuwerden, würde dies vielleicht mein letzter Atemzug sein. Vielleicht würde dann alles ruhig, freundlich und friedlich werden.
    Die verdammte Tür war verklemmt. Bei der Behandlung, die die Maschine erfahren hatte, zuerst der Aufprall auf dem Riff und dann der Sturz ins Meer, wäre es auch ein Wunder, wenn sie nicht verklemmt gewesen wäre. Ich stieß gegen die Tür, ich zog an ihr, ich schlug mit den geballten Fäusten dagegen. Sie blieb verklemmt. Das Blut tobte und sang in meinen Ohren. Der brennende Schraubstock, der meinen Brustkorb umspannte, drückte mir Rippen und Lungen zusammen und schien das Leben aus mir herauspressen zu wollen. Ich stemmte beide Füße gegen das Instrumentenbrett, packte mit beiden Händen den Türgriff, ich stieß mit den Beinen nach und gebrauchte meine Hände als Hebel, mit einer übermenschlichen Kraft, die man nur hat, wenn man weiß, daß der Tod nahe ist. Der Türgriff gab nach, durch den Druck der Beine fiel ich nach hinten, und von dort kam ich nach oben an das hintere Ende des Rumpfs, und plötzlich machten meine Lungen nicht mehr mit. Der Tod konnte nicht schlimmer sein als diese Agonie. Die Luft kam aus meinem mit Wasser gefüllten Mund und aus der Nase, und ich atmete einmal tief ein. Eine Lunge voll Seewasser. Es würde die letzte sein. Es war keine Lunge voll Seewasser, es war eine Lunge voll Luft. Luft, die nach Benzin und Öl roch. Aber alles in allem doch Luft. Nicht die scharfe, salzige Luft der Ägäis, nicht der würzige Föhrengeruch von Norwegen, auch nicht die wie Sekt prickelnde Luft der hohen Alpen. Alle diese Düfte hatte ich schon erlebt, aber alle zusammen waren ein dünner, blutarmer Ersatz gegen diese herrliche Mixtur von Stickstoff und Sauerstoff, Benzin und Öl, die sich noch in einer kleinen Lufttasche unter dem unbeschädigten hinteren Oberteil des Tanks befand. Es war der einzige Teil des Flugzeugs, der nicht von Maschinengewehrkugeln durchschlagen war. So mußte Luft wirklich schmecken.
    Das Wasser stand mir genau bis zum Nacken. Ich atmete ein halbes dutzendmal leidenschaftlich und tief. Genug, um das Feuer in meinen Lungen zu löschen und das wüste Toben in meinem Kopf auf ein normales Maß zu bringen. Dann drückte ich mich weiter nach hinten ab und nach oben, bis in die äußerste Ecke des Rumpfs. Das Wasser stand mir jetzt bis zur Brust. Ich machte in der Dunkelheit eine Handbewegung und versuchte festzustellen, wieviel Luft mir noch zur Verfügung stand. Ich schätzte, daß sie mir noch zehn bis fünfzehn Minuten reichen würde.
    Ich bewegte mich jetzt nach links, holte einmal tief Luft und stieß mich dann nach vorn und nach unten. Ungefähr drei Meter hinter dem Sitz des Piloten war die Tür für die Passagiere. Vielleicht konnte ich sie aufbekommen. Ich fand sie sofort, das heißt nicht die Tür, sondern das Loch, wo sich die Tür befunden hatte. Der Aufprall, der die Tür auf der rechten Seite, wo ich gewesen war, verklemmt hatte, hatte gleichzeitig diese Tür gesprengt. Ich stieß mich wieder zurück in den oberen Teil des Rumpfs und holte noch ein

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