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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Auch ich war kein junger Bursche mehr und hatte das Gefühl, seit Monaten nicht mehr geschlafen zu haben. Wie ich wußte, ging Onkel Arthur Schlag Mitternacht zu Bett. Und der arme Mann hatte seine Zeit tatsächlich schon um fünfzehn Minuten überschritten. Aber da ließ sich nichts machen. Eine meiner wenigen mir noch verbliebenen Ambitionen im Leben war, das Pensionsalter zu erreichen. Und um das zu schaffen, schien mir nichts wichtiger zu sein, als daß Onkel Arthur nie und nimmermehr seine Hand an das Steuer der ›Firecrest‹ legte.
    »Aber das ist doch noch nicht alles«, protestierte Charlotte. »Mr. Hunslett, wo ist Mr. Hunslett? Und dann sagten Sie, daß Mr. Calvert an Bord dieser ›Nantesville‹ gewesen sei. Wie um alles in der Welt …«
    »Es gibt ein paar Dinge, meine Liebe, von denen Sie besser nichts wissen. Warum wollen Sie sich unnötig beunruhigen? Überlassen Sie das Ganze ruhig uns.«
    »Ich fürchte, mein lieber Sir Arthur, Sie haben mich in der letzten Zeit nicht mehr richtig angeschaut«, sagte sie ruhig.
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Es mag Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, aber ich bin kein kleines Kind mehr. Ich bin nicht einmal mehr jung. Bitte behandeln Sie mich nicht, als ob ich noch nicht erwachsen wäre. Wenn Sie heute nacht etwas Schlaf haben wollen …«
    »Also gut. Wenn Sie darauf bestehen. Ich fürchte, daß die Gewalttaten nicht alle nur von einer Seite verübt worden sind. Wie ich Ihnen schon sagte, war Calvert an Bord der ›Nantesville‹. Er fand dort meine beiden Agenten, Baker und Delmont.« Onkel Arthurs Stimme klang unpersönlich und gefühllos. »Beide von hinten erstochen. Heute abend wurde der Pilot von Calverts Hubschrauber abgeschossen. Eine Stunde später wurde Hunslett ermordet. Calvert fand ihn mit gebrochenem Genick im Maschinenraum der ›Firecrest‹.«
    Onkel Arthurs Zigarre glühte mindestens ein halbes dutzendmal auf, ehe Charlotte sprach. Das Zittern war jetzt wieder in ihrer Stimme. »Aber das sind ja Ungeheuer. Ungeheuer.« Nach einer langen Pause: »Wie können Sie es nur mit solchen Menschen aufnehmen?«
    Onkel Arthur paffte noch ein wenig weiter und sagte dann überlegen: »Ich habe gar nicht die Absicht, es mit ihnen aufzunehmen. Schließlich finden Sie auch keine Generäle, die sich an Nahkämpfen in Schützengräben beteiligen. Calvert wird mit ihnen schon fertigwerden. Gute Nacht, meine Liebe.«
    Er ging. Ich hatte ihm nicht widersprochen. Aber ich wußte, daß Calvert nicht mit ihnen fertig werden konnte. Jedenfalls jetzt nicht mehr. Calvert brauchte unbedingt Hilfe. Mit einer Besatzung, die aus einem kurzsichtigen Boß und einer Frau bestand, bei der jedesmal, wenn ich sie ansah, ihr zuhörte oder nur über sie nachdachte, warnende Glocken wild in meinem Hirn zu läuten begannen, brauchte Calvert Hilfe. Und er brauchte sie schnell.
    Nachdem Onkel Arthur sich zurückgezogen hatte, standen Charlotte und ich schweigend im dunklen Steuerhaus. Es war ein freundliches Schweigen. So etwas spürt man. Der Regen hämmerte auf das Dach des Steuerhauses. Es war so dunkel, wie es nur auf See sein kann, und die Nebelschwaden wurden dichter und zahlreicher. Ich konnte nur noch mit halber Geschwindigkeit fahren. Dadurch verlor ich an Beweglichkeit in der Steuerung, und bei der schweren westlichen See, die von Steuerbord her kam, wäre es mir normalerweise sehr schwergefallen, den Kurs der ›Firecrest‹ zu kontrollieren. Aber ich hatte den automatischen Navigator angestellt, und es ging fabelhaft. Er war ein viel besserer Steuermann, als ich es je gewesen war, und Onkel Arthur war er bei weitem überlegen.
    Plötzlich sagte Charlotte: »Was beabsichtigen Sie heute nacht zu tun?«
    »Sie sind aber wirklich nimmersatt, was Informationen anlangt. Wissen Sie denn nicht, daß Onkel Arthur – ich bitte um Verzeihung, Sir Arthur – und ich mit einer streng vertraulichen Mission beauftragt sind? Geheimhaltung ist wichtig.«
    »Jetzt lachen Sie mich aus – und vergessen dabei, daß ich mich ja auch auf dieser Geheimmission befinde!«
    »Ich bin sehr froh, daß Sie dabei sind, und ich lache Sie durchaus nicht aus. Heute nacht muß ich das Boot ein- oder zweimal verlassen, und ich muß jemanden haben, dem ich vertrauen kann und der auf das Boot aufpaßt, während ich fort bin.«
    »Aber Sie haben doch Sir Arthur.«
    »Ich habe, wie Sie sehr richtig sagen, Sir Arthur. Es gibt keinen Menschen, auf dessen Urteil ich mehr gebe und vor dessen Intelligenz ich

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