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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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kleinen Stablampe das Innere ab und stellte fest, daß MacEacherns Bootsschuppen nicht der Ort war, den ich suchte. Es befand sich dort lediglich ein altes verwittertes Boot mit einem von Rost völlig zerfressenen Motor.
    Dann kam ich zum Haus, an dessen Nordseite, der Seite, die dem Meer abgewandt war, ein Licht durch ein kleines Fenster schien. Um ein Uhr dreißig in der Nacht. Ich schlich mich zum Fenster und sah einen ordentlichen, sauberen, aufgeräumten kleinen Raum mit glatt getünchten Wänden, einen mit Matten bedeckten Steinfußboden und in der Kaminecke ein Feuer aus Treibholzstücken. Donald MacEachern saß in einem Korbstuhl, noch immer unrasiert, noch immer in seinem alten Hemd, den Kopf gesenkt, und starrte in die trübe rote Glut. Er machte den Eindruck, als sei dieses Starren in ein verlöschendes Feuer das einzige, das ihm noch in der Welt zu tun blieb. Ich wandte mich zur Tür, drehte den Griff und ging hinein.
    Er hörte mich und drehte sich um, nicht schnell, sondern eigentlich so wie ein Mensch, der weiß, daß es nichts mehr auf der Welt gibt, das ihn verletzen kann. Er sah mich an, sah die Pistole in meiner Hand, blickte zu seinem Jagdgewehr, das an der Wand aufgehängt war, und sank dann wieder in seinen Stuhl zurück.
    Tonlos sagte er: »Wer, in Gottes Namen, sind Sie?«
    »Mein Name ist Calvert. Ich war gestern schon mal hier.« Ich zog die Gummikappe vom Kopf, und er konnte sich wieder erinnern. Ich nickte, den Blick auf das Gewehr gerichtet. »Ihre Waffe werden Sie heute nacht nicht brauchen, Mr. MacEachern. Außerdem hatten Sie sie gestern gar nicht entsichert.«
    »Ihnen entgeht nicht viel«, sagte er langsam. »Es waren auch keine Patronen im Gewehr.«
    »Und wollen Sie auch sagen, daß niemand hinter Ihnen gestanden hat?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte er müde. »Wer sind Sie, Mann, und was wollen Sie von mir?«
    »Ich will wissen, warum Sie mich gestern so seltsam begrüßt haben.« Ich steckte meine Waffe ein. »Das war nicht gerade sehr freundlich, Mr. MacEachern.«
    »Wer sind Sie, Sir?« Er sah jetzt noch älter aus als gestern, alt und zerbrochen.
    »Calvert. Sie haben Ihnen befohlen, keine Besucher zu dulden, nicht wahr, Mr. MacEachern?« Keine Antwort. »Ich habe einem Freund von Ihnen heute abend ein paar Fragen gestellt. Archie MacDonald, dem Polizeimeister von Torbay. Er sagte mir, Sie seien verheiratet. Ich kann nirgendwo Mrs. MacEachern sehen.«
    Er richtete sich halb in seinem Stuhl auf. Seine müden blutunterlaufenen Augen wurden plötzlich lebendig. Dann sank er wieder in sich zurück, und die Augen hatten den alten müden Ausdruck.
    »Sie waren einmal nachts draußen mit Ihrem Boot, Mr. MacEachern, nicht wahr? Sie waren draußen mit Ihrem Boot, und Sie sahen zuviel. Die Bande erwischte Sie und brachte Sie hierher zurück, und dann nahmen sie Ihre Frau mit und drohten Ihnen, wenn Sie jemals irgendeinem Menschen berichten würden, was Sie gesehen hätten, dann würden Sie Ihre Frau nie wiedersehen. Lebend. Sie sagten Ihnen, daß Sie hier bleiben sollten, für den Fall, daß Bekannte oder Fremde vorbeikämen, die sich wundern könnten, warum sie nicht da wären und daraufhin Alarm schlagen würden. Und um ganz sicher zu sein, daß Sie nicht zum Festland fahren würden, um Hilfe zu holen – obwohl ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, daß Sie so verrückt sein könnten –, haben sie Ihren Motor betriebsunfähig gemacht. Mit von Salzwasser durchtränkten Säcken. Trotzdem würde ein zufälliger Besucher glauben, daß der Motor nur durch nachlässige Behandlung eingerostet ist und nicht durch Sabotage.«
    »Ja, ja, das haben sie getan.« Er starrte reglos ins Feuer. Seine Stimme war flüsternd, wie die eines Mannes, der lediglich intensiv denkt und sich kaum bewußt ist, daß er dabei spricht. »Sie haben meine Frau mitgenommen, und sie haben mein Boot ruiniert. Ich hatte meine gesamten Ersparnisse dort im hinteren Zimmer verwahrt, und die haben sie mir auch noch weggenommen. Ich wünschte nur, ich hätte eine Million Pfund, um sie ihnen zu geben. Wenn sie mir nur meine Mary gelassen hätten. Sie ist fünf Jahre älter als ich.« Er war völlig kraftlos.
    »Wovon, um Himmels willen, haben Sie denn gelebt?«
    »Jede zweite Woche bringen sie mir ein paar Büchsen. Nicht viel und Büchsenmilch. Tee habe ich noch, und ab und zu fange ich ein paar Fische auf den Klippen.«
    Seine Stirn war plötzlich voller Falten, als ob er sich bewußt würde,

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