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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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der Insel Craigmore vertauscht, aber noch immer hatte ich keinen Grund zum Lächeln. Deshalb nicht, weil erstens Onkel Arthur und Charlotte Skouras eine nautische Kombination abgaben, die mich schaudern machte, zweitens, weil die Nordspitze von Craigmore viel weiter in der offenen See lag und zerklüfteter war als die Südküste von Eilean Oran. Drittens, weil der Nebel immer dichter wurde. Viertens, weil ich noch immer atemlos war und zerschunden von den schweren Brechern, die mich, als ich auf die Insel zugeschwommen war, gegen unsichtbare Riffe geschleudert hatten. Fünftens, weil ich mir überlegte, ob ich auch nur die geringste Chance hatte, mein voreiliges Versprechen, das ich Donald MacEachern gegeben hatte, einhalten zu können. Falls ich noch ein bißchen mehr nachdachte, würden mir bestimmt noch andere und gleichwertige Gründe einfallen, warum mir das Lächeln vergangen war. Aber dazu hatte ich keine Zeit mehr. Die Nacht wurde kürzer, und ich hatte vor Tageseinbruch noch eine Menge zu tun.
    Das nächste der beiden Fischerboote in dem kleinen von der Natur gebildeten Hafen wurde von den Wellen, die vom Riff herkamen, hin und her geworfen, und so brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, daß man das Geräusch hören würde, wenn ich mich an Deck hochzog. Das einzige, wovor ich mich in acht nehmen mußte, war das verdammte helle Licht, das vom Häutungsschuppen herüberleuchtete. Es war so stark, daß man mich von den anderen Häusern her, die am Ufer lagen, erkennen konnte. Aber meine Sorge wegen des Lichtes war gering im Vergleich zu meiner Dankbarkeit für sein Vorhandensein. Auch Onkel Arthur war da draußen in der wilden dunklen See dankbar für jeden Hoffnungsstrahl.
    Es war ein Motorboot von etwa fünfzehn Meter Länge und so gebaut, daß es jedem Hurrikan die Stirn bieten konnte. Das Boot war fabelhaft in Ordnung, nichts war an Bord, was nicht hingehörte. Es war ein echtes, gutes Fischerboot. Meine Hoffnung begann zu steigen.
    Das zweite Motorboot war ein Spiegelbild des ersten. Bis ins Detail glichen sie einander. Es wäre gelogen, zu behaupten, daß meine Hoffnung plötzlich ins unermeßliche stieg, aber zumindest begann sie sich aus den Niederungen zu erheben, in denen sie sich in der letzten Zeit befunden hatte.
    Ich schwamm ans Ufer, verstaute mein Tauchzubehör oberhalb der Hochwassermarke und machte mich auf den Weg zum Häutungsschuppen. Ich hielt mich immer im Schatten. Im Schuppen waren Winden, Stahlrohre, Fässer und eine Menge fürchterlich aussehender Waffen, die ohne Zweifel zum Enthäuten benutzt wurden. Rollkräne und einige undefinierbare, aber zweifellos harmlose Gegenstände aus Eisen sowie die Überreste einiger Haie und der fürchterlichste Gestank, den ich je erlebt hatte. Fluchtartig verließ ich den Schuppen.
    Im ersten Haus fand ich nichts. Ich leuchtete mit meiner Taschenlampe durch ein zerbrochenes Fenster. Der Raum war leer, und es sah so aus, als ob er ein halbes Jahrhundert lang nicht mehr betreten worden wäre. Es war absolut glaubhaft, was Williams mir erzählt hatte, daß dieser kleine Flecken bereits vor dem ersten Weltkrieg verlassen worden war. Nur die Tapeten sahen aus, als wären sie erst gestern angebracht worden. Ein eigenartiges und kaum erklärliches Phänomen der Westlichen Inseln. Die tüchtige Großmutter – in jenen Tagen hätte Großvater um keinen Preis der Welt auch nur einen Finger im Haus gerührt – klatschte einfach irgendeine Tapete für fünfzig Pfennig pro Meter an die Wand, und fünfzig Jahre später wirkte sie noch immer so neu wie an dem Tag, an dem sie sie angeklebt hatte. Das zweite Haus sah genauso verlassen aus.
    Im dritten Haus, das vom Häutungsschuppen am weitesten entfernt war, lebten die Haifischer. Eine völlig verständliche Wahl. Möglichst weit fort von dem stinkenden Schuppen! Hätte ich die Wahl gehabt, so hätte ich in einem Zelt auf der anderen Seite der Insel geschlafen. Aber das war meine rein persönliche Reaktion. Vielleicht war der Gestank des Häutungsschuppens für die Haifischer das gleiche, wie es der schreckliche Ammoniakgeruch des flüssigen Dungs für die Schweizer Bauern ist. Der Odem des Lebens! Das Symbol des Erfolges! Meiner Meinung nach kann man für den Erfolg auch einen zu hohen Preis zahlen.
    Ich öffnete vorsichtig die ohne Zweifel mit Haiöl gutgeschmierte Tür und ging hinein. Wieder machte ich meine Taschenlampe an. Großmutter hätte an diesem Vorraum keinen Gefallen gefunden, aber Großvater

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