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Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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recht, uns aus dem Geschäft zu drängen. Und das wird ihnen auch gelingen, es sei denn, wir bringen London dazu, militärisch einzugreifen.«
    Richter Kendalbushe beugte sich über den Tisch: »Aber sagen Sie, Kapitän Chillingworth: Stimmt es denn nicht, dass es unserem Repräsentanten in Kanton, Mr. Elliott, gelungen ist, die Mandarine von einer Legalisierung des Opiumhandels zu überzeugen? Ich habe gehört, sie hätten nun doch begonnen, über die Vorzüge des Freihandels nachzudenken.«
    Mr. Doughty lachte. »Sie sind zu optimistisch, Sir. Der Chinese ist ein verdammt störrischer Esel. Den bringt nichts von seinem Weg ab.«
    »Aber was der Richter sagt, ist nicht ganz unbegründet«, sagte der Kapitän rasch. »Es gibt in Peking eine Fraktion, die, wenn man dem Gerücht glauben will, für die Legalisierung eintritt. Aber der Kaiser, so heißt es, verschließt sich diesen Überlegungen und ist entschlossen, den Handel mit Stumpf und Stiel auszurotten. Angeblich hat er eigens dafür sogar einen neuen Gouverneur ernannt.«

    »Das alles kommt nicht überraschend«, sagte Mr. Burnham und blickte zufrieden in die Runde, die Daumen in seine Revers gehakt. »Jedenfalls ganz bestimmt nicht für mich. Ich habe das von Anfang an kommen sehen. Jardine & Matheson haben es schon seit Langem prophezeit, und ich kann ihnen da nur beipflichten. Niemand lehnt den Krieg entschiedener ab als ich – ja, ich verabscheue ihn regelrecht. Aber es lässt sich nun einmal nicht von der Hand weisen, dass der Krieg zuzeiten nicht nur gerecht und notwendig ist, sondern auch human. In China ist dieser Zeitpunkt gekommen: Nichts anderes kann mehr helfen.«
    »Ganz meine Meinung, Sir«, trumpfte Mr. Doughty auf. »Es gibt kein anderes Mittel mehr. Dieser Krieg ist ein Gebot der Menschlichkeit. Denken wir nur an den indischen Bauern – was soll aus ihm werden, wenn sein Opium nicht mehr nach China verkauft werden kann? Die armen Tröpfe haben ja schon jetzt kaum noch was zu beißen: Sie würden scharenweise verhungern.«
    »Ich fürchte, Sie haben recht«, sagte Richter Kendalbushe ernst. »Meine Freunde in der Mission sind sich einig, dass der Krieg unvermeidlich ist, wenn China für Gottes Wort erschlossen werden soll. Beklagenswert, gewiss, aber je eher man es hinter sich bringt, desto besser.«
    Mr. Burnham ließ den Blick über den von Kerzen beleuchteten Tisch schweifen: »Da wir uns alle einig sind, kann ich es vielleicht wagen, Ihnen eine kleine Neuigkeit mitzuteilen, die mich gerade erreicht hat? Natürlich unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit.«
    »Natürlich.«
    »Mr. Jardine schreibt, dass er den Premierminister endlich umstimmen konnte.«
    »Also ist es wahr?«, rief Richter Kendalbushe. »Lord Palmerston hat zugestimmt, eine Flotte zu entsenden?«

    »Ja. Aber ›Flotte‹ ist vielleicht etwas hochgegriffen. Mr. Jardine ist überzeugt, dass keine große Streitmacht erforderlich sein wird, um Chinas altertümliche Verteidigungsanlagen zu überwinden. Ein paar Fregatten und zwei Dutzend Kauffahrer müssten eigentlich genügen.«
    »Bravo!« Mr. Doughty klatschte in die Hände. »Also gibt es Krieg?«
    »Ich glaube, das können wir jetzt als sicher annehmen«, sagte Mr. Burnham. »Höchstwahrscheinlich wird es zum Schein noch Ansätze zu einem Palaver mit den Himmelssöhnen geben. Aber das wird zu nichts führen – in der Hinsicht können wir uns auf die Bezopften verlassen. Und anschließend kreuzt die Flotte auf und erledigt alles in kürzester Zeit. Es wird ein Krieg der besten Art sein – schnell, nicht zu teuer und garantiert erfolgreich. Eine Handvoll englischer Soldaten, mehr wird nicht nötig sein: Zwei oder drei Sepoy-Bataillone werden kurzen Prozess machen.«
    Mr. Doughty lachte, dass er sich den Bauch halten musste. »Also das ist so sicher wie das Amen in der Kirche! Unsere Nigger zeigen es den Gelbbäuchen. In ein paar Wochen ist der Spuk vorbei.«
    »Und ich könnte drauf wetten«, sagte Mr. Burnham und stieß mit seiner Zigarre Löcher in die Luft, »dass die Bevölkerung in den Straßen von Kanton jubelt, wenn unsere Truppen einmarschieren.«
    »Davon bin ich auch überzeugt«, sagte Mr. Doughty. »Die Himmelssöhne werden massenweise aus den Häusern kommen und ihre Räucherstäbchen anzünden. Sie sind zwar in mancher Hinsicht nicht ganz zurechnungsfähig, aber sie wissen, was gut für sie ist. Sie werden sich nur allzu gern von ihrem mandschurischen Tyrannen befreien lassen.«
    Zachary konnte sich der

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