Das Molekular-Café
Station,
und niemand von der jetzigen Besatzung kannte ihn von früher. Der
Professor erinnerte sich an eine halbvergessene Episode aus der Zeit
gleich nach Mironows Ankunft auf dem Mond. Ein Meteorit hatte eine
Wasserzisterne beschädigt, die gerade erst zum Eingang des
Stationsgebäudes geschafft worden war. Jeder Tropfen Wasser war
damals noch eine Kostbarkeit gewesen! Zum Transport waren automatische
Zisternen mit Elektroheizung verwendet worden, denn heißes Wasser
ließ sich besser umfüllen. Der Meteorit hatte ein
anständiges Loch in die Zisterne geschlagen. Der austretende
Heißwasserstrahl gefror sofort auf dem Boden. Mironow aber, vom
Alarmsignal herbeigerufen, überprüfte erst pedantisch seinen
Skaphander, obwohl Bek-Nasarow es schon vorher getan und ihm versichert
hatte, daß alles in Ordnung wäre. Mironows Verhalten
entsprach genau der Instruktion, die jeden verpflichtete, beim
Verlassen der Gebäude persönlich den Skaphander zu
kontrollieren. Einige hundert Liter waren ausgelaufen, und der
Wasservorrat war dahin. Der reguläre Start der »Rubin«
mußte verschoben werden. Gewiß, dafür waren die
Stationsbewohner unversehens zu einer herrlichen Eisbahn gekommen, und
eine allgemeine Begeisterung fürs Schlittschuhlaufen brach aus.
Einige Tage lang aber hatte sich Bek-Nasarow Mironow gegenüber
betont reserviert verhalten.
Eigentlich war an diesem Vorfall nichts Besonderes. Schließlich
ist Wasser bloß Wasser. Im unkontrollierten Skaphander
hinauszugehen konnte hingegen den schnellen und sicheren Tod bedeuten.
Der Professor hatte einerseits Verständnis für das Verhalten
des Neuen. Andererseits mißfiel ihm Mironows Mißtrauen
einem Kameraden gegenüber, auch wenn es unbeabsichtigt war.
Jedenfalls hinterließ diese Episode ein unangenehmes Gefühl.
Es hatte noch andere Kleinigkeiten gegeben, die im pulsierenden
Mondalltag unbeachtet geblieben waren. Jetzt aber fielen sie dem
Professor wieder ein und beunruhigten ihn. Er bedauerte schon, Mironow
mitgeschickt zu haben. Aber eine andere Möglichkeit hatte es nicht
gegeben. Weder Schröder noch Bek-Nasarow, die Besatzung von
»Grashüpfer 3«, waren meisterhafte Fahrer. Und andere
standen im Moment nicht zur Verfügung.
Wieder betrachtete der Stationschef Tewossians lächerliche Frisur.
Wenn wir Verstärkung bekommen, muß unbedingt ein Friseur
dabeisein, dachte er. Die Jungs verschandeln sich ja gegenseitig.
Er sah auf die Uhr. Von Tscherednitschenko fehlte immer noch jede Nachricht.
Neben dem dunklen Bildschirmoval flackerte beharrlich ein grünes
Lämpchen. Die Erde war sprechbereit. Smolny drückte auf einen
Knopf.
»Innokenti Borissowitsch, wir haben Fedossejews Frau
gefunden«, rief der junge Sekretär des Astro-Rates mit sich
überschlagender Stimme. Er arbeitete erst seit einigen Tagen beim
kosmischen Nachrichtenstab und war vor der Kamera immer noch
schrecklich aufgeregt. »Sie sagt, Pjotr Iwanowitsch wollte sich
heute unbedingt das Fußballspiel ansehen. Er hat den Fernseher
mit im Wagen.«
»Was für ein Fußballspiel?« fragte Smolny
begriffsstutzig. Im gleichen Augenblick fiel ihm aber ein, daß
die ganze Station der Halbfinalbegegnung um den Weltpokal gespannt
entgegensah, die aus London über Kosmovision übertragen
wurde. Die zweite Halbzeit mußte bereits laufen.
Fußball interessierte den Chef der Station jetzt am
allerwenigsten. Im Moment beschäftigte ihn einzig und allein die
Frage, warum Tscherednitschenkos Raketogramm ausgeblieben war.
»Hören Sie selbst«, sagte der Sekretär.
Aus dem Lautsprecher kam zweihunderttausendstimmiges Geschrei. Der
Reporter drang kaum durch. Rotweiß gekleidete Spieler
stürmten auf das Tor der sowjetischen Mannschaft zu.
»… und nun ist der schnelle Mittelstürmer am Ball.
Seine exakten Abgaben sind immer sehr gefährlich. Und jetzt
umspielt er die Verteidigung, gleich wird er ein Tor schießen!
Gleich ist es passiert!«
Der Lautsprecher dröhnte. Smolny verzog das Gesicht. Der Ball flog hoch über die Latte in die Zuschauertribüne.
»Der Spielstand bleibt unverändert«, vernahm der
Professor schließlich. »Ich möchte die kurze
Spielpause benutzen, um die Zuschauer daran zu erinnern…«
Jäh riß die Stimme ab, eine kurze Stille trat ein. Dann war der Ton wieder da.
»Liebe Fernsehzuschauer!« sagte jemand. »Ich wende
mich in einer dringenden Angelegenheit an Sie. Wahrscheinlich sieht
sich auch Pjotr Iwanowitsch Fedossejew dieses Spiel an. Er wird von der
Luna-Station verlangt. Pjotr
Weitere Kostenlose Bücher