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Das Molekular-Café

Das Molekular-Café

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nicht
einmal für vierundzwanzig Stunden. Mironow durchzuckte der
Gedanke, daß eine Panne des anderen Geländewagens auch
für sie beide schicksalhaft werden könnte.
Aus dem mit einer dicken Bio-Schutzhülle abgeschirmten Heck
strömte die unbändige Kraft der Neutronenwirbel. Mit voller
Kapazität speiste der Kernreaktor die Triebwerke. Alle
energieschluckenden Apparaturen – Sender, Scheinwerfer,
Kabinenbeleuchtung und -heizung – waren ausgeschaltet. Schon seit
geraumer Zeit lag die Geschwindigkeit des
»Grashüpfers« an der obersten Grenze. Trotzdem reichte
sie nicht, den vom Elektronenrechner ausgeklügelten Fahrplan
wenigstens etwas zu unterbieten.
Tscherednitschenko überlegte. Mehr war aus dem Fahrzeug offenbar
nicht herauszuholen. Das riskante Wettrennen mit dem Tod hatte jeden
Sinn verloren, denn Lebedinskis Sauerstoff ging unweigerlich
dreißig Minuten vor ihrem Zusammentreffen zu Ende. Irgend etwas
mußte geschehen.
Das Geländefahrzeug besaß Triebwerke für schwerste
Bedingungen. Irgend so ein Schlaukopf hatte sie mit großen
Leistungsreserven projektiert. Tscherednitschenko wußte nur zu
gut, daß der Reaktor nicht mehr hergab, denn die Regelstäbe
hielten den Reaktorhaushalt genau in den vorgeschriebenen Grenzen.
Die Stäbe waren aber so weit angehoben, daß das
beabsichtigte Leistungsniveau längst erreicht war. Die einzige
Möglichkeit, noch etwas aus dem Reaktor herauszuholen, bestand
darin, sie ganz zu entfernen.
Tscherednitschenko hatte am Bau und an der Erprobung der ersten
»Grashüpfer« teilgenommen. Außer einer
Überhitzung konnte nicht allzuviel passieren, wenn man einen Teil
der Stäbe entfernte.
Er schloß seinen hermetischen Helm und öffnete die Tür zur Triebwerkkammer.
Als er, den Schweiß von der Stirn wischend, wieder in der
Fahrerkabine auftauchte, flackerten am Schaltpult mehrere rote
Warnlampen auf.
»Was haben Sie gemacht?« fuhr Mironow ihn an. »Wir können jeden Moment in die Luft fliegen!«
»Ich habe ein paar Regelstäbe rausgenommen«, sagte
Tscherednitschenkow und betätigte den Beschleunigungshebel.
Sofort erhöhte sich die Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Kurze Zeit
später erschien allerdings ein weiterer roter Punkt am Schaltpult.
Die Überhitzung des Reaktors hatte begonnen.
Zum ersten Mal in seinem Leben empfand Mironow Todesangst. Er hatte das
Gefühl, als verwandle sich das Geländefahrzeug
allmählich in eine entsicherte Bombe, die beim geringsten
Stoß explodiert. Ihm schien es, als flöge sie mit ihnen
durch die nachtschwarze Wand direkt in den Sternenhimmel hinein.
Die rettenden Kontrollautomaten waren ausgeschaltet, sonst hätten
sie sich längst in die Steuerung eingemischt. Der
Beschleunigungshebel, der weit hinter der Sperre lag, vibrierte unter
Mironows Fingern, als wollte er sich jeden Augenblick losreißen.
Plötzlich wurde Mironow von dem Wunsch übermannt, den Hebel
für den Bruchteil einer Sekunde loszureißen, damit sein
Magen wieder zur Ruhe kam und die Alarmsignale am Pult erlöschten.
Nur mit Mühe bezwang er sich. Der geringste Temporückgang
bedeutete Lebedinskis sicheren Tod, das wußte Mironow.
Er sah zur Uhr. Das Geländefahrzeug war knappe zwei Stunden
unterwegs. Noch sieben Stunden Höllenqual, dachte er. Das halte
ich nicht aus!
Er geriet in Wut über den endlosen Weg, über die
revoltierenden Roboter, über Tscherednitschenko, der sich hinten
auf dem Sitz lümmelte, als sei nichts geschehen, über die
eigene Ohnmacht und über die grausame Mondwelt, deren Erforschung
derartige Strapazen mit sich brachte. Und die Wut half ihm
durchzustehen.
Zum Glück war es inzwischen Zeit, das Raketogramm durchzugeben.
Tscherednitschenko setzte sich auf den Fahrersitz und nahm das Mikrofon
zur Hand. Mironow rang mit letzter Kraft die Magenkrämpfe nieder
und überprüfte die Geräte auf ihre
Funktionstüchtigkeit.
Auf dem Dach des Geländefahrzeugs wurden in kurzen Vertikalrohren
vier kleine Raketen mitgeführt. In einer diesen Raketen drehten
sich jetzt die Spulen eines winzigen Tonbands, dessen feiner Stahldraht
Tscherednitschenkos Worte aufnahm. Wenige Minuten später stieg die
Rakete in hundert Kilometer Höhe auf; dabei wurden die Antennen
ausgefahren und gerichtet. Auf dem Gipfelpunkt, wo die Krümmung
der Mondoberfläche die Station nicht mehr verbarg, gaben die
Bänder die gespeicherten Informationen an den Äther ab. Die
Instrumente der Station zeichneten das, Raketogramm auf genauso feinen
Stahldraht auf. Anschließend wurde es auf ein

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