Das Molekular-Café
gewöhnliches
Tonbandgerät übertragen, und die Information konnte
abgehört werden.
Von diesem Raketogramm hatte Smolny Lebedinski, wenige Minuten bevor die Funkverbindung abriß, unterrichtet.
Nach sechs Stunden führte die Straße hinauf in die Berge,
die das »Meer der Ruhe« von der Zentralbucht trennen.
Tscherednitschenko vertiefte sich in die Karte und überlegte.
Das vom Ballast befreite Fahrzeug kam in rasantem Tempo voran. Dennoch
reichte seine Geschwindigkeit nicht, um rechtzeitig bei Lebedinski zu
sein.
Es blieb eine letzte Chance. Tscherednitschenko hatte beim Bau der
Straße mitgearbeitet und kannte sich hier aus. Nach einigen
Kilometern machte die Straße, ehe sie ins Gebirge abbog, einen
scharfen Knick, den einzigen auf der Strecke. Seinerzeit war der
Vorschlag gemacht worden, diesen Umweg zu vermeiden. Beim Abstecken der
Trassen hatte Tscherednitschenko die gesamte Strecke abgefahren.
Später hatte man sich aber doch für die Umgehungsvariante
entschieden, obwohl ein Teil der geraden Strecke schon markiert worden
war.
Tscherednitschenko stoppte das Geländefahrzeug. Mironow ächzte.
»Was ist los?« fragte er in krächzendem Flüsterton.
»Es bleibt uns nichts weiter übrig, als den geraden Weg zu
nehmen, Oleg Nikolajewitsch. Sonst schaffen wir’s nicht«,
sagte Tscherednitschenko.
Die letzten Kilometer hatten Mironow endgültig zermürbt.
Kraftlos hing er in seinem Sessel. Er nahm sich mit aller Gewalt
zusammen, um Tscherednitschenko nicht an den Kragen zu gehen und dessen
Hände von der Schaltung zu reißen. Wäre nicht der
regelmäßig wiederkehrende Brechreiz gewesen, hätte
Mironow am Ende noch das Bewußtsein verloren.
Tscherednitschenko bemerkte sehr wohl den Zustand seines Kameraden, war
jedoch außerstande, ihm zu helfen. Dazu hätte er die
Geschwindigkeit verringern müssen. Das aber konnte er nicht. Die
verfluchte Schaukelei wirkte sich allmählich auch auf seinen
gestählten Organismus aus. Aber noch hielt er sich aufrecht.
Gleich zu Anfang der Fahrt hatte Tscherednitschenko Mironow am
Schaltpult abgelöst und den »Grashüpfer« allein
gesteuert.
Mironow war mit Tscherednitschenkos plötzlichem Entschluß
einverstanden, obwohl er wußte, was sie erwartete. Den
Paragraphen der Instruktion, der nächtliche Fahrten im Gebirge
streng untersagte, kannte er in- und auswendig. Aber im Augenblick
dachte er nicht an die bevorstehenden Gefahren, hielt sie sogar
für irreal. Er war zu jedem Risiko bereit, wenn nur die Schaukelei
bald aufhörte.
Riesige, glanzlose Sterne hingen über dem Fahrzeug.
Brillant-Staubwolken ballten sich über dem Weg zusammen. Die
Flügel majestätisch ausgebreitet, schwamm der Schwan im
Sternenmeer, den riesigen Smaragd des Deneb im Schnabel. Über dem
Geländefahrzeug hing der Erdball, eingehüllt im blauen Dunst
der Atmosphäre. Unter dem Fahrzeug tauchte mit einemmal eine
doppelte Feuerpunktlinie auf, machte einen scharfen Knick nach links
und verschwand hinter dem unsichtbaren, von Sternentüpfelchen
gezeichneten Horizont.
Tscherednitschenko langte zum Pult und schaltete die Scheinwerfer ein.
Sie warfen aber nur einzelne Lichtpunkte auf die Einöde.
»Alarmstufe eins. Helm runterlassen, anschnallen!« Tscherednitschenko blickte zur Uhr.
Das Geländefahrzeug ruckte an, walzte einen der nächsten
Markierungsstäbe nieder und verließ die Straße.
Zuerst ging alles verhältnismäßig gut, doch plötzlich war die Hölle los.
Der »Grashüpfer«, ein ideales Fahrzeug für die
Mondoberfläche, wurde von Gliederfüßen in
RaupenkettenPantoffeln ohne die geringste Schwierigkeit über alle
Unebenheiten des Bodens getragen. Dort, wo weder
Raupenketten-Geländewagen noch Kugelgleiter oder andere
Mondfahrzeuge durchkamen, bahnte sich der »Grashüpfer«
beinahe mühelos seinen Weg.
Doch jetzt hatte selbst dieser unverwüstliche Koloß zu
kämpfen. Seine Geschwindigkeit verringerte sich, die Sperrklinke
am Beschleunigungshebel mußte mit der Hand gehalten werden.
Tscherednitschenko ließ sich dadurch nicht beirren. Ihm ging es
einzig und allein darum, die Richtung einzuhalten.
Das blieb jedoch ein frommer Wunsch. Plötzlich bemerkte
Tscherednitschenko, daß das Steinchaos bedrohliche Ausmaße
annahm. Der hell leuchtende Deneb war zwar ein sicherer
Orientierungspunkt, dennoch schien der »Grashüpfer«
bei dem Zickzackkurs von der befahrbaren Route abgekommen zu sein. In
der absoluten Dunkelheit war nichts mehr zu erkennen. Lediglich vorn
klaffte in der Wand aus Finsternis ein
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