Das Molekular-Café
Gegenmittel in der Hand. Heute
nun, lieber Kollege, haben Sie die Arbeit an der Kyberoformica beendet.
Und ich bin wohl der letzte, der diese erstaunliche Techmin samt ihrer
ungeheuerlichen Perspektive nicht durchschaute! Eine gefährliche,
eine haarsträubende Erfindung! Es gehört nicht viel dazu,
sich auszumalen, was sie anzurichten imstande ist, wenn sie sich eines
Tages selbständig macht…«
Pištora zuckte zusammen.
»Soweit wird es nicht kommen, Herr Professor«, sagte er leise.
»Morgen übergeben wir sie dem CGIIGP, und in einer Woche
fliegt sie in den Kosmos, um bestimmte wissenschaftliche Aufgaben zu
erfüllen.«
»Noch schlimmer, in den Kosmos!« wandte Kracmer bitter ein.
»Gerade dort wird sie sich selbständig machen!«
»Das verstehe ich nicht…«
»Wieso? Das ist doch das Einfachste von der Welt. Die Dinger
haben volle Bewegungsfreiheit. Will’s der Teufel, kehren sie auf
eigne Faust zur Erde zurück, und dann… Na, das haben Sie
mit Ihrem Gewissen abzumachen! Aber unter uns gesagt, wenn morgen die
Kommission des CGIIGP an der Kyberoformica ernste Mängel entdecken
und die Abnahme verweigern sollte, würde ich niemanden zur
Verantwortung ziehen. Mehr noch, ich würde mich bemühen, die
Kommission und unseren Wissenschaftlichen Rat davon zu überzeugen,
daß die Kyberoformica nach dem vorliegenden Projekt nicht zu
realisieren ist…«
»Aber Herr Professor!«
»Das ist meinerseits alles, lieber Kollege.«
Sprach’s, stand auf und empfahl sich mit einer zeremoniellen Verbeugung.
Mini ist Trumpf
Hier muß gesagt werden, was das ist, so eine
Techmin. Es ist die Abkürzung von »Technische
Miniatur«. Die von uns beschriebene Zeit war eine Zeit
regelrechter Begeisterung für Minitechnik. Täglich kamen neue
winzige Geräte auf, und ihre Konstrukteure rissen sich fast ein
Bein aus, um einander zu überbieten. Niemand wunderte sich mehr
über Radioapparate von der Größe eines
Stecknadelkopfes, über Filmkameras und Fotoapparate, die man
unterm Fingernagel verstecken konnte, oder über
Magnettongeräte, die in einem Knopfloch Platz hatten.
Die praktische Anwendung der technischen Miniaturen oder
Techmine, wie man sie bald nannte, war mit großen Unannehmlichkeiten verbunden. Man verlor sie andauernd.
Leute mit Verstand schlugen die Hände überm Kopf zusammen.
»Was soll der Unsinn? Der Mensch ist so gebaut, daß er
greifbare Gegenstände benötigt. Sagen Sie um Himmels willen,
wozu einen Schweißapparat konstruieren, den allenfalls ein
Marienkäfer zu benutzen imstande wäre?«
Doch die Erfinder der Techmine wollten von solchen Bedenken nichts
wissen. Sie hatten tausend Rechtfertigungsgründe zur Hand.
Mal arbeiteten sie auf dem Sektor Medizin und produzierten Geräte,
die sich in Gelatineoblaten verschlucken ließen, mal wandten sie
sich der Kosmonautik zu, um Ausrüstungen für winzige
Raumforschungsraketen zu entwickeln, dann wieder stellten sie sich in
den Dienst der Kriminalistik.
Was denkt sich der findige Menschengeist nicht alles aus!
Na, und ein Hitzkopf kam eben auch auf die Idee, ein mechanisches
Insekt herzustellen, konstruiert nach dem Prinzip vollkommener
kybernetischer Maschinen – sich selbst programmierend, sich
selbst steuernd, sich selbst vervollkommnend, sich selbst aufladend und
was nicht noch alles selbst vollbringend. Die Wahl fiel auf eine Ameise
aus der Unterfamilie der Darylinae, die zur Art der Polyergus
gehört. Die Ehre, diese geniale Idee zu realisieren, hatte der
wissenschaftliche Mitarbeiter des PITM (Prager Institut für
technische Miniaturen), Doktor der techminischen Wissenschaften Zdenek
Pištora.
Delikt aus Liebe
Warum aber war Zdenek Pištora angesichts
seines Chefs von einer so merkwürdigen Aufregung befallen worden?
Das ist weiter kein Geheimnis. Der Schöpfer der Kyberoformica war
verliebt und wollte vor seiner Braut mit der soeben fertiggestellten
Techmin brillieren. Mit anderen Worten, er wollte ihr zeigen, was
für ein As er war, er, Zdenek Pištora.
Um die Wahrheit zu sagen, Danka war ohnehin
überzeugt, ihr bebrillter, lang aufgeschossener Techminist sei der
tüchtigste aller Männer. Aber Pištora hatte
ständig den Eindruck, daß sich ihre Überzeugung noch
nicht genügend gefestigt habe. Deshalb hatte er sich in den Kopf
gesetzt, ihr seine wunderbare mikroskopische Schöpfung
vorzuführen.
Danka in das Allerheiligste des PITM zu schmuggeln
war völlig undenkbar. Viel einfacher war es, die kleine
Kyberoformica für eine Nacht aus dem Institut
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