Das Molekular-Café
einem
aktiv wirkenden Zentrum wieder in einen passiven Speicher verschiedener
voneinander isolierter Nachrichtenelemente verwandeln.
Bei der verhältnismäßig kleinen Gehirnmasse der
Arbeitsroboter war das auch so. Im großen Kristallgehirn
entstanden jedoch uns bekannte Verbindungen, so daß es die
Fähigkeit errang, alle irgendwann einmal ausgeführten
Programme zu speichern. Die Aufzeichnungen waren sehr schwach. Unsere
Instrumente registrierten sie nur, weil wir wußten, was wir
suchten. Unter normalen Bedingungen können sich diese
›zusätzlich‹ gespeicherten Informationen nicht auf
die Funktion der Automaten auswirken. Dennoch muß man zugeben,
daß die Speicherkapazität des Kristallhirns nicht unseren
Berechnungen entspricht, sondern um ein mehrfaches größer
ist.
Hätte Lebedinski nicht vor der Sonneneruption das Programm
herausgenommen, wären wir nie auf diese unerwarteten Vorgänge
im Kristallhirn gestoßen. Die durch ein Programm aus den
Gedächtnisspeichern abgerufenen Signale sind so stark, daß
sie die schwachen Signale von den zusätzlichen Informationen vollständig überdecken. Da das Programm aber herausgenommen war, löste der starke Radiationsstrom
der Sonneneruption die gleiche Wirkung auf das Kristallhirn aus wie der
elektrische Strom bei den Versuchen von Jasper und Penfield auf das
Gehirn ihrer Patienten. Die alten Programmaufzeichnungen
übernahmen die Funktion echter Programme. Und nur die
Einführung des wirklichen Programms beendete im konkreten Fall das
Chaos.
Jetzt erscheint alles klar und einleuchtend, doch
als ich von der Meuterei erfuhr, ahnte ich noch nicht, daß der
Grund dafür das fehlende Programm sein konnte. Zuerst hielt ich
das Ganze für eine gewöhnliche Panne. Erst als Lebedinski
meldete, die Roboter seien dabei, ein Radioteleskop zu errichten, kam
ich darauf.
Es gibt ein Projekt, eine Reihe von Untersuchungen
auf der Venus nur mit Robotern durchzuführen. So sollen
mögliche Opfer eines Angriffs von Flugechsen vermieden werden. Um
von den Robotern durch die dichte Ionosphäre der Venus
Informationen erhalten und ihre Tätigkeit kontrollieren zu
können, ist die Errichtung von neuartigen VenusObservatorien
vorgesehen, die die Verbindung zur Erde und den Satelliten
ermöglichen. Kurz vor dem Abtransport der Roboter auf den Mond
wurden in der Wüste Gobi entsprechende Versuche gemacht. Irgend so
ein Neunmalkluger ließ die Roboter dort Baumaterial beschaffen.
In der Überzeugung, daß auf der Venus keine Menschen
existieren, blockierte er kurzerhand die Sicherungsketten zum Schutze
der Menschen. Ich habe erst davon erfahren, als es zu spät war.
Bei meiner Ankunft hatten die Roboter schon eine geologische Expedition
in die Flucht geschlagen und einen Bohrturm demontiert. Viel hätte
nicht gefehlt, und die Geologen hätten mich auseinandergenommen.
Aber alles hat eben zwei Seiten. Diese Geschichte
wird uns die Möglichkeit geben, die Speicherkapazität des
Kristallhirns vorerst um das Hundertfache zu erhöhen – und
das bei unverändertem Lichtraumprofil. Sollten sich meine
Vermutungen als richtig erweisen, so kann Ihr gewichtiges
›Nilpferd‹ bald von einem winzigen
›Mäuschen‹ abgelöst werden. Rechenautomaten
werden sich in der Tasche unterbringen lassen. Jeder Student kann eine
ganze Bibliothek mit ins Examen nehmen. In drei, vier Jahren, denke
ich, haben wir das Problem gelöst. Übrigens wollte ich Sie
noch konsultieren. Was halten Sie davon, wenn wir die hier entdeckte
Erscheinung ›Lebedinski-Effekt‹ nennen?«
Fedossejews Abflug war zur Mondmitternacht
anberaumt worden. Eine Stunde vor dem Start der »Rubin«
traf »Grashüpfer 3« auf der Basis ein, und Fedossejew
lernte endlich Stepan Tscherednitschenko kennen.
»Mironow konnte leider nicht
mitkommen«, erklärte Professor Smolny dem Gast. »Unser
Arzt meint, seine Blutergüsse und Schrammen müßten im
Krankenhaus behandelt werden. Er erlaubt Mironow nicht, die Station zu
verlassen. Dafür ist Tscherednitschenko gesund und
munter…«
Es ging auf Mitternacht zu. Für Fedossejew
wurde es Zeit abzufliegen. Neben der startbereiten »Rubin«
verabschiedete er sich von den »Männern im Mond«.
Achtundvierzig Stunden im Skaphander mit nur kurzen Ruhepausen in der
engen Kuppel hatten ihn sehr mitgenommen, und er wünschte sich nur
eins: endlich mal wieder richtig schlafen.
Er stieg zum Mondschiff empor und drehte sich an der Luke noch einmal um.
Unten standen die Männer in ihren Raumanzügen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher