Das Mond-Monster
hin. Das Monster besaß den Körper eines Menschen, das stand fest. Nur wollte er es nicht als einen normalen Menschen einstufen. Es war ebenso wenig ein völlig normaler Mensch wie er. Mike konnte sich vorstellen, dass es ebenfalls eine zwitterartige Existenz hatte, zur Hälfte Mensch war und zur anderen…?
Da verließen ihn seine Gedanken. Da kam er zu keinem klaren Resultat mehr.
Das Mond-Monster war mehr als ein Mensch. Nur eben im negativen Sinne. Es holte sich seine Opfer und er, Derek, wusste nicht, was es mit ihnen anstellte. Ob die verschwundenen Frauen tot waren und als Leichen in irgendwelchen geheimnisvollen Verstecken vermoderten, war ihm unklar. Es hätte so sein können oder müssen. Seltsamerweise wollte er daran nicht so recht glauben. Er konnte sich gut vorstellen, dass etwas anderes dahinter steckte und dass die Verschwundenen sogar noch lebten.
Und über ein zweites Problem dachte er nach. Es war die Verbindung zwischen ihm, dem Halbvampir, und dem Monster.
Auf der einen Seite hasste er die Gestalt mit der Sichel-, auf der anderen fühlte er sich irgendwie von ihr auch angezogen. Als wäre sie ein Planet mit einem magnetischen Feld, das auf Grund seiner Stärke andere wieder anzog.
Für Mike war es ein verrückter Gedanke, denn Gegensätze stießen sich ab. Dass er jedoch diese ungewöhnliche Affinität zu dem Mond-Monster verspürte, musste einen anderen Grund haben, der sehr tief verborgen lag und den er unbedingt herausfinden wollte. Das hieß: Im Prinzip waren sie zwar unterschiedlich, sich aber trotzdem nicht so fremd, und genau das bereitete ihm Probleme.
Ich bin ein Halbvampir, dachte er. War die andere Gestalt dann ein halbes Mond-Monster?
Er hätte darüber gelacht, wenn es ihn nicht persönlich betroffen hätte. Vielleicht hatte der andere diese Verwandtschaft ja auch bemerkt und deshalb nicht tödlich zugeschlagen, obwohl die Chance vorhanden gewesen wäre.
Genau über dieses Problem dachte Mike intensiv nach und in seinem Kopf drehten sich die Gedanken immer wieder im Kreis, um dann an diesem einen Punkt hängen zu bleiben.
Derek wollte zu einem Ergebnis gelangen, das auch ihn befriedigte, das allerdings dauerte seine Zeit. Durch normale Logik schaffte er es nicht. Es gab nur eine Lösung, um die nötige Sicherheit zu erlangen. Es musste wieder zu einem Treffen zwischen ihm und dem Mond-Monster kommen. Der volle Mond stand noch einige Nächte am Himmel. Bis zu seinem Verschwinden musste Mike es geschafft haben und die Lösung kennen.
Er ging davon aus, dass sich das Mond-Monster tagsüber versteckt hielt, und zwar dort, wo sich auch die entführten Frauen befanden, falls sie noch lebten. Damit rechnete er sogar. Es hatte keinen Grund für ihn gegeben, auf diese Lösung zu kommen, sie war ihm einfach eingefallen, als die Ereignisse der letzten Nacht noch einmal vor seinem geistigen Auge abgelaufen waren.
Auf der einen Seite gab es ihn, auf der anderen das Wesen mit dem Lichtschädel. Und irgendwo trafen sich die beiden, denn da existierte eine gemeinsame Basis.
Er wusste auch jetzt nicht, ob er es hassen sollte. Vor dem Zusammentreffen war das der Fall gewesen. Nun lagen die Dinge anders. Da war der Hass der Neugierde gewichen.
Ein weiterer Gedanke machte ihm ebenfalls zu schaffen. In der Nacht war das Mond-Monster wieder unterwegs gewesen. Sicherlich nicht zu einem Spaziergang im pudrigen Silberlicht des Erdtrabanten. Dahinter steckte ein Motiv. Mike konnte sich gut vorstellen, dass dieses Mond-Monster wieder unterwegs gewesen war, um ein neues Opfer zu suchen und auch zu finden. Wenn abermals eine Frau verschwand, würde es wieder Ärger und Stress geben. Dann fielen die Bullen ein. Alles, was man schon kannte, würde wieder von vom beginnen, und genau diese Zeiten hasste er, denn sie brachten auch in sein Leben verdammt viel Unruhe, die er auf keinen Fall gebrauchen konnte.
Er war ein Außenseiter. Sie würden ihn wieder fragen. Sie trauten ihm nicht. Wer sich so kleidete und zudem noch mit einem als Leichenwagen umgebauten Oldtimer durch die Gegend fuhr, der konnte einfach nicht normal im Kopf sein. Mike erinnerte sich noch sehr gut an die Verhöre, zu denen er geladen worden war. Sie waren durch die Bank weg alles andere als ein Spaß gewesen.
Er überlegte, was er tun sollte.
Im Prinzip konnte er nichts unternehmen. Er würde abwarten müssen. Zunächst bis zum Einbruch der Dunkelheit, und erst dann würde er weitersehen und seine nächsten Schritte unternehmen.
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