Das Mond-Monster
war nicht der perfekte Plan, aber mir fiel auch kein besserer ein.
Vier Kinder und zwei Jugendliche waren noch vor mir an der Kasse. Die beiden Älteren versuchten, den Kindern schon jetzt Angst zu machen, doch die pfiffen ihnen was und lachten sie aus.
Im Kassenhaus saß eine Frau, die mit ihrer Körpergröße das Ding fast vollständig ausfüllte. Da ich als Erwachsener eine Karte löste, musste ich etwas mehr bezahlen. Ich hatte nur einen größeren Schein parat. Als sie mir das Wechselgeld herausgeben wollte, sprach ich sie an. »Eine kleine Auskunft, bitte.«
»Bin ich nicht für zuständig.«
»Sie können das Wechselgeld behalten.«
In ihren Augen funkelte es. »Was wollen Sie denn wissen?«
»Es geht um einen Kunden. Es kann sein, dass er hier bei Ihnen eine Karte gekauft hat.« Ich beschrieb ihn und brauchte meinen Spruch nicht mal bis zum Ende aufzusagen, denn die Frau an der Kasse nickte schon vorher.
»Klar, den habe ich gesehen.«
»Super. Wo denn?«
»Der hat ebenfalls eine Karte für die Fahrt gelöst.«
»Wann war das?«
»Keine Ahnung, Mister. Wenn Sie hier sitzen, verlieren Sie den Begriff für Zeit.«
»Er ist aber nicht mehr in der Bahn – oder?«
»Nein, nein. Diese Fahrt müsste schon vorbei sein. Das kann ich noch überblicken.«
»Danke sehr.« Ich verzog mich, denn die Schlange hinter mir war schon recht lang geworden.
Ein junger Mann mit grauem Gesicht, der aussah, als hätte er zu lange im Innern der Geisterbahn gearbeitet, nahm mir den Chip ab und grinste mich an, als der kleine Wagen mit seiner Schnauze gegen das zweiflügelige Tor stieß und die beiden Hälften nach innen drückte. Wenig später hatte mich der finstere Bereich der Geisterbahn verschluckt…
***
Als Erstes zog ich die Kette über meinen Kopf und holte das Kreuz hervor. Wäre alles hier echt gewesen, dann hätte es sich auch »gemeldet«, und das schon bei den fliegenden Köpfen, die auf mich zuschwebten, als hätten sie einen gewaltigen Tritt bekommen. So huschten sie als grünlich-leuchtende, fratzenhafte Schrumpfschädel mit blutigen Augen über mich hinweg.
Der hier künstlich erzeugte Schrecken interessierte mich nicht. Ich wollte den echten Schrecken herausfinden, denn ich hatte nicht vergessen, wie panisch dieser Mike allein auf mich reagiert hatte. Er musste gespürt haben, dass ich etwas Besonderes bei mir trug. Eine andere Erklärung gab es für mich nicht.
Aber er war nicht das Mond-Monster. Davon ging ich auch aus. Da konnte mir jemand sagen, was er wollte.
Nur – wer war er dann?
Auch ein Schwarzblüter? Oder einer, der in einem direkten Zusammenhang mit ihm stand?
Es war alles möglich, und wenn es stimmte, dann hatten wir es hier mit zwei schwarzmagischen Phänomenen zu tun. In diese Richtung jedenfalls bewegte ich mich gedanklich.
Die Köpfe waren verschwunden. Etwas anderes würde mich erschrecken und ich bewegte meine Augen ständig von einer Seite zur anderen, während ich recht starr in meiner kleinen Gondel sitzen blieb.
Natürlich kam das Skelett. Ein grelles Licht platzte zu beiden Seiten auf. Die Knöchernen standen da und grinsten mich mit ihren Totenschädeln an.
In diese Nischen hatte sich Mike bestimmt nicht hineingedrückt. Auch das offen auf meiner linken Handfläche liegende Kreuz zeigte keine Reaktion.
Die Dunkelheit fiel wieder über meiner Gondel zusammen. Sie blieb aber nicht lange, denn vor mir sah ich plötzlich die ersten Nebelschwaden, in die ein geisterhaftes grünliches Licht hineinfloss. Totenlicht, in dem auch die Toten in dieser nebligen Wand erschienen. Wahrscheinlich sollten sie Zombies darstellen, die ihre Gräber verlassen hatten. Vier davon schwebten als halb verweste Gestalten auf mich zu. Sie heulten, jammerten, streckten die verfaulten Hände nach mir aus und huschten, bevor es zu einer Berührung kam, in die Höhe.
Ich rollte durch die letzten kühlen Kunstnebelreste weiter und hörte bald unter mir ein Rattern. Das war bekannt und auch jetzt merkte ich an meinem Kreuz keine Reaktion.
Weiter ging die Fahrt.
Diesmal in Schlangenlinien. Mal rechts, mal links, das alles recht heftig, sodass ich auf meinem Sitz durchgeschüttelt wurde und immer dann, wenn ich in eine bestimmte Richtung gedrängt wurde, eine der Schreckensgestalten vor mir auftauchte.
Mal ein Vampir mit blutigem Maul. Dann ein Werwolf. Auch Frankenstein war vertreten. Ein Monster aus dem Sumpf. Das Phantom der Oper durfte ebenso wenig fehlen wie eine bösartige Hexe, die immer
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