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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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beschäftigt. Sie wurden schon vor Jahren gefeuert. Ohne Nachtwächter hat die Geschäftsleitung eine Zeitlang mit dem Gedanken gespielt, ihr Sicherheitssystem zu modernisieren und durch Bewegungsmelder zu ergänzen, aber am Ende wäre das eine weitere Ausgabe gewesen, die sie in diesem neuerdings vom Downsizing geprägten Amerika nicht hätten rechtfertigen k ö nnen.
    Bis das Kaufhaus am Montagmorgen wieder öffnet, können sich Crispin und Harley auf den vier Verkaufsetagen frei bewegen, ohne einen Alarm auszulösen. Wenn Broderick’s geschlossen ist, machen nur noch die Sicherheitskameras Aufzeichnungen, die auf Türen und Fenster gerichtet sind, die sich öffnen lassen. Folglich wird niemand erfahren, dass sie hier gewesen sind.
    Trotz der hohen Stromrechnung bleiben die Lichter in den Gängen im Erdgeschoss die ganze Nacht über an. Die Polizei kommt während jeder Schicht ein paarmal vorbei, um durch die Schaufenster zu spähen und sich zu vergewissern, dass die Alarmanlage nicht kurzgeschlossen wurde und im Ladeninneren keine bösen Jungs Amok laufen.
    Crispin löst die Leine von Harleys Halsband und sie verlassen den Vertriebsraum. Sie nehmen den Kundenaufzug in den dritten Stock.
    Hier oben sind drei Abteilungen untergebracht – Küchen utensilien, Möbel und die Bettenabteilung – und außerdem Eleanor’s, ein Restaurant, das nach der Ehefrau des Gründers dieses Kaufhauses benannt worden ist. Eleanor’s ist mehr als ein Coffeeshop, aber weniger als ein feines Restaurant für den Abend. Es ist sechs Tage in der Woche geöffnet und bei den Damen die auswärts Mittag essen ebenso beliebt wie bei denen, die am späten Nachmittag Tee und Gebäck zu schätzen wissen. Abendessen wird hier nicht serviert – oder zumindest weiß die Geschäftsleitung nichts davon.
    Das Restaurant liegt links von den Aufzügen für die Kundschaft . Die beiden Türen mit dem facettierten Glas, die geschlossen und abgesperrt sein sollten, stehen offen.
    Hinter dem Pult der Empfangsdame ist das Restaurant schwach beleuchtet, denn der Widerschein der Großstadt fällt durch die hohen Fenster nach Westen. Hinter den Tischen flackern in einer der abgeteilten Sitzgruppen freundlich ein paar Kerzen in roten Gefäßen.
    Crispin wird erwartet. Er hat sein Einweghandy benutzt, um vorher anzurufen und nachzufragen, ob er eventuell für zwei Nächte willkommen ist. Das Telefon hat von Anfang an eine begrenzte Sprechzeit, aber das bereitet ihm keine Sorgen. Die einzige Nummer, die er jemals anruft, ist ihre.
    Neben dem Pult der Empfangsdame steht in der offenen Tür das Phantom von Broderick’s.

8
    26. Juli, in der Nacht des Gedenktags für die Heiligen Anna und Joachim, vor drei Jahren und vier Monaten …
    Der neunjährige Crispin wird im leeren Ankleidezimmer seiner Schwester von einer durchdringenden Furcht gepackt, nicht Furcht um sich selbst – noch nicht –, sondern um Mirabell.
    Crispin, hilf mir!
    Er hört die Stimme nicht noch einmal, aber er erinnert sich deutlich an sie.
    Hier stimmt etwas nicht, etwas Schreckliches ist passiert, und es lässt sich nicht durch einen von Mr. Mordreds Scherzen oder durch einen Kuss von Nanny Sayo wieder in Ordnung bringen.
    Bei dem Gedanken an das Kindermädchen hat er plötzlich den intensiven Geschmack von Zitronenbonbons im Mund. Eine unglaubliche Flut von Speichel zwingt ihn, einmal, zweimal, dreimal zu schlucken, aber trotzdem ent kommt ihm ein Spuckefaden und läuft an seinem Kinn hinunter. Er wischt ihn mit dem Ärmel seiner Schlafanzugjacke weg.
    Sie leben jetzt seit sechs Wochen in Theron Hall und plötzlich scheinen diese Tage vorwiegend in einem Dämmerzustand vergangen zu sein. Im Rückblick hat er nur vage Erinnerungen daran, was sich an welchem Tag abgespielt hat, als hätte die Zeit in diesem Haus keine unumstößliche Bedeutung.
    Sie sind nach Lust und Laune ins Bett gegangen und aufgestanden. Sie haben nur gegessen, was ihnen schmeckt. Jedes Spielzeug, das sie haben wollten, – und viele Sachen, um die sie nie gebeten haben –, sind für sie angeschafft worden. Sie wurden eher unterhalten als unterrichtet und ihr Lehrer mit dem Muttermal in Form einer Pferdebremse hat stets Nachsicht mit ihnen gezeigt, immer Vorwände für ihre Faulheit gefunden und sie sogar darin bestärkt. Sie haben das Haus nie verlassen. In ihren drei getrennten Zimmern werden sie allmählich voneinander isoliert, so wie man sie bereits von der Außenwelt isoliert hat.
    All das ist nicht so, wie es

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