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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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ihrer Angehörigen besudelt schaltet er ihre Nachttischlampe an und weckt sie mit der gespenstisch zärtlichen Bitte, ein Kleid anzuziehen, das er eigens für sie gekauft hat. Ein züchtiges wadenlanges Kleid mit einem Bubikragen. Und außerdem ein Paar weiße Knöchelsöckchen, Sportschuhe aus hellem Leder und eine Spitzenmantilla.
    Sie begreift, ohne es gesagt zu bekommen, dass sie diese Sachen anziehen soll, damit er sie ihr vom Leib reißen kann.
    Sie zittert vor Verzweiflung und Entsetzen, während sie tut, was er verlangt; dazu gehört auch, dass sie sich in ihrem kleinen Ankleidezimmer umzieht, um sicherzustellen, dass seine Vorfreude nicht geschmälert wird, indem er sie vor dem Moment, wenn er sie gewaltsam entkleidet, nackt sieht.
    Da sie ein praktisch veranlagtes Mädchen ist, das seine Kleidung selbst flickt, bewahrt sie in einer Schublade Nähzeug auf. Als sie sich ihm in der von ihm gewünschten Aufmachung präsentiert, überrascht sie ihn mit einer Schere.
    Die Wunde, die sie ihm zufügt, ist bei Weitem nicht tödlich, doch er wankt und fällt hin und gibt ihr damit Gelegenheit fortzulaufen. Angezogen wie zum Kirchgang, gefolgt von einer Tanzveranstaltung im Gemeindehaus, ent kommt sie und nimmt dabei noch wahr, dass er sich auf die Füße zieht und flucht.
    Ohne das, was passiert, als sie die Schere in den Leib des Mörder s rammt, würde sie laut in die Nacht hinausschreien und Hilfe bei Nachbarn suchen. Aber in dem Moment, als sie und der Psychopath durch Blut und Stahl miteinander verbunden sind, hat sie eine Vision: Sie ist vielleicht ein Jahr älter und hält sich in einem Haus auf, das ihrer Tante und ihrem Onkel gehört; beide liegen am Boden und ihre Gesichter sind von Kugeln entstellt. Sie sieht auch sich selbst in dem Blutbad knien und um ihr Leben flehen, während derselbe Irre ihr ein frisches Kostüm reicht, das sie anziehen soll.
    Ihr Kopf und ihr Herz wissen, dass diese Vorahnung sich bewahrheiten wird, dass die Polizei ihn nicht schnappen wird, dass es ihr Tod und der Tod weiterer Menschen, die sie liebt, sein wird, wenn sie weiterhin Daisy Jean Sims ist.
    Die Mantilla weht von ihrem Kopf, als sie die Stufen der Veranda vor dem Haus hinunterrast und das Letzte tut, was der Mörder erwarten wird: Sie rennt nicht von dem Haus fort, sondern stattdessen um das Haus herum. Gelegentlich setzt sich ihr Vater auf die Veranda hinter dem Haus, um vor dem Schlafengehen ein Bier zu trinken. Er ist kein großer Trinker, und wenn er zwei Biere trinkt, vergisst er manchmal, die Tür abzuschließen, bevor er sich für die Nacht zurückzieht. Natürlich ist die Tür unverschlossen und nur angelehnt, was einen Hinweis darauf gibt, dass der Mörder auf diesem Weg ins Haus gelangt ist.
    Sie durchquert die Küche und wirft einen wachsamen Blick in den Flur. Am anderen Ende des Hauses geht der Psychopath durch die vordere Haustür hinaus.
    Jetzt stellt sie ihre unvergleichliche Courage unter Beweis. Zitternd vor Entsetzen und mit vor Kummer gebrochenem Herzen macht sie sich auf den Weg ins Schlafzimmer ihrer Eltern, wo sie in Gesellschaft der geliebten Toten die Brieftasche ihres Vaters und die Handtasche ihrer Mutter aufstöbert und das darin enthaltene Geld herausnimmt. Wie viele Leute in diesen ungewissen Zeiten haben auch ihre Eltern ein paar Goldmünzen gekauft, die unter dem doppelten Boden einer Schreibtischschublade im Arbeitszimmer aufbewahrt werden. Sie nimmt auch diese acht kanadischen Maple Leafs an sich und kehrt dann in ihr eigenes Schlafzimmer zurück.
    Entweder sie ist halb wahnsinnig und durch ihre Seelenqualen waghalsig geworden, sodass sie nicht klar denken kann, oder sie denkt klarer als jemals zuvor. Lange Zeit wird sie nicht wissen, was von beidem wahr ist.
    Sie legt die Münzen und den größten Teil des Geldes in einen kleinen Koffer und packt schnell Jeans und Pullover ein. Da ihr reinweißes und altmodisches Outfit Aufmerksamkeit auf sie lenken könnte, schlüpft sie in einen Regenmantel. Sie trägt den Koffer in der linken Hand und bringt die Kraft auf, sich zu bücken und mit der rechten Hand die blutige Schere aufzuheben und sie für den Fall bereitzuhalten, dass der Killer so unklug sein sollte, sich noch in der Nähe herumzutreiben.
    Sie verlässt das Haus durch die Hintertür, überquert den langen Hof hinter dem Haus und eilt an der Garage vorbei und durch ein Tor in eine schmale Gasse.
    Der Mond ist in jener Nacht eine Sichel und scheint so scharf zu sein wie das

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