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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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bereit, alle möglichen Ausnahmen zu machen.«
    Nachdem Aralu gegangen ist, starrt Crispin eine Zeitlang sein Abendessen an: scharfe Hotdogs mit Käse und Chili und Pommes frites. Er wird nie wieder einen Bissen von einer Mahlzeit essen, die in Theron Hall zubereitet worden ist.
    In Erwartung eines Besuchs von Nanny Sayo verbirgt Crispin ein ganzes Hotdog und ein abgerissenes Stück von dem anderen sowie eine Handvoll Pommes frites in einer Schublade des Sideboards, zwischen zusammengefalteten Tischdecken. Er kehrt zu seinem Platz zurück und wischt die verschmierte Hand an seiner Serviette ab.
    Kurz darauf erscheint Nanny. Sie hat sich bereits zum Schlafengehen fertig gemacht und trägt einen schwarzen Sei denschlafanzug und einen Morgenmantel aus roter Seide.
    Er hält das Buch als Requisit in seiner rechten Hand und tut so, als hätte er beim Essen eine Pause eingelegt, weil ihn die Lektüre fesselt.
    »Mein Süßer, dir wird schlecht werden, wenn du so schnell isst.«
    »Ich bin total ausgehungert, und es schmeckt wirklich gut«, sagt er und hofft, dass sie keinen Verdacht schöpft.
    Sie zieht den Stuhl neben seinem heraus, dreht ihn zur Seite und setzt sich ihm gegenüber. »Wovon handelt das Buch?«
    Seine Augen lösen sich keinen Moment von der Seite, als er sagt: »Piraten.«
    »Spannend, was?«
    »Ja. Schwertkämpfe und solches Zeug.«
    Sie legt ihre rechte Hand auf seinen rechten Arm. »Ich liebe gute Geschichten. Und für einen Jungen deines Alters kannst du schon so gut lesen. Vielleicht könnten wir uns im Bett zusammenkuscheln, unter der Decke, nur wir beide, und du könntest mir vorlesen. Wäre das nicht schön?«
    Sie ist nie zu ihm unter die Decke gekrochen. Er weiß nicht, ob sie das ernst meint, und er weiß auch nicht, warum sie es vorschlägt und was er dazu sagen sollte.
    Er sieht ihr in die Augen, die groß und schwarz und hübsch sind. Ihr Blick ist so scharf, dass er fast glaubt, sie könne jede Lüge durchschauen und die Wahrheit sehen, die er vor ihr verbirgt.
    Trotzdem sagt er: »Das wäre cool. Aber vielleicht könntest du mir vorlesen. Ich fühle mich irgendwie schläfrig.«
    »Ach ja, mein Süßer?«, fragt sie. »So früh schon?«
    Er hält ein unechtes Gähnen zurück. »Ja. Ich bin wirklich total kaputt.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagt Nanny Sayo mit einem Blick auf seinen Teller. Sie sieht ihm wieder in die Augen und ihre rechte Hand massiert jetzt zärtlich seinen Arm. »Vielleicht kannst du mir morgen Abend etwas vorlesen. Nanny ist nämlich auch müde.«
    Sie lügt. Crispin staunt darüber, wie offensichtlich es für ihn ist, dass sie lügt. Er ist kein Schlafwandler mehr. Er ist wachsam. Sie ist auch kein bisschen müde. Sie ist aufgeregt und schafft es kaum, ihre Aufregung im Zaum zu halten.
    Mehr als zwei Monate sind seit dem 26. Juli vergangen, dem Tag, an dem sie Mirabell nachts in den Keller hinuntergebracht haben. Sie sind begierig auf Harley. Und sie glauben, Crispin bekämen sie auch, schon in fünf Tagen, am Festtag des heiligen Franz von Assisi.
    Vielleicht ist ihr nicht bewusst, was sie tut, aber Nanny Sayo rutscht ein wenig auf ihrem Stuhl herum, wie ein kleines Mädchen, das es kaum abwarten kann, vom Tisch aufzustehen.
    »Morgen Abend lese ich dir etwas vor«, sagt Crispin. »Ich werde dich in den Schlaf lesen.«
    »Das wird bestimmt schön«, sagt Nanny. »Meinst du nicht auch, dass das schön wird?«
    »Klar. Sehr schön sogar.« Und dann sagt er, ohne zu wissen, was er damit meint, aber ihm ist trotzdem bewusst, dass es der richtige Vorschlag ist: »Nur wir beide. Und wir brauchen ja niemandem etwas davon zu sagen.«
    Ihr Blick scheint ihn zu durchbohren und aus seinem Hinterkopf wieder auszutreten. Schließlich flüstert sie: »Du hast recht, mein Süßer. Wir brauchen niemandem etwas davon zu sagen.«
    »Okay«, sagt er.
    Sie beugt sich vor, bis ihr Gesicht nur noch wenige Zenti meter von seinem entfernt ist. »Gib Nanny einen Gutenachtkuss.«
    Obwohl er sie bisher immer auf die Wange geküsst hat, weiß er intuitiv, was er tun muss, um sich ihres Vertrauens zu versichern. Er beugt sich vor und küsst sie unbeholfen mitten auf den Mund.
    »Schlaf gut, kleiner Mann«, flüstert sie.
    »Du auch.«
    Ein paar Minuten, nachdem Nanny Sayo gegangen ist, kippt Crispin den Rest seines Abendessens zwischen die gefalteten Tischdecken im Sideboard.
    In seinem Zimmer hat eines der Hausmädchen die Bettdecke früher als sonst zurückgeschlagen.
    Mit zusätzlichen

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