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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Harmonie und strebt nach ihr.
    Eine Zeitlang stehen sie stumm da, dann sagt Amity: »Das scheint ein Zeichen zu sein, meinst du nicht auch?«
    Crispin gibt ihr keine Antwort.
    »So was hat es in diesem Kaufhaus noch nie gegeben.«
    Er bewahrt weiterhin Schweigen.
    »Die drei Katzen, die du in dieser anderen Miniatur gesehen hast, könnten noch da sein.«
    »Zwei Katzen. Mein Bruder war derjenige, der gesagt hat, er hätte drei gesehen, aber in dem echten Haus, nicht in dem Modell. Und überhaupt sind sie von der Fensterbank geflohen, als ich durch die Scheibe hineingeschaut habe. Ich habe diese Katzen nie mehr gesehen.«
    »Das war an deinem letzten Tag in Theron Hall. Du hattest nie Gelegenheit, sie wiederzusehen.«
    »Ich habe nicht verstanden, was sie waren. Und wahrscheinlich werde ich es nie verstehen.«
    »Sie sind unerledigte Angelegenheiten«, sagt Amity.
    Schnee fällt und Schnee fällt.
    »So was hat es in diesem Kaufhaus noch nie gegeben«, erinnert sie ihn.
    Broderick’s steht hier innerhalb von Broderick’s, und beide drehen sich gemeinsam mit der sich drehenden Welt.
    »Morgen Abend gibt es ein Festessen zu deinem Geburtstag«, sagt Amity. »Und dann werden wir deine Karten zu Rate ziehen.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Du weißt es ganz genau. Du hättest diese Stadt schon längst verlassen und weit fortgehen können, an einen Ort, an dem sie dich niemals suchen würden.«
    »Ich glaube, ihresgleichen sind überall. Vor ihnen kann man sich nicht verstecken.«
    »Das mag schon sein oder auch nicht – du bist jedenfalls hier in der Stadt geblieben, weil etwas dich in jenes Haus zurückruft.«
    »Etwas, das meinen Tod will.«
    »Kann sein. Aber auch noch etwas anderes.«
    »Und was sollte das sein?«, fragt er sie.
    »Ich weiß es nicht. Aber du weißt es. Tief in deinem Inneren weißt du es. Dein Herz weiß, was dein Verstand nicht ganz nachvollziehen kann.«
    Schnee fällt, und Schnee fällt.

14
    Der neunjährige Crispin am Nachmittag des 29. September, des Festes der Erzengel …
    Zwei klitzekleine Kätzchen auf einer winzigen Fensterbank in einer verkleinerten Ausführung von Theron Hall reagieren wie eine einzige und sausen vor dem riesigen Jungen davon, der sie durch die Scheibe ansieht. Sie flitzen durch den Salon des Modells in den Flur und sind verschwunden.
    Er hätte auf der Suche nach ihnen von einem Fenster ans andere eilen können, aber bevor er dazu kommt, fällt ihm wieder ein, was in der Nacht passiert ist, als Mirabell verschwand. Der Anblick der Katzen ist wie ein Abführmittel, das alle Sinnestäuschungen, alle Wahnvorstellungen, jeden Zauber und jede Hexerei aus ihm heraustreibt. Alles, was er vergessen hat – oder was sie ihn vergessen machten –, kehrt jetzt wie eine Flut von Erinnerungen zurück.
    Wie er sich schlafend stellte, als Nanny Sayo neben seinem Bett stand. Wie er sich in Mirabells Zimmer schlich. Die Rosenblütenblätter in der Badewanne, die silbernen Schalen, die fehlenden Spielsachen, der leere Kleiderschrank. Das Flehen seiner Schwester dröhnt in seinem Kopf wie eine explodierende Granate. Crispin, hilf mir! Das Schlaf zimmer seiner Eltern, so überladen, dass seine Opulenz und die üppigen Materialien ihn fast erstickten. Crispin, hilf mir!
    Jetzt geben seine Beine unter ihm nach. Er sinkt neben dem Modell von Theron Hall auf die Knie.
    Er erinnert sich auch wieder daran, durch das unerklärlich menschenleere Haus geeilt zu sein, in dem die Dienstboten weder bei der Arbeit noch in ihren Zimmern waren. Niemand war da, um ihm zu helfen. Die südliche Treppe, die zu der abgeschlossenen Kellertür führt. Die Stimmen dahinter. Der Sprechchor.
    In seiner Erinnerung wendet er sich ab, um die Treppe hochzusteigen. Über ihm ragt der Koch Merripen in einem Morgenmantel aus schwarzer Seide auf. Er hält eine Thermosflasche, deren Deckel er abgeschraubt hat, in der Hand. Es könnte dieselbe Thermosflasche sein, in der Nanny Sayo Hühnersuppe mit Nudeln für den Jungen zurückgelassen hat, als er krank war. Der Koch stößt Crispin gegen die abgeschlossene Tür. Der Junge schreit auf, die Thermosflasche neigt sich, und ein Strom von etwas Warmem und Ekelhaftem ergießt sich aus der Flasche in seinen Mund. Es schmeckt nach Hühnersuppe, aber ranzig, und die Nudeln sind schleimig. Crispin würgt und versucht das Zeug auszuspucken, doch er wird gezwungen, es zu schlucken. Als es vor seinen Augen trüb wird und Dunkelheit in sein Bewusstsein dringt, sieht er als Letztes

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