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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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sondern auch ihre Seelen.
    Wenn ein Kind einem Ritualmord zum Opfer fällt, ist seine Seele nicht bis in alle Ewigkeit verdammt. Keine Tat eines Unschuldigen könnte ihm Verdammnis eintragen.
    Daher ist Crispin sich sicher, dass Mirabell und Harley in der Hinsicht, die am wichtigsten ist, noch am Leben sind und dass ihr Geist in dem maßstabsgetreuen Modell von Theron Hall gefangen gehalten wird.
    Er hat überlebt, damit er sie befreien kann.
    Jahre des Grübelns über dieses Thema führen ihn zu der Schlussfolgerung, dass die Seelen nicht dieselbe Bewegungs freiheit innerhalb des Miniaturgebäudes haben, die den Avatar-Katzen zugestanden wurde. Wenn sie Gefangene sind, werden sie in dem Raum sein, den die Gregorios als den wichtigsten ansehen – in dem Altarraum hinter der robusten Stahlplatte, die als Tür dient.
    Das einzige Geschoss von Theron Hall, das in diesem Modell nicht abgebildet ist, ist der Keller. Aber er muss hier sein, in dem Präsentationssockel verborgen, auf dem die oberirdischen Stockwerke stehen.
    Als Crispin aus den Riemen seines Rücksacks hinausgeschlüpft ist und ihn absetzen will, winselt der Hund leise, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Am Südende des gut zehn Meter langen Modells schnup pert Harley energisch an dem überstehenden Rand des Sockels.
    Crispin schubst den Hund zur Seite, tastet unter dem Rand … und findet den Schalter.
    Motoren surren, das Gebäude erhebt sich über der Grund platte, die es trägt, und Zentimeter für Zentimeter taucht das Untergeschoss auf. Da die Deckenhöhe im Keller nur zwei Meter siebzig beträgt, misst der vollständig ans Licht gekommene Keller im Maßstab eins zu vier vom Boden bis zur Decke nicht ganz siebzig Zentimeter, und er ist als ein langer, am Einbauort betonierter Raum dargestellt.
    Crispin eilt zu seinem Rucksack, zieht aus einem Fach mit Reißverschluss einen Tischlerhammer und geht um das Gebäude herum zur Rückseite – der Ostseite – des Modells.
    Falls sich einer der zurückgelassenen Dienstboten im zweiten Stock aufhält, ist das der gefährlichste Moment des Unternehmens. Der Beton des Fundaments, das er durchbrechen muss, ist natürlich unecht, aber die oberen drei Stockwerke des Modells müssen darauf ruhen, und daher wird sich hinter dem falschen Beton eine Art Rahmenwerk befinden. Es kann gut sein, dass der Lärm aus diesem Raum hinausdringen wird.
    Er schwingt den Hammer zuerst mit dem stumpfen Ende, bringt einen Bereich der Kellermauer zum Einstürzen und stellt augenblicklich fest, dass der Lärm, den er hier veranstaltet, in dem weitaus größeren Lärm untergehen wird, mit dem die Kellerwand des echten Hauses Schaden nimmt, der identisch mit dem ist, den er dem Modell zugefügt. Die Miniatur von Theron Hall und das echte Haus erschauern, und als Crispin weiter mit dem Hammer auf das Modell schlägt, hört er drei Stockwerke unter sich große Trümmer auf den Kellerboden knallen.
    Er dreht den Hammer um und benutzt die Klauenseite, um Brocken aus der Wand zu reißen. Während in dem echten Haus weit unter ihm Streben ächzen und die Fußböden in jedem Stockwerk knarren und krachen, legt er im Modell den Altarraum frei.
    Dort drinnen imitieren tausend flackernde elektrische Lichter in tausend winzigen Glashaltern die Kerzen, die er in der Nacht gesehen hat, als sein Bruder getötet wurde. Er ist hinter dem Altar, nachdem er das umgedrehte Kruzifix gewaltsam aus dem Weg geräumt hat. Er greift in die satanische Kirche hinein, packt den Marmortisch, der als Altar dient, und reißt die fünfundvierzig Zentimeter lange Miniatur aus ihren Halterungen. Er legt sie auf den Boden und schlägt zweimal mit dem Hammer darauf, bis sie in Stücke springt.
    In dem Moment bricht aus dem Loch, das er in die Kellerwand des Modells geschlagen hat, ein Schwarm von riesigen weißen Faltern oder Schmetterlingen hervor – zumindest hält er sie anfangs dafür –, streift sein Gesicht und fliegt um seinen Kopf herum. Doch dann sieht er, dass ihre Flügel weiße Kleider oder die Gewänder von Chorknaben sind und dass es sich um Kinder handelt, manche nur fünfzehn Zentimeter groß, die größten vielleicht dreißig. Es müssen etwa zwanzig sein. Obwohl sie den Eindruck erwecken, zu lachen oder zu singen, geben sie keinen Ton von sich, und doch ist ihre Freude deutlich daran zu erkennen, wie ausgelassen sie herumflattern, als sie sich aufschwingen, herabschießen und in der Luft tanzen.
    Sie gehören nicht mehr hierher, nachdem er

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