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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Weile geöffnet. Jetzt mischt er sie dreimal, zögert und mischt sie dann weitere drei Male.
    Amity will, dass er sie austeilt, und doch will sie es nicht. Sie streckt eine Hand nach ihm aus, als wollte sie ihn zurückhalten, aber dann verschränkt sie ihre Arme wieder vor der Brust und presst sie an sich.
    Ohne Pathos und dramatische Gesten teilt Crispin die Karten aus und dreht vier Sechsen um. Es sind saubere Karten, als sie seine Hand verlassen, aber als er sie umdreht, sind sie schmutzig, abgegriffen und verschimmelt.
    Es ist an der Zeit, dass er nach Theron Hall zurückkehrt.

18
    Nachdem er am Sonntagabend die vier Sechsen aufgedeckt hat, muss er warten, bis am Montagmorgen die ersten Angestellten eintreffen, um nicht die Alarmanlage auszulösen. Der Junge und der Hund folgen einem Weg, den Amity ihm beschrieben hat, um sich aus dem Kaufhaus zu schleichen, ohne von einem der früh eintreffenden Wachmänner oder vom Reinigungspersonal gesehen zu werden.
    Sie haben keinen Grund, auf den Anbruch der Nacht zu warten, ehe sie sich Theron Hall nähern. Die Dunkelheit bietet ihnen keinen Schutz und birgt vielleicht sogar noch mehr Gefahren.
    Der erste Schnee des Winters ist vom Samstagabend bis zum Sonntagmorgen gefallen. Ein weiterer Schneesturm ist bereits aufgezogen. Als Crispin und Harley zum Shadow Hill, zur Shadow Street und zu dem Haus auf der Anhöhe aufbrechen, beginnt Neuschnee auf den alten Schnee hinab zuschweben.
    Der Winter verwandelt die Stadt, weiße Blütenblätter, die durch einen nahezu windstillen Tag treiben, und überall sind die Schneedecken und die zusammengeschobenen Hügel des Schnees vom vergangenen Wochenende noch weitgehend rein. Wie leicht könnte man glauben, durch den Abwurf dieses kristallförmigen Mannas sei die Großstadt von ihren Sünden gereinigt worden und so unschuldig, wie diese Brautschleier sie erscheinen lassen. Vielleicht fällt es anderen leicht, das zu glauben, Crispin nicht.
    Sie nähern sich dem prachtvollen Haus durch die Seitenstraße, die zu breit und – wenn man den Untergrund sehen kann – zu kunstvoll gepflastert ist, um als schlichte Gasse bezeichnet zu werden.
    Ein stattliches Kutschenhaus, das als Garage dient, steht am hinteren Ende des Anwesens. Der Gehweg, der von der Garage zum Haus führt, ist nicht freigeschaufelt worden und die Schneedecke nicht von Fußspuren verschandelt.
    Wenn das stimmt, was Amity belauscht hat, als sie vor zwei Wochen Clarette und ihren Freundinnen im Eleanor’s Tee serviert hat, ist die Familie – falls man diesen Begriff überhaupt verwenden will – sowie der größte Teil der Dienstboten inzwischen in Brasilien.
    Die wenigen, die zurückgeblieben sind, haben sich offenbar lieber Beschäftigungen im Haus gesucht, als sich in die Kälte hinauszuwagen.
    Während er die freie Fläche zwischen der Garage und dem Haus überquert, sucht Crispin die Fenster in allen drei Stockwerken ab. Kein bleiches Gesicht taucht an einer der Scheiben auf.
    Ein Teil von ihm glaubt fest daran, dass die Macht, die ihn in den letzten Jahren oft gerettet hat – die Macht, die will, dass er nach Theron Hall zurückkehrt, um offene Rechnungen zu begleichen –, ihn gegen Unheil gefeit hat und ihn in den zweiten Stock und ohne gewalttätige Zwischenfälle unbeschadet wieder hinausführen wird. Aber ein anderer Teil von Crispin, der Teil, der weniger zum Wunschdenken neigt und weiß, dass das Durchstreifen der Gefilde des Bösen der Preis ist, den wir für den freien Willen bezahlen, rechnet mit dem Schlimmsten.
    Wenn sie wissen, dass er in jener Septembernacht einen der Ersatzschlüssel für die Haustür gestohlen hat, könnten sie das Schloss ausgetauscht haben. Ebenso gut könnten sie es aber auch in Erwartung seiner Rückkehr nicht ausgetauscht haben.
    Von den drei Hintertüren wählt er die, die in den Windfang hinter der Küche führt. Der Schlüssel dreht sich im Schloss. Er drückt die Tür behutsam auf.
    In diesem Vorraum ist es dunkel bis auf den Widerschein des Schnees, der kalt durch zwei kleine Fenster hereinfällt.
    Er bleibt stehen und lauscht einem derart stillen Haus, dass vielleicht doch alle nach Rio gegangen sind und nur Geister zurückgelassen haben.
    Da er seinen Rucksack nicht abstellen will, um sich auf einen Stuhl zu setzen, lehnt sich Crispin an die Regale und benutzt den kleinen Handfeger, der neben der Tür bereitliegt, um den verkrusteten Schnee von seinen Schuhsohlen und von seinen Hosenbeinen zu kehren.
    Der Hund

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