Das Monopol
und ihre Lehre hätten damit unwiderruflichen Schaden erlitten.«
Carlton blickte ihn ungläubig an.
»Ich weiß, wie verrückt das klingt. Ist es ja auch. Heutzutage jedenfalls. Aber solche Dinge sind in der Vergangenheit geschehen. Zur Zeit der Borgias zum Beispiel war es gang und gäbe, dass Kardinäle einander mit Ländereien und Titeln bestachen, um Papst zu werden.«
»Dann stellt sich die Frage«, sagte Carlton, »was wir als Nächstes tun sollen. Wollen Sie die Diamanten an Waterboer verkaufen? Das würde Waterboer nur noch stärker machen. Die Kirche aber würde ihr Geld wiederbekommen, vielleicht sogar noch einen Gewinn machen, wenn sie ihre Karten richtig ausspielt. Als Leiter der Vatikanbank könnten Sie der Angelegenheit einen legitimen Anstrich geben, indem Sie hervorheben, dass es eine lukrative Investition war. Sie könnten herausstreichen, wie viel Geld Sie der Kirche damit eingebracht haben.«
Benedetti schüttelte den Kopf. »Nein. Wie Sie schon sagten – das würde Waterboer nur stärker machen. Ich habe zwar an den Folgen eines Skandals zu tragen, mit dem ich nichts zu tun hatte, aber ich werde zu seiner Bereinigung keineswegs einen Pakt mit dem Teufel eingehen. Nein.« Sein Stuhl knarrte, als er sich zurücklehnte. »Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht, was Azimbe gestern Abend gesagt hat. Im Grunde denke ich schon länger darüber nach. Aber nie bot sich die Gelegenheit. Die Kirche kann nur ein gutes Beispiel setzen, wenn sie etwas riskiert. Deshalb muss die Kirche diese Diamanten, diesen Schatz, so einsetzen, dass er möglichst vielen Menschen zu Gute kommt.« Benedetti hoffte überdies, dass die Kirche sich vor dem Skandal retten könne, wenn bekannt wurde, dass die Diamanten von vornherein für einen humanitären Zweck erworben worden waren.
Der Ober erschien mit zwei winzigen Espressotassen und stellte sie auf den Tisch. Er faltete die Rechnung zusammen und schob sie unter Carltons Untertasse. Soweit er unterrichtet war, musste der Kardinal ohnehin nicht bezahlen.
»Grazie, Stefano.«
»A lei. Prego, Eminenza.«
Carlton nahm ein Stück Zucker, rührte mit dem winzigen Löffel um und nippte am Espresso. »Wenn Sie die Diamanten nicht an Waterboer verkaufen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten: Sie können sie behalten, was allerdings niemandem nützt. Sie können sie an andere verkaufen – das aber macht keinen Sinn, weil Waterboer jeden Preis überbieten würde. Oder Sie verschenken die Steine. Das würde Waterboer natürlich nicht zerstören – Waterboer ist viel zu stark, als dass neun Millionen Karat, die plötzlich auf dem Weltmarkt auftauchen, den Konzern vernichten könnten. Aber es könnte dem Bürgerkrieg in Südafrika ein Ende bereiten – falls Waterboer tatsächlich die Burenvolksfront unterstützt. Vielleicht würde es das Ende der Diktatur im Kongo bedeuten. Vielleicht auch die von Waterboer erzwungene Kinderarbeit in Indien. Doch was auch dabei herauskommen mag, das Wichtigste ist, dass die Kirche, so abfällig sie auch in der säkularen Welt beurteilt wird, ebendieser Welt zeigt, dass sie nicht nur eine starke Macht gegen das Böse ist, sondern auch eine Institution, die ihre Macht gegen das Böse einsetzt. Und zwar zum Wohle aller Menschen, nicht nur der Katholiken und der anderen Christen.« Carlton leerte seine Tasse und lehnte sich im Stuhl zurück. »Aus diesen Gründen müssen Sie den Gesamtbestand auf einmal auf den Markt werfen.«
»Si. Sie hatten Recht, als Sie gestern Abend diese Strategie vorschlugen. Eine einfache Idee, das stimmt«, Benedetti hob mahnend einen Finger, »aber keinesfalls simpel. Man hat oft darüber geredet, mit einer großen Menge Diamanten den Markt zu überschwemmen, doch es wurde nie getan. Die menschliche Gier steht dem entgegen. In der Vergangenheit hat es immer damit geendet, dass Waterboer die Diamanten, mit denen der Markt überschwemmt werden sollte, gegen ein Aufgeld erworben hat. Das Problem ist nicht, ob wir die Diamanten auf den Markt werfen sollen, sondern wie wir es anstellen.«
»Also holen wir die Steine aus der Versenkung und überschwemmen den Markt.« Carlton verspürte unendliche Erleichterung. Er hatte herausgefunden, wo die Diamanten waren und wer die Hand darauf hielt – und die Kirche hatte soeben ihr Einverständnis zu seinem Plan gegeben. Mission erfüllt. »Verglichen mit unserem Einsatz in der Nordsee ist das ein Kinderspiel.«
»Nein.« Wieder schüttelte Benedetti mahnend den Finger.
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