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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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»Sie verstehen das Problem nicht. Wir müssen erst einmal an die Diamanten herankommen. Sie befinden sich hier in Rom – aber in einem Tresor der Banco Napolitana Lucchese. Das ist genau die Bank, bei der Don Arcangelo, das Oberhaupt eines mächtigen sizilianischen Mafiaclans, seine Gelder deponiert. Kürzlich hat er einen großen Teil seiner Erpressungs- und Drogengelder sowie Einnahmen aus der Prostitution auf sein Konto überwiesen. Außerdem heißt es, dass in dieser Bank Computeraufzeichnungen über viele wichtige Mafiageschäfte gespeichert sind. Diese Information haben wir einem der so genannten neuen Politiker Siziliens zu verdanken, einem anscheinend unbestechlichen Kämpfer gegen die Mafia, Orlando Leonida. Er hat ein Gesetz beantragt, das die GDF, die Guarda di Finanza, dazu ermächtigt, die Bank zu versiegeln. Und in eben dieser Bank liegen die Diamanten. Wir können sie nicht herausholen, weil die Bank versiegelt ist. Nichts und niemand darf ohne richterlichen Befehl die Bank betreten. Und nun kann es jeden Tag so weit sein, dass Leonida die erforderliche Ermächtigung erhält, damit die GDF die gesamte Bank mit einem Kamm – wie sagt Ihr Amerikaner? – mit kleinen Zähnen durchkämmt.«
    »Mit einem feinzackigen Kamm.« Carlton stieß einen Seufzer aus, während er sich die neuerlichen Schwierigkeiten vorstellte. »Ich verstehe. Der richterliche Befehl ermächtigt die GDF, in sämtliche Tresore zu schauen, und dann werden sie die Diamanten finden. Da die Steine in einem Tresor liegen, der Altiplano gehörte oder einem seiner Mittelsmänner, führt die Spur unweigerlich zur Kirche.«
    »Esatto. Und das wird nicht nur einen riesigen Skandal heraufbeschwören, sondern innerkirchliche Auseinandersetzungen hervorrufen. Sobald die Kardinäle von den Diamanten erfahren, kommt jeder mit einem anderen Plan. Eine Unmenge Komitees werden gegründet. Und es wird unmöglich, der Diamanten noch habhaft zu werden und unseren soeben besprochenen Plan durchzuführen.« Benedetti leerte die winzige Espressotasse.
    »Also müssen wir die Diamanten aus der Bank schaffen, bevor die GDF die Tresore durchsucht. Können Sie nicht einfach die GDF um Erlaubnis bitten? Immerhin ist der Vatikan ein souveräner Staat, und Sie sind der Chef seiner Bank. Können Sie nicht einfach befehlen, dass wir die Diamanten herausschaffen?«
    »Theoretisch ja. Aber da es um sehr viel Geld geht und die Kirche in die Angelegenheit verwickelt ist, haben noch andere ein Wort mitzureden, und die Rechtstheorie hat dann nicht mehr viel zu besagen.«
    »Verstehe«, sagte Carlton. »Die GDF würde einen gewaltigen Preis verlangen, wenn die Kirche die Diamanten herausschaffen will.«
    »Si. Und viele Leute würden davon erfahren. Selbst wenn die GDF uns Vertraulichkeit zusichert, wäre ein Skandal fast unvermeidlich.«
    Carlton blickte den Kardinal aufmerksam an. Er wollte ihn nicht beleidigen, aber er musste fragen. Nicht um seine Neugier zu befriedigen, sondern um der Sache willen. »Natürlich steht es mir nicht an, diese Frage zu stellen, Eminenz, aber … haben Sie eigentlich den Heiligen Vater von dieser Sache unterrichtet?«
    Benedetti schaute auf seine leere Tasse und seufzte. »Noch nicht. Aber ich muss es tun. Diesen Tag habe ich gefürchtet, seit ich Altiplanos Aufzeichnungen entdeckte. Und nun ist dieser Tag gekommen. Das ist umso schlimmer, als ich dem Heiligen Vater diese Neuigkeiten in seiner derzeit schlechten gesundheitlichen Verfassung mitteilen muss, und ohne eine Lösung parat zu haben.« Sein Gesicht verzog sich vor Trauer, dann glätteten sich die Falten wieder. »Es ist schon seltsam, nicht wahr? Endlich könnte die Kirche mit einem Schatz etwas Gutes tun, doch nun kommt sie wegen der Mafia nicht an die Diamanten heran. Wieder einmal steht das Böse dem Willen zum Guten entgegen.«
    Carlton dachte eine Weile mit geschlossenen Augen nach. Schließlich sah er auf und fuhr sich mit der Hand übers Kinn. »Es gäbe da vielleicht eine Lösung.«
    »Und welche?«, fragte Benedetti gespannt.
    »Nun, es geht doch darum, die Diamanten herauszuschaffen, ohne dass die GDF Wind davon bekommt und bevor sie mit dem Durchkämmen sämtlicher Tresore beginnt. Es gibt doch noch eine Person, die genauso dringend in die Bank möchte wie Sie, nicht wahr?«
    »Don Arcangelo. Sicher, aber an ihn kommen wir nicht heran.«
    »Stimmt. Aber ich wüsste jemanden, der es schaffen könnte.«
     

75.

Der Verrat
     
    Acquasanta, Sizilien, 13.35

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