Das Monopol
STABSCHEF DES WEISSEN HAUSES WEGEN KORRUPTION VERHAFTET. Kaum hatte er den zweiten Satz gelesen, ließ er die Kaffeetasse klirrend auf die Untertasse fallen. »Santa Lucia. Es ist also tatsächlich wahr!«
»Was denn?«, erkundigte sich seine Frau.
Leonida las laut vor. »Patrick Carlton, Kartellanwalt im US-Justizministerium und Marinereservist, nahm die Verhaftung in Mr Fress’ Amtszimmer im Weißen Haus vor.« Er blickte zu seinem Leibwächter. »Wir müssen sofort nach Rom. Mach alles bereit.« Leonida wandte sich wieder seiner Frau zu, küsste sie und schaute dankbar zum Himmel.
Grazie, Signore.
86.
Der Prozess
Bundesgericht (District Court)
District of Columbia, 9.14 Uhr
Das Große Geschworenengericht beeilte sich mit der Anklageerhebung. Was die Klage der Regierung gegen die überlebenden Angeklagten im »Diamondgate«-Skandal betraf, ging es zügig voran: Zuerst erfolgte die Anklageerhebung durch den Kongress, dann wurden Bundesstrafprozesse in mehreren Instanzen geführt. Hauptanklagepunkte waren Hochverrat an den Vereinigten Staaten von Amerika wegen Annahme von Bestechungsgeldern durch fremde Agenten und Verschwörung mit besagten Agenten mit dem Ziel, Waterboers Monopol auf dem internationalen Diamantenmarkt zu stärken. Carlton und Erika hatten an diesen Verhandlungen keinen Anteil, nur einmal musste Carlton gegen Harry Jarvik aussagen. Er hatte damit gerechnet, die Zeugenaussage würde ihm Genugtuung bereiten, doch sie war bloß traurig und deprimierend. Niemals wieder würde »Stalin« die Kartellanwälte des Justizministeriums schinden. Erika und Carlton hatten den wichtigsten Fall von allen zu bearbeiten: die Anklage gegen Waterboer Mines Limited. Die Vereinigten Staaten konnten zwar den Konzern nicht vor Gericht bringen, da sie keine Rechtsgewalt in Südafrika besaßen, doch man konnte eine andere Strategie einschlagen, die Carlton entworfen hatte: Waterboer sollte bestraft werden, indem man Firmen und anderen Körperschaften in den USA vorwarf, das Monopol wissentlich und vorsätzlich durch Angebot und Nachfrage auf dem US-Markt gestärkt zu haben. Dies betraf die Verbände und Organisationen der Diamantenhändler, aber auch jene Medien, die Anzeigen und Spots in Zeitschriften, Radio und Fernsehen veröffentlichten.
Während der nächsten drei Monate vergaßen Carlton, Erika und Monet Schlaf und Mahlzeiten, Familie und Freunde. Noch bevor Carlton sich von seiner Knieverletzung erholt hatte, schufteten Erika und er vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung: Sie studierten jeden vergleichbaren Kartellfall, stellten Beweise zusammen, entwarfen Plädoyers und Vernehmungen und ließen Experten unter Eid aussagen. Der kettenrauchende Monet saß Tag und Nacht vor seinem Computer und verfolgte ein Jahrhundert Werbeanzeigen für Diamanten und Zeitungsartikel, in denen von Monopolbildung die Rede war.
Präsident Douglass’ bedingungslose Ehrlichkeit machte den ehemaligen General und Prediger zum richtigen Mann, diesen Verbrechen ein Ende zu bereiten. Er selbst hatte keinen Anteil an den schmutzigen Geschäften des Diamondgate-Skandals; man konnte ihm allenfalls anlasten, seinem Stabschef zu sehr vertraut zu haben. Doch anstatt sich feige hinter den von ihm ernannten Übeltätern zu verstecken, nahm der Präsident öffentlich die Schuld auf sich und gestand dem amerikanischen Volk seine Verfehlungen, sodass ihm verziehen werden konnte. Innerhalb weniger Tage hatte Douglass eine neue Verordnung in Kraft gesetzt: Jeder Bundesbeamte im höheren Dienst sollte finanziell und persönlich überprüft werden, und zwar nicht nur zum Zeitpunkt seiner Ernennung und Bestätigung durch den Senat, sondern stichprobenartig während seiner gesamten Amtszeit. Eine Sonderabteilung im Office of Homeland Defense wurde mit der Durchführung beauftragt. Damit wurde der Bundeshaushalt zwar wieder erheblich belastet, doch im Unterschied zu Diamondgate und den Terroranschlägen vom 11. September würde diese neue Verordnung während der nächsten Amtsperioden Milliarden Dollar einsparen helfen. Um sich von den Verrätern zu’ distanzieren, prangerte Douglass Waterboer öffentlich an, lobte die Kirche, die dem Monopol durch die Diamantenschwemme einen schweren Schlag versetzt hatte, und unterstützte die Mannschaft des Justizministeriums bei ihrer Anklage gegen amerikanische Staatsbürger auf der Gehaltsliste von Waterboer. Während einer Rede im Rosengarten lobte er besonders Carlton und Erika, da ihre
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