Das Monopol
Abwesenheit wäre ihm schon eingefallen.«
»Aber warum hätte er das tun sollen?«
»Sir, wir haben uns seine Konten angesehen. Pjaschinew wurde von Waterboer bestochen.«
»Solkin sin.« Scheißkerl. Orlow war nicht naiv. Er kannte sich mit der Korruption aus, die in seiner Heimat in den Siebzigerjahren unter Leonid Breschnew nachgerade zu einer Institution geworden war. Nach Lenins Tod hatte Stalin einen Kampf gegen die Intellektuellen geführt, und nach Stalins Tod hatte es den Kampf gegen den Stalinismus gegeben, doch leider hatte Russland nach der Ära Breschnew niemals den Kampf gegen die Korruption aufgenommen -hauptsächlich deshalb, weil die kommunistischen Parteikader und Funktionäre von dem System profitierten. Orlow war gegen den Filz angetreten, aber das dauerte seine Zeit. Eigentlich hätte er noch viel mehr Köpfe rollen lassen müssen, aber das konnte er sich nicht leisten, ohne den Westen zu verärgern. Stattdessen hatte er dafür gesorgt, dass gewisse hohe Beamte wie Pjaschinew ein fürstliches Salär und andere Vergünstigungen erhielten. Leider hatte Orlow dabei Pjaschinews Gier unterschätzt. Er hatte ihn in Verdacht gehabt, die Staatskasse zu bestehlen, aber an Bestechlichkeit hatte er nie gedacht.
»Waterboer hat erst letzte Woche fünf Millionen Dollar auf ein Konto von Pjaschinew bei einer Bank im Südpazifik überwiesen. Normalerweise deponieren Russen Gelder in Banken auf Zypern. Pjaschinew war wirklich sehr, sehr vorsichtig.«
»Meine Güte! Und er wusste über alles Bescheid! Die echten Zahlen der Diamantenförderung. Die Lagerbestände.«
»Wir haben seinen abgestürzten Hubschrauber gefunden, towarisch president. Pjaschinew und sein Pilot waren tot.« Kowanetz holte einen gefalteten Papierfetzen aus der Uniformjacke und reichte ihn Orlow. »Und das hier haben wir auch gefunden.«
Orlow entfaltete den Zettel, starrte auf die handgeschriebenen Worte:
»Rossija, tretij sloi. Ne dopustit im wsjat eto.« Russland, dritte Schicht. Sie dürfen es nicht bekommen. »Was soll das bedeuten?« Orlow starrte Kowanetz verwirrt an.
»Das wissen wir nicht, towarisch president.«
Orlow lehnte sich im Sessel zurück und zeigte auf die Tür. »Dann schlage ich vor, dass Sie gründlich darüber nachdenken, Oberst. Sie haben noch einen Tag Zeit, bevor die Verhandlungen mit Waterboer beginnen.«
9.
Der Vergleich
Main Justice Building
Washington, D. C., 13.05 Uhr
Pat Carlton.«
»Mr Carlton. Jonathan Black.«
Das war ja schnell gegangen. Sein letztes Telefonat mit diesem hochnäsigen Anwalt war gerade mal einen Tag her. »Guten Tag.«
Black seufzte. »Ich habe Ihre Forderung weitergegeben«, sagte er. Pause. Offensichtlich wartete er darauf, dass Carlton etwas sagte. Doch der schwieg beharrlich. »Man hat mich angewiesen, das Bußgeld von 20 Millionen zu akzeptieren.«
»Das … freut mich sehr«, brachte Carlton nach einer Pause heraus. »Wirklich. Ich werde einen vorläufigen Vergleichsvertrag und ein Anerkenntnisurteil zusammenstellen und Ihnen bis heute Abend per E-Mail schicken.«
»Es gibt allerdings eine Bedingung. Mein Mandant besteht darauf.«
»Ja?«
»Sonst können wir nicht verhandeln.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Die Murfreesboro Mining wird keinerlei Haftung übernehmen und dem Vergleich nur dann zustimmen – ich wiederhole, nur dann –, wenn das Justizministerium sich einverstanden erklärt, die Angelegenheit nicht publik zu machen.«
»Das Anerkenntnisurteil muss vom Gericht abgesegnet werden, Jonathan. Es ist ein öffentliches Dokument.«
»Das verstehe ich. Aber auch ein öffentliches Dokument muss nicht unbedingt in die Medien gelangen.«
»Ich werde es mit meinen Vorgesetzten besprechen. Ich glaube nicht, dass es ein Problem darstellt.«
»Dann wäre ja alles in Ordnung.«
»Vielen Dank.« Carlton legte auf und ließ sich erschüttert in den Sessel zurücksinken.
20 Millionen! Sie hatten zugestimmt, 20 Millionen zu zahlen. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Für einen wertlosen Fall. Keine Reaktion auf die Anklage. Kein Antrag auf Vorlegung der Schriftsätze. Kein Antrag auf Nichtgeltendmachen des Anspruchs. Kein Antrag auf Streichungen. Kein Antrag auf ein Urteil im abgekürzten Verfahren. Keine außergerichtlichen eidlichen Aussagen oder Anfragen nach Dokumenten oder schriftlichen Beweisfragen. Nichts. Ein 20-Millionen-Dollar-Bußgeld, akzeptiert innerhalb von vierundzwanzig Stunden.
Was ging da hinter den Kulissen vor?
Selbst wenn das DOJ
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