Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
Vom Netzwerk:
ein Register gemacht und die einzelnen Akten beschriftet.“
    „Das Ding ist ja glatt ein Türstopper!“, sagte Carlton beeindruckt.
    „Ich habe alles ausgedruckt, was ich finden konnte.“
    „Und es registriert und beschriftet? Schlafen Sie auch mal?“
    „Sehr wenig.“ Und sehr allein, hätte sie am liebsten hinzugefügt, hielt aber den Mund. Immer einen Schritt nach dem anderen, Mädel.
    „Das ist viel mehr, als ich erwartet hätte. Danke.“ Er sah, wie sie errötete und dann rasch den Blick abwandte. „Ich werde es lesen.“
    Carlton brauchte fast vier Stunden, um Erikas Unterlagen zu studieren. Wie konnte er das alles übersehen haben? Er war wütend auf sich selbst, weil er nicht gründlicher recherchiert hatte. Die Klage war so simpel gewesen, dass er Nachforschungen nicht für nötig gehalten hatte. Ganz schön nachlässig. Bloß, weil Stalin gesagt hatte, der Fall sei nicht zu gewinnen.
    Erika war nicht nur schön und klug, sondern auch gründlich. Die Unterlagen waren gut recherchiert und sorgfältig zusammengestellt. Doch das Problem mit Recherchen war, so viel wusste Carlton, dass man nie zu einem Ende kam. Je mehr er über Waterboer las, desto mehr Fragen und mögliche Verbindungen kamen ihm in den Sinn und hielten ihn in dieser Nacht vom Schlaf ab. Schließlich gab er seiner Neugier nach, zog sich um halb zwei Uhr morgens wieder an, fuhr ins Büro und wühlte so lange in der Bibliothek des Main Justice Building, bis er fündig wurde. Eigentlich durfte man keine Bücher mit nach Hause nehmen, doch Carlton wollte die Unterlagen unbedingt lesen, ohne dass ihm jemand über die Schulter sah, besonders Stalin nicht. Deshalb kritzelte er eine Nachricht an Donna, eine der Bibliothekarinnen und eine Bekannte von ihm, und versicherte ihr, er werde die Bücher so schnell wie möglich zurückbringen.
    Wieder in seinem Apartment, in der Stille der Winternacht, braute er sich einen Espresso, steckte sich eine Ashton Maduro an und versenkte sich in das neue Material über den südafrikanischen Monopolisten. Und mehr noch als Kaffee und Nikotin war es der Lesestoff, der ihn um den Schlaf brachte.
    Waterboer war und blieb ein weltweites Imperium. Während des Zweiten Weltkriegs benötigten die Nazis Industriediamanten für Waffen, optische Geräte und andere technische Ausrüstungen für ihre gigantischen Kriegsoperationen. Deutschland besaß keine eigenen Diamanten. Niemand wusste, woher das Reich die Industriediamanten bezog, doch allmählich verdichtete sich der Verdacht des amerikanischen Office of Strategie Service – der Vorgänger der CIA dass die Nazis bei einer der Waterboer-Minen in Belgisch-Kongo einkauften. Das OSS teilte Waterboer mit, dass man Bescheid wisse. Bei Waterboer wusste man, dass die Kriegsbemühungen der Nazis erheblich beeinträchtigt würden, wenn es die Mine nur für ein paar Monate dichtmachte. Es würde ein baldiges Ende des Krieges bedeuten. Ein Ende des Holocaust. Waterboer weigerte sich, die Mine zu schließen. Der Konzern verdiente gut an dem Geschäft mit den Nazis.
    Carlton fluchte still vor sich hin.
    Das Erstaunliche war, dass Waterboer sich überdies weigerte, Diamanten zum gleichen Zweck an Amerika zu verkaufen, obwohl Südafrika zu den Verbündeten der USA gehörte. Zwar standen Nazideutschland, das kaiserliche Japan und das faschistische Italien kurz davor, die Weltherrschaft zu übernehmen, doch Waterboer hielt an seiner verdrehten Überzeugung fest, die Amerikaner würden nicht die gesamte bestellte Menge nutzen und daher zwangsläufig einen Überschuss an Diamanten horten, der dann dem Marktpreis schaden könne. Erst auf massiven Druck gab Waterboer nach und verkaufte auch Diamanten an die USA, allerdings zu unverschämten Preisen.
    Das war Waterboers Verbindung zu den Nazis. Es gab aber auch eine Verbindung mit der Sowjetunion. Ein Memorandum an die Justiz, verfasst von einem CIA-Mitarbeiter namens Thomas Pink, bestätigte, dass in den späten Fünfzigerjahren gewaltige Lagerstätten in Sibirien entdeckt worden waren. Bisher hatte man fälschlicherweise angenommen, nur in Südafrika gebe es Diamanten, doch nun stellte sich heraus, dass Russland die größten Vorkommen der Welt besaß. Waterboer geriet völlig aus dem Häuschen: Wenn die Russen zu viele Rohdiamanten auf dem Weltmarkt verkauften, würde der Preis ins Bodenlose fallen. Waterboer schickte Vertreter nach Moskau und bot den Kommunisten harte Währung für Russlands Gesamtertrag. In den 60er-, 70er- und

Weitere Kostenlose Bücher