Das Monopol
80er-Jahren, als die USA und die anderen NATO-Staaten Billionen für die Verteidigung ausgaben, um den Kommunismus zu vernichten, verkaufte Waterboer Diamanten aus der Sowjetunion im Wert von mehreren Millionen Karat an den Westen. Im Grunde, so hieß es in Pinks Memo, sorgte Waterboer dafür, dass ein großer Teil der sowjetischen Aufrüstung von den amerikanischen Verbrauchern finanziert wurde. Und dies zu einer Zeit, als es für einen Südafrikaner offiziell verboten war, die Sowjetunion zu besuchen.
Doch die neu entdeckten Diamantvorkommen in Russland waren immer noch ein Problem für Waterboer. Die Rohsteine aus Sibirien waren zu klein, um sie den renommierten Schleifern in Antwerpen, Tel Aviv oder New York anzubieten. Waterboer musste neue Schleifereien einrichten, doch professionelle Schleifer waren zu teuer. Also brachte Waterboer Kindern aus der Dritten Welt bei, wie man Diamanten schleift – zu einem beschämend geringen Stücklohn. Die neuen „Schleifer“ kamen hauptsächlich aus den Slums von Bombay. Kleine Kinder, die unter menschenverachtenden Bedingungen schufteten. Und diese Praxis dauerte bis zum heutigen Tag an.
Carlton verwünschte sich selber. „Wie konnte ich das alles übersehen?“
Nachdem Mandela zum Präsidenten Südafrikas gewählt worden war, traten einige ehemalige Angestellte von Waterboer vor das Versöhnungskomitee der neuen Regierung. Sie gestanden Entführungen, Folter, sogar Morde, begangen an Menschen, die hinter Waterboers Rücken in den Diamantenhandel eingegriffen hatten. Zwei Monate später wurden zwei von ihnen tot aufgefunden. Die Polizei befand auf Selbstmord.
Was das US-Justizministerium betraf, hatte es mehr als fünfzig Jahre lang versucht, Waterboer zu schnappen, doch die Untersuchungen waren stets im Sande verlaufen. Waterboer war ein südafrikanischer Konzern und viel zu clever, um Geschäfte auf amerikanischem Boden zu machen – deshalb verkaufte er seine Steine ja in London. Dort hatte die USA keine Verfügungsgewalt. Zwei oder drei Mal hatte das DOJ Waterboer wirklich etwas anhängen können, doch stets waren die Geldstrafen lächerlich gering. Wie können Menschen so etwas tun?, fragte sich Carlton. Er suchte nach den Unterlagen über die Firmenleitung. Wer immer die Bosse des Waterboer-Imperiums waren, es mussten geniale Köpfe sein. Widerwärtig und abstoßend, aber genial.
Der Slythe-Clan leitete Waterboer, seit Cecil R. Slythe im späten neunzehnten Jahrhundert seinen Mentor verdrängt hatte, den Firmengründer Nicholas Waterboer. Heute gehörte die Firma seinem Nachfahren Piet Slythe. Ein wahres Juwel. Fünfundfünfzig Jahre alt. Hatte teure Schulen in England besucht. Scharf wie eine Rasierklinge. Von Geburt an wurde ein Slythe dazu erzogen, nur an Diamanten zu denken, bei jedem Atemzug, sogar im Traum. Sie waren eine paranoide Bande, die sich selbst als Verwalter der Diamanten auf der ganzen Welt betrachtete und alles und jeden bekämpfte, der ihr Imperium bedrohte. Diamanten waren ihre Religion, der Slythe-Clan Hüter der heiligen Flamme. Nach außen hin erschien Piet Slythe als typischer Geschäftsmann. Glücklich verheiratet. Ging regelmäßig zur Kirche. Spendete Geld an Waisenhäuser. Aber der Mann stand auch in dem Ruf, alles zu tun – und dabei vor keiner Grausamkeit zurückzuschrecken um seinem Clan die Kontrolle über die Diamanten zu sichern.
Waterboers Taschen waren ebenso tief, wie sein Marktanteil an Diamanten hoch war. Der Monopolist fuhr jährlich fünf Milliarden Dollar Bruttoertrag ein, ohne dass das US-Kartellrecht ihm schaden konnte. In einer Zeit, in der die Kids einander wegen Turnschuhen auf der Straße umbrachten, wollte Carlton sich lieber nicht vorstellen, zu welchen Maßnahmen ein multinationaler Konzern griff, um solch ein Monopol zu verteidigen.
Die nächste Enthüllung jagte Carlton einen kalten Schauder über den Rücken. Ein Memorandum deutete an, dass im Jahre 1920 eine Mine in Arkansas auf Betreiben Waterboers geschlossen worden war.
„Da kommen sie also ins Spiel.“
Wenn die Waterboer Mines sich bereits 1920 in Arkansas ein gemischt hatte, steckte sie vielleicht auch hinter dem Fall Murfreesboro Mining. Das war nur logisch. Zwanzig Millionen waren eine gewaltige Summe für ein kleines oder mittleres Bergbauunternehmen aus Arkansas, doch für einen Monopolisten wie Waterboer war es nicht mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein. Wenn Murfreesboro Mining zum Waterboer-Kartell gehörte, war die Firma
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