Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
Vom Netzwerk:
Rasch wählten sie etwas von der klebrigen Speisekarte und gaben ihre Bestellungen auf. Die Kellnerin kritzelte ein paar Hieroglyphen auf einen winzigen Block, während sie unablässig ein Kaugummi im Mund wälzte. Hamburger mit Pommes frites für Carlton, Grillhähnchensandwich und Salat für Erika. Keine Butter, keine Mayo, die Sauce auf einen Extrateller.
    Erika holte tief Luft und begann. »Ich hab Bücher gewälzt, Dokuvideos angeschaut und Zeitungsartikel aus der Online-Datenbank abgerufen. Das könnte jetzt ein bisschen nach Vorlesung klingen, also möchte ich mich im Voraus entschuldigen. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als wäre ich … nun ja …«
    »Herablassend? Nach meinen Erfahrungen mit Stalin bin ich immun dagegen. Fangen Sie ruhig mit Ihrer Vorlesung an. Schließlich hatten Sie die viele Arbeit.« Carlton stürzte seinen Gin Tonic hinunter und bedeutete der Kellnerin, ihm noch einen zu bringen.
    »Danke.« Wieder holte Erika tief Luft.
    »Okay. Im späten neunzehnten Jahrhundert wurden in Südafrika eine Menge Diamanten entdeckt. Der Entdecker war ein Mann namens Nicholas Waterboer. Er und sein junger Partner Cecil R. Slythe ketteten dutzende schwarzer Arbeiter aneinander – im Grunde waren es Sklaven – und hängten jedem eine Dose um den Hals. Die Arbeiter krochen in langer Reihe auf Händen und Knien, sammelten die Rohdiamanten vom Boden auf und legten sie in die Dosen. Es waren angeschwemmte Steine in ausgetrockneten Flussbetten. Dann fanden Waterboer und Slythe unterirdische Lagerstätten, die von urzeitlichen Vulkanen gebildet worden waren. Und damit waren sie an den richtigen Jackpot gekommen. Der Diamantenrausch begann. Überall im Lande schössen kleinere Minen wie Pilze aus dem Boden, ganz besonders im Oranjefreistaat.«
    »Wo all die weißen Rassisten hausen.«
    Das Essen kam. Carlton aß seinen Burger. Erika war viel zu vertieft ins Thema, um etwas zu essen, und schob ihren Teller beiseite. »Zu der Zeit gab es keine besonders große Nachfrage nach Diamanten, jedenfalls nicht groß genug für die Diamantenflut, die aus Südafrika heranrollte. Bis dahin waren die meisten Diamanten in ausgetrockneten Flussbetten in Indien gefunden worden. Nun jedoch wurden sie tonnenweise abgebaut, und ständig wurden neue Lagerstätten entdeckt. Die großen Bergbauunternehmen sagten sich, die Förderung könne nur dann profitabel sein, wenn sie von einem Monopol betrieben würde. Also fingen die großen Minen an, die kleineren aufzukaufen. Dann schlössen die großen sich zusammen. Und eine wurde die größte.«
    »Lassen Sie mich raten. Waterboer?«
    »Genau. Waterboer Mines. Nun war es allerdings Slythe, der das Sagen hatte. Er schloss Südafrikas gesamte Diamantenproduktion zu einem Monopol zusammen. Schließlich drängte er Nicholas Waterboer aus dem Geschäft und übernahm die Kontrolle über die Firma und über die Diamanten in ganz Südafrika. In diesem Land gibt es keine Kartellgesetze – das Monopol war legal. Und so ist es noch heute, wenn man den Zeitungsartikeln glauben darf.«
    »Das stimmt. Es gibt dort keine Kartellgesetze. Jedenfalls nicht in unserem Sinn. Doch wie ich gehört habe, spricht die neue Regierung unter Boiko davon. Aber erzählen Sie weiter.«
    »Nun, aus den Quellen geht hervor, dass Slythe der Drahtzieher im Hintergrund war, der Kartellgesetze in Südafrika verhinderte. Aber inzwischen ging es gar nicht mehr nur um Südafrika – das Diamantenfieber breitete sich auf der ganzen Welt aus. Jeder wollte Diamanten abbauen. Die Lager füllten sich mit Bergen von Rohdiamanten. Slythe begriff, dass er Waterboers Vormachtstellung auf dem Markt nur sichern konnte, indem er den Weltbestand an Diamanten kontrollierte, deshalb gründete die Firma überall Vertretungen und kaufte wie verrückt Minen auf. Für riesige Summen. Wenn die Mine nicht im Ganzen zu kaufen war, erzwang der Konzern Verträge, um den gesamten Förderertrag zu übernehmen. Wenn auch das nicht klappte, zahlte er einfach eine gewisse Summe, damit die Förderung eingestellt wurde.«
    Carlton hörte mitten im Kauen auf und blinzelte.
    »Kommt Ihnen das bekannt vor? Das Waterboer-Imperium war übermächtig. Wenn die Regierung eines Dritte-Welt-Landes ihm Schwierigkeiten machte, bestach es hohe Beamte, stachelte Aufstände an oder ließ die Unruhestifter einfach ermorden. Ohne Skrupel.«
    Carlton lauschte gebannt.
    »Nach und nach erlangte Waterboer die Kontrolle über die weltweite Diamantenproduktion.

Weitere Kostenlose Bücher