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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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heißt aber nicht, dass du persönlich in die Vereinigten Staaten fahren sollst. Das wäre ein zu großes Risiko. Schick Uljanow oder einen anderen von Molotoks Schlägern. Wir müssen uns bei ihnen lieb Kind machen, und sie brauchen Geld. Bezahl sie gut - sie werden froh sein, den Auftrag übernehmen zu dürfen.«
    Enttäuschung zeigte sich auf Ians Miene. »Ja, Sir.«
    »Da wir gerade über unseren Wirrkopf aus Sibirien reden - was gibt es Neues über Molotok?« Neuerliches Schniefen.
    »Alles läuft, wie es soll, Sir. Unser Mann bei der CIA hat das Feuer in Mirnyj als Gasexplosion klassifiziert. Und wie Molotok uns versprochen hatte, wurde einer seiner Gefolgsleute zum neuen Kommandeur der Garnison ernannt, als Nachfolger von Marschall Ogarkow. Nächste Woche sollen die Lieferungen wieder beginnen.«
    »Hervorragend. Sonst noch was? Allmählich wird es langweilig.«
    »Sie haben gleich eine Verabredung mit Riebeeck, und vergessen Sie nicht heute Nachmittag die Eröffnung des neuen Flügels im Kinderkrankenhaus. Später dann noch das Treffen mit der Vereinigung schwarzer Geschäftsfrauen.«
    Punkt vierzehn Uhr schwebte ein Bell-230-Helikopter mit der Aufschrift »OFS Immobilien« aus dem klaren blauen Himmel Südafrikas und landete auf dem Dach eines kleinen Gebäudes in Kimberley, der Hauptstadt der südafrikanischen Diamantenindustrie im Oranjefreistaat. Slythe und einer seiner Leibwächter stiegen aus und gingen eine dunkle Treppe hinunter in einen Korridor mit leeren Büros. Das Gebäude wurde schon seit zwanzig Jahren von der OFS Immobilienfirma zum Kauf angeboten. Es sah zwar ungenutzt und baufällig aus, wurde in Wahrheit aber rund um die Uhr bewacht und war schallisoliert. Slythe benutzte es für geheime Gespräche und Meetings, die in der Waterboer-Hauptniederlassung nur Aufsehen erregt hätten.
    In einem der leeren Büros nahm ein untersetzter Mann Mitte vierzig mit strähnigem Haar und ungepflegtem Bart seine billige Zigarre aus dem Mund. Der taubenblaue Anzug war ihm eine Nummer zu klein und passte schlecht zu seinen schlammbespritzten Jodhpurstiefeln. Wim Voerwold fühlte sich in Uniform wesentlich wohler. Tatsächlich hatte er sich in letzter Minute noch umgezogen, weil er nicht auffallen wollte.
    Trotz seiner ungepflegten Erscheinung strahlte Voerwold das übersteigerte Selbstbewusstsein aus, das er sich als Führer der weißen Burenvolksfront erworben hatte. Aus reinem Größenwahn hatte er den Namen Jan van Riebeeck angenommen - nach dem schiffbrüchigen holländischen Matrosen, der 1649 vorgeschlagen hatte, die Vereinigte Ostindische Kompanie solle das Kap erobern. 29 Jahre zuvor hatte ein englischer Kapitän die zaghafte britische Krone vergebens vom gleichen Vorhaben zu überzeugen versucht. Riebeeck alias Voerwold hatte fünf Jahre bei der südafrikanischen Armee gedient und sich nach dieser Zeit selbst zum General befördert.
    Nun war er sehr aufgeregt, bemühte sich aber, es nicht zu zeigen. Die Zusammenkunft mit Slythe konnte ihn auf die vorderste Bank der südafrikanischen Politik katapultieren - oder ins Gefängnis bringen, wie so viele gescheiterte Revoluzzer.
    »Mr Slythe, es ist mir eine große Ehre«, sagte Riebeeck mit starkem Afrikaans-Akzent.
    Slythes Händedruck war kräftig. »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, General. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, lassen Sie uns gleich zur Sache kommen. Ich möchte nicht den Verdacht der Regierung auf uns lenken.«
    »Die Regierung«, höhnte Riebeeck. »Diese Kafferngeier sind doch viel zu dämlich, um überhaupt etwas zu merken.«
    Nach Jahrzehnten der Unterdrückung und Demütigung für die schwarze Bevölkerung war 1994 unter Nelson Mandela - dem ersten demokratisch gewählten, schwarzen Präsidenten - ein friedlicher Übergang von weißer zu schwarzer Staatsführung vollzogen worden. Doch die Burenvolksfront zeigte sich davon unbeeindruckt: Sie erhob nach wie vor Anspruch auf das frühere Land des Oranjefreistaats. Die Wahlen von 1994 hatten für die Front einen Rückschlag bedeutet: Nur ein paar Sitze im Parlament der vierhundert Volksvertreter waren ihnen zugefallen; bei den nächsten Wahlen waren es noch weniger. Danach hatte die Volksfront jedes zur Verfügung stehende Mittel eingesetzt, um sich als Kampforganisation neu zu formieren. Auf Grund der zunehmenden Korruption und Trägheit, der Günstlingswirtschaft und der Unfähigkeit des neuen Parlaments unter Boiko waren mehr und mehr Weiße Mitglieder der Volksfront geworden.

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