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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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sagen. Oder unter Stalin.
    Zuerst hielt Uljanow sich noch zurück, dann wurde er durch Molotoks feurige patriotische Reden ein glühender Anhänger von dessen Organisation. Und nun war es Molotok, der Uljanow in seine Partei aufnahm. Uljanow hatte einen Verbündeten gesucht – und einen Meister gefunden. »Lass uns essen.« Molotok hievte seinen mächtigen Körper aus dem Bad und nahm ein flauschiges Handtuch von einem Regal aus Zedernholz. Uljanow folgte gehorsam. »Unsere Gäste sollten inzwischen eingetroffen sein.«
    Wieder klopfte er Uljanow auf den Rücken. Die beiden ersten Klapse hatten bereits rote Striemen auf der Haut des früheren Oberst hinterlassen, doch er beschwerte sich nicht und folgte Molotok ins Ankleidezimmer. Nachdem sie angezogen waren, führte ihn Molotok in einen reich ausgestatteten Empfangsraum mit zobelfellbezogenen Stühlen, an dessen Kiefernholzwänden mehrere Ölgemälde hingen, auf denen der Bau der Transsibirischen Eisenbahn dargestellt war. Ein prasselndes Kaminfeuer verbreitete das einzige Licht. Als die beiden Männer eintraten, erhob sich eine Gestalt im Arbeitsdienstanzug von einem der Stühle.
    »Marschall Aleksakow«, stellte Uljanow vor. Als stünde er noch im Heeresdienst, salutierte er vor dem frisch beförderten Marschall der Östlichen Bodentruppen und der Mirnyj-Garnison. Lächelnd erwiderte Aleksakow den zackigen Gruß.
    Molotok nahm die Hand des Mannes in seine riesige Pranke. »Gut, dass Sie gekommen sind, Marschall. Und sehr klug, dass Sie nicht Ihre Uniform tragen.« Mit dem Zeigefinger tippte er sich an den haarigen Schädel.
    »Vielen Dank, Molotok. Ich bin es, der für Ihre Gastfreundschaft zu danken hat.«
    »Ganz und gar nicht, mein Freund. Überhaupt nicht. Wir sind doch Verbündete.« Er vollführte eine theatralische Geste. »Was mein ist, gehört auch Ihnen.«
    »Spasiba.«
    »Ich wollte Sie noch zu Ihrer hervorragenden Arbeit beglückwünschen, Marschall. Ohne Sie wäre es Russkost niemals gelungen, die Kontrolle über die Diamanten aus Mirnyj zu erlangen, um damit den Feldzug für das rodina zu finanzieren.«
    Aleksakow war froh, dass seine beiden Gastgeber nicht die Röte wahrnehmen konnten, die ihm nach diesen Komplimenten ins Gesicht stieg. Auch er nahm unbewusst teil am Kult um Molotoks Persönlichkeit, den der sibirische Bär geschickt und unablässig zu schüren wusste.
    »Die Diamanten aus Mirnyj sind das Herzstück unseres Feldzugs für Mütterchen Russland. Ich wünschte nur, ich könnte meiner Dankbarkeit besser Ausdruck verleihen.« Molotok setzte sein geübtes Lächeln auf.
    »Bei diesem großartigen Feldzug an Ihrer Seite stehen zu dürfen ist Lohn genug«, sagte Aleksakow.
    »Spasiba, spasiba.« Molotok deutete eine Verneigung an, dann wandte er sich an Uljanow, der noch immer in Habtachtstellung vor dem Marschall stand, eine Angewohnheit, die er nach all den Jahren im Heer nicht so leicht ablegen konnte. »Kommen Sie, towarischi. Lassen Sie uns zu unseren Verbündeten gehen.« Er führte die beiden Männer durch einen schmalen Flur in den größten Raum der Datscha.
    Das Zimmer war ganz in klar lackierter sibirischer Kiefer gehalten. Auf dem Boden lagen dicke Wollteppiche in roten und blauen Folkloremustern. An den Wänden neben den dreifach verglasten Fenstern hingen Felle vom Hermelin, Zobel und Bär. Mitten im Raum stand ein schlichter Holztisch von mehr als zehn Metern Länge. In einem großen gemauerten Kamin loderten Tannenscheite. Über dem Tisch hingen drei Kronleuchter aus den Geweihen sibirischer Elche. Ölige schwarze Dochte dicker Kerzen verbreiteten stinkenden Rauch. Wie der Kamin dienten auch die Kerzen eher einem dekorativen Zweck. Ein hauseigener Generator sorgte dafür, dass in diesem abgelegenen, einsamen Gebäude niemals der Strom und die Wärmeversorgung ausfielen.
    Zehn Männer in Straßenanzügen standen schweigend in dem großen Raum. Wie Marschall Aleksakow hatte auch der andere hochrangige Militär seine Uniform zu Hause gelassen. Einige Männer saßen in Aufsichtsräten und Banken. Andere hatten mit den Medien zu tun. Wieder andere mit Eisenbahnen, Lagerhäusern, Werften und Flughäfen, Computern und Energieerzeugung. Diese Männer waren die obersten Zehn der krestnii otets: die Paten der mächtigen russischen mafija. Die Hälfte von ihnen waren bekannte Geschäftsleute, die man oft im Fernsehen und in den Zeitungen sah. Die anderen waren so mächtig, dass sie nicht einmal der Öffentlichkeit bekannt waren. Jeder

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