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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Namen waren die entsprechenden Formulare unterschrieben worden. Da es immer um große Summen ging, konnten sich die meisten Bankangestellten an den Mann erinnern. Aber keiner konnte ihn identifizieren. Er hatte immer eine große Sonnenbrille getragen, einen breitkrempigen Hut oder auch einmal eine Augenklappe. Die Tatsache, dass sein Name überall auftauchte, machte Gemini noch verdächtiger.
    »Dennoch, Ispettore, es passt nicht. Wenn Gemini clever genug ist, sich zu verkleiden, um nicht wiedererkannt zu werden, wäre er kaum so dumm, mit seinem Namen zu unterschreiben.«
    »Also bleibt es bei Mantinger, oder?«
    »Das werden wir vielleicht bald wissen. Meine Befragungen im Sarntal und in Mancinis privatem Umfeld haben übrigens nichts ergeben. Holen Sie Mantinger, er darf ein bisschen auf unsere Kosten telefonieren. Ich gehe derweil zu Baroncini, um ihm meinen Plan zu erklären. Wenn er zustimmt, weihe ich Sie ein.«
     
    Baroncini lauschte Vincenzos Ausführungen aufmerksam und ohne Unterbrechungen. Als der Commissario zum Ende gekommen war, rieb er sich nachdenklich den Bart. »Was Sie vorhaben, ist Wahnsinn, Commissario. Ich hoffe, das ist Ihnen bewusst?«
    »Ja, Dottore, und wir haben nicht einmal die Gewissheit, dass es funktioniert. Trotzdem ist es unsere einzige Chance.«
    »Und wenn etwas schiefgeht?«
    »Es könnte in einem Fiasko enden, ich weiß.«
    Baroncini musterte Vincenzo einen Augenblick, dann hatte er einen Entschluss gefasst. »Wie ich die Sachlage einschätze, haben wir eine kleine Chance, Gemini hinter Gitter zu bringen. Aber erstens ist ungewiss, ob der Richter das genauso sieht, und zweitens wäre es möglich, dass ein Unschuldiger einsitzt. Das ist nicht Sinn und Zweck unserer Arbeit. Ich gebe Ihnen grünes Licht. Wenn es so weit ist, will ich persönlich dabei sein. Haben Sie das verstanden?«
    »Selbstverständlich, Vice-Questore, ich bin mir meiner Verantwortung bewusst. Sie können sich auf mich verlassen.«
    Dottore Baroncini hatte zugestimmt! Mit dieser Finte mussten sie ihn einfach kriegen. Möglicherweise bestätigte sich dabei nur das Offensichtliche, nämlich dass Gemini ein dreifacher Mörder war. Aber wie Baroncini widerstrebte es ihm, jemanden wegen Mordes anzuklagen, wenn es Zweifel gab. Vincenzo sah auf die Uhr. In spätestens einer Viertelstunde kam Marzoli mit Mantinger zurück. Zeit genug, sich noch einen Caffè Doppio zu besorgen.
    Auf dem Rückweg ins Büro wies er den wachhabenden Kollegen an, Gemini zu holen. Dann rief er in der »Dolomiten« bei Fasciani an und bereitete ihn auf die Stimmenvergleiche vor. »Wir haben unsere undichte Stelle entdeckt. Die müssen wir schließen. Zwei Kollegen kommen in Frage. Ich habe Ihnen zugesagt, dass Sie zukünftig alle Informationen direkt von mir bekommen, also von offizieller Seite. Es kann nur in Ihrem Sinne sein, wenn wir unseren Maulwurf finden. Können Sie sich an etwas ganz Bestimmtes erinnern, was der Anrufer zu Ihnen gesagt hat?«
    Fasciani musste nicht lange überlegen. »Ich erinnere mich genau: Er sagte: ›Ich bin es wieder, Ihr Auflagenbringer . ‹ Das fand ich irgendwie vermessen, selbstverliebt.«
    »Ausgezeichnet! Bitte halten Sie sich bereit, ich rufe Sie in ein paar Minuten wieder an. Ich lasse beide diesen Satz mehrfach sowie in verschiedenen Geschwindigkeiten und Rhythmen aufsagen. Vielleicht erkennen Sie seine Stimme wieder.«
    Ispettore Marzoli betrat mit einem aufgebrachten Klaus Mantinger Vincenzos Büro. »Was wollen Sie denn schon wieder, Commissario? Sie entwickeln sich ja zu einer regelrechten Heimsuchung!« Gemini, der bereits an Vincenzos kleinem Besprechungstisch saß, beachtete er nicht. »Sie können es sich wahrscheinlich kaum vorstellen, aber ich muss gelegentlich auch mal arbeiten. Wir haben nämlich unseren ersten Krisenfall. Egal, ob die Gelder legal nach Liechtenstein gekommen sind oder nicht, jetzt müssen wir zusehen, dass wir ein Unternehmen retten. Also, worum geht es?«
    Ohne auf Mantingers Provokation einzugehen, erläuterte Vincenzo den beiden, was sie zu tun hatten. Aufmerksam beobachtete er jeden von ihnen. Keiner zuckte bei dem Zitat mit der Wimper. Er rief in der Redaktion der »Dolomiten« an. »Signor Fasciani, wir wären dann so weit. Ich reiche den Hörer weiter.«
    Gemini war zuerst an der Reihe. Er sagte: »Ich bin es wieder, Ihr Auflagenbringer«, in ganz normalem Tonfall, dann schnell, einmal ein wenig hektisch, mal gedehnt, mal das Ich betonend, dann den Auflagenbringer .

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