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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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unter sich entdeckte. Es gab für ihn keinen Zweifel, dass es Panzinis Auto war, was da zerschellt zwischen Felsen und Bäumen lag. Mit einem Kloß im Hals wählte er die Nummer der Carabinieri.
    Während die Spurensicherung sich um Bremsspuren und Scherben kümmerte, trafen einige Mitglieder der Bergwacht ein, weil es den Carabinieri unmöglich war, ohne professionelle Unterstützung bis zum Wrack vorzudringen. Sie fanden Panzini noch angeschnallt auf dem Fahrersitz. Er war fürchterlich zugerichtet, hatte nicht den Hauch einer Chance gehabt. Der erste Eindruck: zu schnell gefahren, vermutlich unter Alkoholeinfluss.
    Am späten Nachmittag wurde die Passstraße wieder freigegeben. Panzinis Leichnam wurde in die Gerichtsmedizin gebracht, möglicherweise würde eine Obduktion angeordnet. Die Befragung von Dottore Laurenzi ergab keine nennenswerten Hinweise, man konnte lediglich den Unfallzeitpunkt bestimmen. Laurenzi, der stärker unter Schock stand, als ihm bewusst war, ließ den Verdacht seines Freundes unerwähnt.
    ***
     
    Mailand
     
    Pünktlich klingelten Gianna und Vincenzo bei Familie dal Monte in der Via Don Ernesto Vercesi. Selbstverständlich wohnten Giannas Eltern in einer der begehrtesten Lagen Mailands, für Durchschnittsverdiener unbezahlbar. Ebenso selbstverständlich konnten sie sich dort eine schlossartige Villa leisten. Alles war genauso, wie Vincenzo es sich vorgestellt hatte. Ihm war völlig klar, wie dieser Abend verlaufen würde. Er fühlte sich fehl am Platz, sehnte sich nach seinem eigenen kleinen Reich in Sarnthein.
    Gianna war um drei nach Hause gekommen und hatte einen griesgrämigen Vincenzo angetroffen, der permanent fragte, warum sie ihm das antue. Es gelang ihr nicht, ihn aufzumuntern. Auch in diesem Moment, als sie vor der Tür ihrer Eltern standen, entging ihr nicht, wie angespannt er war. Sie seufzte innerlich.
    Die erste Überraschung erlebte Vincenzo, als Dottore dal Monte die Tür öffnete. Entsprechend seiner vagen Erinnerung an die kurzen Begegnungen mit Giannas Eltern in der Kanzlei hatte er einen fein herausgeputzten Patrone mit herrischem, herablassendem Blick, gekleidet mindestens in einen Brioni-Anzug mit seidenem Einstecktuch erwartet. Tatsächlich lächelte ihm ein freundlicher Alfredo in lässiger Jeans und Poloshirt entgegen. »Prima, dass ihr gekommen seid, wir haben uns sehr auf euch gefreut.«
    Alfredo führte sie in ein Vestibül mit einer gewölbten, stuckverzierten Decke. Helle Naturholzböden, in zarten Ockerfarben gehaltene, mit Monet-Drucken verzierte Wände, ein eleganter schwarzer Flügel und einige moderne Skulpturen aus einem Mailänder Atelier verbreiteten eine überraschend heimelige, warme Atmosphäre. Dort empfing sie Giannas Mutter.
    »Herzlich willkommen, Vincenzo. Ich freue mich, den Freund meiner Tochter ein bisschen besser kennenlernen zu dürfen. Ich verschwinde für eine Weile in der Küche, um mich ums Essen zu kümmern. Macht es euch inzwischen bequem.«
    Erstaunt bemerkte Vincenzo, dass er sich weniger unwohl fühlte als befürchtet. Er hatte sich nicht vorstellen können, dass es Rechtsanwälte gab, die sich wie normale Menschen benahmen. Deshalb war ihm Giannas Beruf suspekt. Doch normal ging es weiter.
    »Vincenzo«, sagte Alfredo, »was möchten Sie trinken? Gianna liebt Prosecco, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich vor dem Wein zum Essen am liebsten ein Bier trinke.«
    Als sie das Haus dal Monte verließen, war es nach Mitternacht. Beim Essen hatte von Anfang an eine gelöste Stimmung geherrscht, es war, als würde man sich schon seit Jahren kennen. Niemand hatte ihn nach seinen Plänen gefragt oder ihm nützliche Verbindungen angeboten. Stattdessen wollten Giannas Eltern alles über die einzigartigen Dolomiten wissen. Sie sprachen weder über die Kanzlei noch über sonstige berufliche Belange. Nach drei Stunden hatten sie drei Flaschen Brunello geleert, bei der vierten bot ihm Alfredo das Du an.
    »Gianna, deine Eltern sind richtig klasse«, sagte Vincenzo auf der Rückfahrt und lallte dabei ein wenig. »Hab sie vorher ja bloß zweimal gesehen, aber nach diesem Abend …«
    Gianna musste lachen. »Sonst, mein schöner Kommissar, hätte ich kaum so ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Du hast manchmal derartige Vorurteile, das passt gar nicht zu dir. Vielleicht warst du einfach unsicher.«
    »Unsicher? Wer? Ich? Quatsch! Ich dachte, das sind bestimmt typisch arrogante Rechtsanwälte. Weißt du, die haben so eine impertinente Art, uns

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