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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Sicht Ausland. Für sie wäre Teresa die perfekte Schwiegertochter gewesen. Sie war freundlich, einfach und wollte ein Leben als Hausfrau und möglichst viele Kinder. Das passte genau zu den Wertvorstellungen seiner Eltern. Außerdem waren sie gut mit Teresas Eltern befreundet, die im benachbarten Meran eine Pizzeria betrieben. Beide Elternpaare hatten sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass ihre Kinder einmal gemeinsam vor dem Traualtar stünden und die Familien vereinigten. Dass Teresa bald ihren Matteo heiraten wollte, ignorierte insbesondere Antonia geflissentlich. Auch wenn Vincenzo sich selbst nicht sicher war, ob seine Beziehung mit Gianna Zukunft hatte, ärgerte ihn diese von Vorurteilen gezeichnete Haltung seiner Mutter.
    »Mama, du kennst doch Gianna kaum. Glaub mir, sie ist das liebenswerteste Mädchen, das man sich vorstellen kann. Du tust gerade so, als käme sie von einem anderen Stern. Und ständig dieses Gerede von Teresa. Teresa hier, Teresa da, du meine Güte, das ist bald zwanzig Jahre her, und du sprichst noch immer von ihr. Akzeptier endlich, dass ich jetzt mit Gianna zusammen bin und nicht mehr mit Teresa, sonst komme ich zukünftig mit Gianna nicht mehr zu euch. Giannas Eltern sind übrigens ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Alfredo, also Giannas Vater, ist privat total locker.«
    Antonia versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie tödlich beleidigt war. »Kann man sich bei solchen Leuten zwar nicht vorstellen, aber wenn du es sagst.«
    »Bestimmt, glaubt mir. Vielleicht werdet ihr sie bald kennenlernen.«
    »Das hat Zeit, Vince, es reicht auch im Spätherbst, wenn die Saison vorbei ist. Und es ist wahr, wir hätten uns gewünscht, dass du Teresa heiratest und uns Enkel schenkst. Ist das ein Verbrechen? Aber gut, sei’s drum. Was gibt es Neues in der Questura?«
    Vincenzo war erleichtert, dass diese leidige Diskussion beendet war. Beim Thema Beruf wähnte er sich in sicheren Gewässern. Er täuschte sich. »Es kann tatsächlich sein, dass ich meinen ersten Mordfall als verantwortlicher Commissario habe. Natürlich kann ich nicht darüber sprechen.«
    Seiner Mutter fiel vor Entsetzen die Gabel aus der Hand. »Einen Mordfall?« Ihre Stimme überschlug sich fast. »Bist du des Wahnsinns? Willst du umgebracht werden?«
    Endlich beteiligte sich auch Piero an der Diskussion. »Antonia, carissima , dein Sohn ist Commissario, da kann es schon vorkommen, dass er einen Mord aufklären muss.«
    »Wieso? Es gibt genug Commissari mit mehr Erfahrung, die sollen das übernehmen. So weit kommt das noch, dass mein eigen Fleisch und Blut sich in Lebensgefahr begibt!«
    »Mama, wie soll ich Erfahrungen sammeln, wenn ich nicht ermittle? Außerdem ist noch gar nicht klar, ob es ein Mord ist. Wahrscheinlich doch bloß ein Unfall.«
    So war seine Mutter. Impulsiv, emotional, gluckenhaft und von einem ausgeprägten mütterlichen Beschützerinstinkt getrieben. Das betraf alle Facetten seines Lebens, die privaten wie die beruflichen. So sehr er seine Mutter liebte, dieses Klammern ging ihm auf die Nerven. Schließlich war er längst erwachsen. Dabei fiel ihm ein, dass Tante Erika und Onkel Rudolf nächstes Wochenende kamen, um sich bei ihm einzuquartieren, ausgerechnet jetzt, wo es mit Gianna ein bisschen besser lief. Wieder ein Wochenende, an dem er sie nicht sehen konnte.
    Als er in die Questura zurückkam, waren alle Gedanken an Eltern, Jugendlieben, Tanten und Onkel wie weggewischt. War Reiterer weitergekommen? Gab es Hinweise, dass es kein Unfall war? Er ging direkt in sein Büro, und in der Tat, er fand eine kleine Notiz auf seinem Schreibtisch: »Reiterer hat Informationen für dich, du kannst jederzeit zu ihm runterkommen. Gruß, Paolo«. Aufgeregt lief Vincenzo in die Spurensicherung. Reiterer saß an seinem Schreibtisch.
    »Was haben Sie rausgefunden, Signor Reiterer?«
    »Nehmen Sie erst mal Platz, Commissario, es gibt einiges zu berichten. Möchten Sie einen Espresso?«
    Danach stand Vincenzo in diesem Moment nicht der Sinn. »Nein danke, also, was gibt es für Neuigkeiten?«
    »Dass Commissari immer so hektisch sein müssen. Nun gut, die minimalen Lackspuren sind von einem Mitsubishi Pajero 3,8 V6, das neue Modell, das Flaggschiff des Pajero. Die Spuren sind frisch. Es ist anzunehmen, dass sie von dem Unfall am Penegal stammen.«
    »Also haben wir eine klassische Fahrerflucht?«
    Reiterer rieb sich nachdenklich das Kinn. »Wäre denkbar, aber es gibt einige Auffälligkeiten. Nun

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