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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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nicht sagen. Ich denke schon.«
    »Haben Sie am Freitag nicht in den Ordnern in Ihren Schubladen nachgesehen?«
    »Nein.«
    »Am Montag schon?« Unruhig rutschte Franco auf seinem Stuhl hin und her. »Ja, das heißt, eigentlich nein, also nicht direkt. Ich brauchte diese Akte ohnehin am Montag und habe sie deshalb aus der Schublade genommen. Dabei fiel der Schlüssel raus.«
    Vincenzo stellte sich vor, wie Franco den Ordner aus seiner Schublade zog und ihm dabei sein Autoschlüssel entgegenkam. War das überhaupt möglich? »Lag die Akte in derselben Schublade, in der gewöhnlich Ihr Autoschlüssel liegt?«
    »Nein, der ist immer in der obersten Schublade, die Akte war in der darunter. Warum ist das so wichtig?«
    »Überlassen Sie das bitte mir. Hat es Sie nicht verwundert, dass der Schlüssel nicht da war, wo Sie ihn immer hinlegen?«
    »Herrgott noch mal, wenn man zerstreut oder unkonzentriert ist, kann so etwas doch passieren. Mir ging es nicht so gut, ich habe gar nicht weiter darüber nachgedacht, es ging bloß um einen Schlüssel, einen Schlüssel, verstehen Sie? Soll ich daraus vielleicht einen Staatsakt machen?«
    Vincenzo ließ sich von Francos Ärger nicht aus dem Konzept bringen. »Wissen Sie noch, wie die Akte in Ihrer Schublade lag?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, wie herum, der Rücken nach vorne oder nach hinten oder zur Seite?«
    »Verstehe, der Rücken, hm, wie war das noch gleich? Links, ja, der Rücken war links.«
    »Gut, Dottore Franco, ich habe nur noch eine Frage an Sie. Wir wissen, dass Sie mit Inbrunst Ihren eigenen Weinberg bestellen. Wenn Sie so fanatisch sind, warum verbringen Sie dann nicht jede freie Minute in Ihrem Weinberg?«
    »Reine Privatsache«, grummelte Franco mit zusammengekniffenen Augen und demonstrativ verschränkten Armen.
    »Bis jetzt vielleicht, Signore. Seitdem wir in einem Mordfall ermitteln und Sie unser Hauptverdächtiger sind, nicht mehr. Wenn Sie unschuldig sind, können Sie sich entlasten, falls wir keine Verbindung herstellen können zwischen Ihren Aktivitäten und Panzinis Tod.«
    Franco zögerte zwar einen Moment, schien aber zu begreifen, dass er gar keine andere Wahl hatte. Er beugte sich über Vincenzos Schreibtisch und sagte ganz leise, als gälte es, ein Geheimnis von ungeheurer Tragweite vor feindlichen Ohren zu schützen: »Also gut. Bislang wissen meine Kollegen offiziell nämlich noch nichts. Aber ich hatte ohnehin vor, es ihnen zu erzählen, damit dieses dumme Gerede aufhört.« Er machte eine pathetisch anmutende Gesprächspause, atmete einmal tief durch und fuhr mit feierlicher Stimme und erhobenem Zeigefinger fort: »Ich habe Pläne, Commissario, große Pläne, schon seit Langem. Der Weinbau ist meine Bestimmung, nicht die Beratung. Seit einigen Jahren fahre ich so oft es geht in die Toskana, weil ich dort einen größeren Weinberg suche. Ich will mich in spätestens zwei Jahren aus der Beratung zurückziehen und mich ganz dem Weinbau widmen. Jetzt wissen Sie es.«
    »Sie fahren also regelmäßig in die Toskana?«
    »Ja.«
    »Dann müsste man Sie dort kennen, oder? Ich denke an Hotels, an Weingüter …«
    Nachdem Franco sich zu diesem Geständnis durchgerungen hatte, war er spürbar weniger gereizt. Im Gegenteil, ihm war sogar ein gewisser Stolz anzumerken, Stolz und Freude, dass sich jemand für seine Pläne interessierte. »Allerdings, Commissario, ich kann Ihnen etliche Namen nennen. Ich habe mich auf drei Anbaugebiete beschränkt, miete in jedem Gebiet stets dieselbe Ferienwohnung und verhandle seit Jahren mit verschiedenen Weinbauern. Möglicherweise komme ich noch dieses Jahr zu einem Abschluss.« Franco war jetzt ganz in seinem Element, er schien gar nicht mehr daran zu denken, dass er soeben als Tatverdächtiger in einem Mordfall verhört wurde. »Traumhaft! Ein ertragreicher Weinberg in der Nähe von San Gimignano, perfekte Südausrichtung, ausgezeichnete Bodenqualität, und ich kann den Weinberg auf Rentenbasis erwerben. Es ist wunderschön dort. Waren Sie mal in dieser Gegend, Commissario?«
    Vincenzo stand in diesem Moment nicht der Sinn nach Toskana-Romantik. »Sie können gehen. Schreiben Sie mir vorher bitte sämtliche Kontakte dort auf, wir überprüfen das. Obwohl, eine Frage zwängt sich förmlich noch auf. Woher nehmen Sie das Geld für ein solches Projekt? Ein Weinberg kostet sicherlich einiges, auch auf Rentenbasis.«
    »Seit vielen Jahren spare ich darauf hin. Ich gönne mir ansonsten nichts. Deshalb hat mich meine Frau

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