Das Monster von Bozen
Arbeit«, lobte er und strich sich über den eleganten Bart. »Die ersten Tage sind bekanntermaßen die entscheidenden. Kommt man in dieser Phase nicht voran, wird es schwierig. Erzählen Sie, wie es zu dieser schnellen Verhaftung kam.«
Es fiel Vincenzo nicht leicht, dem Vice-Questore die gute Laune zu verderben. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als die Situation so zu schildern, wie sie war: unbefriedigend. Er schloss: »Somit haben wir zwar einen Fabio Franco in Untersuchungshaft, gegen den alle Indizien sprechen, der allerdings keinerlei Motiv zu haben scheint. Indizien sind keine Beweise.«
»Ärgerlich. Aber Sie haben recht. Indizien allein reichen für eine Verurteilung nicht aus. Was gedenken Sie als Nächstes zu tun, Commissario?«
»Panzinis Privatleben ebenso durchleuchten wie das seiner Kollegen, obwohl er offenbar kaum ein Privatleben hatte. Vielleicht stoßen wir dabei auf bislang unbekannte Zusammenhänge. Außerdem müssen wir wissen, wer und was in die Geschäfte der SSP involviert ist. Und ich würde mit Dottore Tadini sprechen, der den Tod von Arthur Achatz untersucht hat.«
Baroncini sah Vincenzo fragend an. »Wer ist Arthur Achatz?«
»Der Tote auf dem Arthur-Hartdegen-Weg, an dessen natürlichen Herzinfarkt Panzini nicht geglaubt hat.«
»Ah, ich erinnere mich. Gut, Bellini, erzählen Sie weiter.«
Vincenzo war erleichtert, dass Baroncini die Wahrheit wichtiger war als eine schnelle Erledigung des Falls. Ermutig fuhr er fort: »Falls Dottore Tadini Zweifel hat, sollten wir eine Obduktion des Leichnams anordnen. Wie schätzen Sie die Chancen ein, Dottore?«
»Vor diesem Hintergrund? Gut. Brauchen Sie noch Unterstützung?«
»Könnte vielleicht jemand in den Vorgeschichten der Beteiligten stöbern? Herkunft, Werdegang, Familie, Gründe für Trennungen? Dann könnten wir uns derweil auf die SSP konzentrieren, denn ich bin überzeugt, dort liegt der Schlüssel.«
»Das lasse ich Signora Sacchini machen. Gehört zwar nicht zu ihren Aufgaben, aber ich weiß nicht, wen ich sonst dafür abstellen könnte. Fahren Sie nach Bruneck und sprechen Sie mit Dottore Tadini.«
***
»Es ist unbegreiflich«, sagte Gemini und ließ seinen Blick von einem zum anderen wandern, »noch vor wenigen Wochen haben wir zu acht hier gesessen und uns überlegt, wie wir Rödderlink optimal unterbringen können. Jetzt sitzen wir hier zu fünft und können nicht verstehen, was geschehen ist. Kollegen, was ist gelaufen zwischen Panzini und Franco? Was habe ich nicht mitbekommen?«
»Es gibt unseres Wissens nichts, Signor Gemini«, antwortete Mantinger, »das ist ja gerade das Merkwürdige.«
Sabrina Parlotti warf ihr langes dunkles Haar nach hinten und fragte: »Was hat Fabio eigentlich in all den Jahren getrieben, wenn er am Wochenende und im Urlaub in geheimer Mission unterwegs war, anstatt in seinem geliebten Weinberg zu arbeiten? Das kam uns doch allen komisch vor.«
Mantinger sah sie an. »Gut, Sabrina, aber was hat das hiermit zu tun?«
Parlotti zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich suche bloß nach Anhaltspunkten, einem Grund, einem Motiv, irgendetwas, wo man suchen könnte. Sollten wir der Polizei das nicht erzählen?«
Gemini nickte zustimmend. »Sie haben recht. Jeder Hinweis ist von Bedeutung. Wir müssen schnellstmöglich aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.«
In diesem Moment ging die Tür auf, und Signora Evangelista vom Empfang sagte aufgeregt: »Bitte entschuldigen Sie die Störung! Draußen ist wieder jemand aus der Questura, der will Sie sprechen.«
»Kein Problem«, sagte Gemini, »ich komme sofort.«
»Er will Sie alle sprechen!«
»Na, dann bitten Sie ihn herein, und bringen Sie uns noch eine Tasse.«
Der schwere Körper von Marzoli schob sich in den Raum. Er war morgens wieder viel zu aufgeregt gewesen, um zu frühstücken, und nahm den Kaffee dankend an. »Im Moment interessieren mich zwei Themen: Dottore Franco und Ihre Firma. Da Sie jetzt genug Zeit hatten, in sich zu gehen, richte ich an Sie alle nochmals die Frage, ob jemandem von Ihnen bekannt ist, dass es Streit zwischen Franco und Panzini gegeben hat, Eifersüchteleien, Geldprobleme, was auch immer.«
Parlotti erzählte dem Ispettore von Francos unbekannten Wochenendaktivitäten. Ansonsten gab es nichts zu berichten, Panzini war ein angenehmer, eher introvertierter Mensch gewesen.
Über die SSP erfuhr Marzoli, dass sie mit externen Partnern zusammenarbeitete, wobei Arthur Achatz aufgrund seiner Kontakte
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