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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Wirtschaftsförderung zu. Sie wollten Mancini zwingen, die Liechtensteiner anzuweisen, ihnen Kontozugang zu erteilen. Parallel würden sie bei der SSP und ihren Kunden recherchieren, was es mit diesem Besuch des Finanzinspekteurs auf sich hatte. Das war Marzolis Aufgabe, Vincenzo würde sich um den Amtsleiter kümmern. Er kippte seinen Espresso hinunter, schnappte sich seine Jacke und fuhr los.
    Im Amt für Wirtschaftsförderung erwartete ihn eine Überraschung.
    »Bedaure, Commissario, Signor Mancini ist seit Montag nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen. Er hat sich auch nicht gemeldet.«
    »Wie bitte? Warum haben Sie uns davon nichts gesagt? Sie wissen doch, dass wir auch im Amt ermitteln.«
    Signora Addazio sah Vincenzo vorwurfsvoll an. »Was geht uns Signor Mancinis Privatleben an? Außerdem ist unsere Mitarbeiterin Signora Galasso vor ein paar Minuten losgefahren, um nachzusehen, ob er zu Hause ist. Wenn nicht, hätten wir Sie ohnehin angerufen.«
    Als Vincenzo das Amt verließ, verdrehte er die Augen angesichts der Unfähigkeit in dieser Behörde. Schneller als erlaubt raste er über die Südtiroler Weinstraße. Falls Mancini so tief in die Sache verstrickt war, wie sie vermuteten, wäre es keine allzu große Überraschung, wenn er sich inzwischen abgesetzt hätte, mit einigen Tagen Vorsprung und einem ansehnlichen Taschengeld.
    Als Vincenzo in Kaltern ankam, fand er die Haustür offen. Gerade wollte er den Klingelknopf betätigen, um sein Kommen anzukündigen, da ertönte von oben ein gellender Schrei.
    Vincenzo zog seine Waffe und hechtete die Stufen hinauf. Mancinis Wohnungstür stand offen. Als er eintrat, bot sich ihm ein Bild des Schreckens. Leblos hing Mancini auf einem hellen Wohnzimmersofa, sein Kopf war schlaff zur Seite gekippt. Das Gesicht und das Sofa waren voller Blut, das aber schon weitgehend eingetrocknet war.
    Zwischen Tür und Sofa stand eine kreidebleiche, wimmernde Frau, die unverwandt auf den Toten starrte. Sie schien sich nicht abwenden zu können, so als würde ihr Blick von einem unsichtbaren Magneten angezogen.
    Vincenzo schob seine Waffe wieder in den Gürtelholster und ging schnell auf Signora Galasso zu. »Signora, gehen Sie bitte sofort hier raus.« Er zog sie sanft, aber bestimmt am Arm zur Tür, um sie von diesem Anblick zu lösen. »Gehen Sie bitte runter, an die frische Luft. Warten Sie auf mich, ich bin in zwei Minuten bei Ihnen. Bitte fassen Sie nichts an, hören Sie? Bleiben Sie auf jeden Fall unten stehen, ich komme gleich zu Ihnen!«
    Nachdem Signora Galasso zitternd die Wohnung verlassen hatte, rief Vincenzo in der Questura an und bestellte Marzoli und die Spurensicherung zur Wohnung des Amtsleiters. Dann ging er mit langsamen Schritten auf die Leiche zu, wobei er sich nach allen Seiten umblickte, bis er unmittelbar vor Mancini stand. Die rechte Schläfe wies ein Einschussloch auf, aber Vincenzo konnte keinen Austrittskanal sehen. Die Kugel steckte also noch im Kopf.
    Neben dem Toten lag eine Beretta 950 Jetfire. Das passte zu dem kleinen Einschussloch. Es war auch weniger Blut, als es auf dem hellen Sofa anfangs ausgesehen hatte. Auf dem gläsernen Wohnzimmertisch lag ein Briefumschlag. Ein Abschiedsbrief? Dann hatte Mancini sich tatsächlich abgesetzt, allerdings endgültiger als vermutet. Vincenzo verließ die Wohnung und ging nach unten.
    Signora Galasso stand, um Fassung ringend, an die Hauswand gelehnt. Sie hatte die Augen geschlossen und klopfte sich wie ferngesteuert mit den Fingern gegen die Stirn. Sie wirkte desorientiert und schien zu frieren, obwohl ihr gleichzeitig der Schweiß auf der Stirn stand. Eindeutig ein Schock.
    Vincenzo legte ihr seine Jacke um die Schultern. »Wie geht es Ihnen, Signora Galasso? Ist Ihnen schlecht oder schwindelig?«
    Ohne die Augen aufzuschlagen, antwortete sie: »Nein, es ist … okay … glaube ich.«
    Vincenzo wusste genau, dass Signora Galasso nun vor allem Ruhe brauchte, aber er wurde von einer unbändigen Neugier getrieben. »Meinen Sie, dass Sie in der Lage sind, mir ein paar kurze Fragen zu beantworten, Signora? Wenn nicht, ist das überhaupt nicht schlimm.«
    Sie öffnete endlich die Augen und sah Vincenzo an. »Ja … ich … ich denke schon. Was wollen Sie wissen?«
    »Vor allem, wie Sie in die Wohnung gekommen sind. Waren die Türen offen, oder haben Sie beim Nachbarn geklingelt?«
    Es war zu spüren, wie sehr Signora Galasso das Reden anstrengte. »Geklingelt? Nein … außer Signor Mancini wohnt hier im Moment

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