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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sitzen sah, die zehn Zentimenter über dem Boden baumelnden Füße erblickte und hörte, wie die Zeitung unter seinem Po raschelte, wenn er sich bewegte, während er Pepsi trank und Süßigkeiten aß, da konnte er Tränen der Erleichterung und des Dankes nicht zurückhalten. Das brachte Hilly – der in seinem Leben niemals bewusst etwas Schlimmes getan hatte – natürlich ebenfalls zum Weinen.
    »Herrgott, Hilly, wo hast du gesteckt?«
    Hilly erzählte die Geschichte, so gut er es vermochte, und er überließ es Bryant und dem Direktor, daraus die objektive Wahrheit zu filtern, so gut sie es vermochten. Er
hatte sich verlaufen, war in den Keller gegangen (»Ich bin einem Kobold gefolgt«, sagte Hilly zu ihnen) und war unter einen der Kessel gekrochen, um zu schlafen. Dort war es sehr warm gewesen, sagte er zu ihnen, so warm, dass er seine Pyjamajacke ausgezogen und sehr behutsam über den Gipsverband gestreift hatte.
    »Die kleinen Hündchen haben mir auch gefallen«, sagte er. »Kann ich einen Hund haben, Daddy?«
    Der Hausmeister, der Hilly gesehen hatte, fand auch die Pyjamajacke. Sie lag unter Kessel Nr. 2. Als er die Jacke hervorholte, sah er auch die »Hündchen«, obwohl sie vor seinem Licht flohen. Er erwähnte sie Mr. und Mrs. Brown gegenüber nicht; sie sahen aus, als würden sie zusammenbrechen, wenn sie noch einen einzigen weiteren Schock erlebten. Der Hausmeister, ein freundlicher Mann, war der Überzeugung, es wäre vielleicht besser, wenn sie nicht erfuhren, dass ihr Sohn die Nacht mit Kellerratten verbracht hatte, die tatsächlich so groß wie Welpen zu sein schienen.
    2
    Hätte man ihn nach seiner Ansicht zu alledem – und den ähnlichen (wenn nicht ganz so spektakulären) Vorfällen der folgenden fünf Jahre seines Lebens – gefragt, dann hätte Hilly zweifellos achselzuckend geantwortet: »Schätze, irgendwie gerate ich immer in Schwierigkeiten.« Hilly meinte, dass er unfallgefährdet war, aber bislang hatte ihm noch niemand diesen Ausdruck beigebracht.
    Als er acht Jahre alt war – zwei Jahre nach Davids Geburt -, brachte er eine Nachricht von Mrs. Underhill nach Hause, seiner Lehrerin in der dritten Klasse, die Mr. und
Mrs. Brown zu einer kurzen Unterredung zu sich bat. Die Browns gingen, nicht ohne einige Befürchtungen, hin. Sie wussten, dass die Drittklässler von Haven in der vorherigen Woche einem IQ-Test unterzogen worden waren. Bryant war insgeheim überzeugt davon, dass Mrs. Underhill ihnen eröffnen würde, Hilly habe weit unterdurchschnittlich abgeschnitten und müsste in die Förderklasse überwechseln. Marie war überzeugt (und zwar ebenso insgeheim), dass Hilly an Legasthenie litt. Sie hatten in der Nacht zuvor beide nicht besonders gut geschlafen.
    Was Mrs. Underhill ihnen dann sagte, war, dass Hilly total außerhalb der Skala lag – unverblümt gesagt, er war ein Genie. »Sie müssen ihn nach Bangor bringen und den Wechsler-Test machen lassen, wenn Sie wissen wollen, wie hoch sein IQ wirklich ist«, sagte Mrs. Underhill zu ihnen. »Hilly dem Tompall-Test zu unterziehen, ist ungefähr dasselbe, als wollte man den IQ eines Menschen bestimmen, indem man ihm den Intelligenztest für eine Ziege vorlegt.«
    Marie und Bryant unterhielten sich darüber … und entschieden sich dagegen, die Sache weiterzuverfolgen. Sie wollten nicht wirklich wissen, wie intelligent Hilly war. Es genügte ihnen zu wissen, dass er nicht behindert war … aber, sagte Marie in dieser Nacht im Bett, das erklärte einiges: Hillys Rastlosigkeit, sein offensichtliches Unvermögen, länger als sechs Stunden pro Nacht zu schlafen, seine Begeisterung für irgendwelche Dinge, die manchmal mit der Schnelligkeit von Hurrikanen kam und ebenso schnell wieder verschwand. Eines Tages, als Hilly schon fast neun war, kam sie von der Post zurück, wo sie mit Baby David gewesen war, und stellte fest, dass die Küche, die sie vor kaum fünfzehn Minuten makellos hinterlassen hatte, ein einziger Saustall war. Die Spüle war voll von mehlverklebten Schüsseln. Auf der Arbeitsplatte lag ein Klumpen
schmelzender Butter. Und im Herd backte etwas. Marie setzte David rasch in seinen Laufstall und machte die Backofentür auf, darauf gefasst, dass ihr Rauchwolken und der Geruch von Verbranntem entgegenschlagen würden. Stattdessen fand sie ein Blech voll Biskuitrolle, die zwar aus der Form geraten, aber köstlich waren. Sie verspeisten sie zum Abendessen … aber vorher hatte Marie Hilly die Kehrseite versohlt und ihn, der sich

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