Das Monstrum
und stieg auf einer grünen Feuersäule himmelwärts: einer der Verrückten in der Stadt hatte irgendwie eine Zündschnur unter das Rathaus gelegt und ein Streichholz daran gehalten und auf diese Weise den Turm in die Luft gejagt wie eine beschissene Silvesterrakete.
»Heilige Scheiße«, flüsterte Gardener mit dünner, entsetzter Stimme.
Das ist es, Gard! Betrachte die Zukunft! Ist es das, was du willst? Diese Frau hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, und das weißt du … die Anzeichen sind zu deutlich. Möchtest du diese Macht in ihre Hände geben? Ja?
Sie ist nicht verrückt, antwortete Gardener ängstlich. Überhaupt nicht verrückt, und glaubst du, das, was du gerade gesehen hast, würde etwas an der Gleichung ändern? Keineswegs, es unterstreicht sie nur. Wenn nicht Bobbi und ich, wer dann? Die Polizei von Dallas, genau die. Alles wird gut werden, ich behalte sie im Auge, wache über sie …
Oh, das machst du verdammt gut, du elende Niete, verdammt gut.
Das unglaubliche Ding am Himmel explodierte und verschoss überallhin grünes Feuer. Gardener schirmte die Augen ab. Er war aufgestanden.
Anderson kam herausgelaufen.
»Was, zum Teufel, war das denn?«, fragte sie, aber sie wusste es – sie wusste es, und Gardener wusste mit einer kalten Gewissheit, dass sie es wusste.
Gardener legte eine Barriere vor seinen Verstand – in den vergangenen zwei Wochen hatte er gelernt, wie er das mit vollem Erfolg tun konnte.
Diese Barriere bestand lediglich darin, wahllos alte Adressen zu rezitieren, Gedichtverse und Songtexte – aber sie funktionierte. Es war gar nicht schwierig, solche störenden Interferenzen abzuspulen, wie er herausgefunden hatte; sie unterschieden sich kaum von den unzusammenhängenden Gedanken, die den meisten Menschen beinahe unablässig durch den Kopf gehen (er hätte seine Meinung geändert, wenn er von Ruth McCauslands qualvollen Anstrengungen gewusst hätte, ihre Gedanken zu verheimlichen – Gardener hatte keine Ahnung, wie viel Mühe ihm die Platte in seinem Schädel ersparte). Er hatte mehrfach bemerkt, wie Bobbi ihn auf seltsame, verwirrte Weise angesehen hatte, und obwohl sie sich abwandte, wenn sie feststellte, dass Gardener sie betrachtete, wusste er, dass sie versuchte, seine Gedanken zu lesen … es angestrengt versuchte … und dennoch scheiterte.
Er benutzte diese Barriere, um seine erste Lüge vor Bobbi zu verheimlichen, seit er sich am 5. Juli, vor fast drei Wochen, mit ihr zusammengetan hatte.
»Ich weiß es nicht genau«, sagte er. »Ich bin im Sessel eingenickt. Ich habe eine Explosion gehört und einen Lichtblitz gesehen. Sah grün aus. Das ist alles.«
Bobbis Augen suchten in seinem Gesicht, dann nickte sie. »Nun, wir sollten lieber in die Stadt fahren und nachsehen. «
Gardener entspannte sich ein wenig. Er wusste nicht
recht, warum er gelogen hatte, aber es schien ihm sicherer zu sein, und sie hatte ihm geglaubt. Diesen Glauben wollte er nicht ins Wanken bringen. »Würde es dir etwas ausmachen, allein zu fahren? Ich meine, wenn du Gesellschaft möchtest …«
»Nein, schon recht«, sagte sie beinahe eifrig und ging.
Als er zur Veranda zurückkehrte, nachdem er dem Lastwagen nachgewinkt hatte, stieß er mit dem Fuß sein Glas um. Das Trinken nahm wieder überhand, und es wurde Zeit, damit aufzuhören. Denn hier ging etwas wirklich Unheimliches vor sich. Er sollte es im Auge behalten, und wenn man trank, war man blind.
Das war ein Schwur, den er schon oft getan hatte. Manchmal hielt er sogar eine Weile vor. Diesmal nicht. Als Bobbi an diesem Abend zurückkehrte, saß Gardener schlafend und betrunken auf der Veranda.
Dennoch war Ruths Signal empfangen worden. Der Empfänger machte sich Sorgen, arbeitete immer noch entschlossen an Bobbis Projekt mit, fühlte sich aber dennoch so unwohl, dass er mehr Stoff in sich hineinschüttete. Aber es war empfangen und wenigstens teilweise verstanden worden: Gardeners Lüge war in gewisser Weise ein Beweis dafür. Aber auf ihre andere Leistung wäre Ruth vielleicht stolzer gewesen.
Stimmen oder nicht, die Dame starb bei geistiger Gesundheit.
Kapitel sieben
Beach Jernigan und Dick Allison
1
Niemand in Haven freute sich mehr über das »Werden« als Beach Jernigan. Wären Gards Tommyknockers Beach persönlich erschienen, ausgerüstet mit Atomwaffen und dem Vorschlag, er solle in den sieben größten Städten der Welt eine unterbringen, dann hätte Beach sofort angefangen, Flugverbindungen herauszusuchen. Selbst in
Weitere Kostenlose Bücher