Das Monstrum
glaube, noch bereiter werde ich wohl nicht mehr werden.«
Er sah den Tank an seinem Gürtel an und fragte sich wieder, ob er ein Gift einatmen würde, das seine Lunge beim ersten Atemzug explodieren ließ. Er glaubte es nicht. Das sollte seine Belohnung sein. Ein Besuch im Innern des Heiligen Tempels, bevor er ein für alle Mal aus der Gleichung ausradiert würde.
»Also gut«, sagte Bobbi. »Ich werde sie aufmachen …«
»Du wirst sie durch Gedanken aufmachen«, sagte Gardener und betrachtete den Stöpsel in Bobbis Ohr.
»Ja«, antwortete Bobbi abwesend, als wollte sie sagen: Was sonst? »Sie wird sich wie eine Irisblende öffnen. Schlechte Luft wird explosionsartig herausströmen, und wenn ich schlecht sage, dann meine ich wirklich schlecht. Was ist mit deinen Händen?«
»Was meinst du?«
»Schnitte?«
»Nichts, das nicht mit Schorf bedeckt wäre.« Er streckte die Hände aus wie ein kleiner Junge, der sie vor dem Essen seiner Mutter zeigt.
»Okay.« Bobbi nahm ein Paar Arbeitshandschuhe aus Baumwolle aus der Tasche und zog sie an. Auf Gards fragenden Blick hin sagte sie: »Entzündete Niednägel an zwei Fingern. Kann sein, dass das nicht reicht – aber vielleicht schon. Wenn du siehst, dass sich die Luke öffnet, Gard, dann machst du die Augen zu. Atme aus dem Tank. Wenn du einatmest, was aus dem Schiff kommt, wird dich das so schnell umbringen wie ein Dran-o-Cocktail.«
»Ich«, sagte Gardener, »bin schon überzeugt.« Er schob das Schnorchelmundstück in den Mund und setzte die Nasenstöpsel ein. Bobbi machte dasselbe. Gardener konnte seinen Puls in den Schläfen spüren, der sehr schnell war, als klopfte jemand rasch mit dem Finger auf eine gedämpfte Trommel.
Das ist es … das ist es endlich.
»Bereit?«, fragte Bobbi ein letztes Mal. Durch das Mundstück kam es gedämpft heraus, es klang wie Elmer Fudd: Weweit?
Gardener nickte.
»Alles klar?« Allehaa?
Gardener nickte noch einmal.
Um Himmels willen, Bobbi, los!
Bobbi nickte.
Okay. Pass auf.
Bevor er sie fragen konnte, worauf, brach das Symbol plötzlich in Segmenten auseinander, und Gardener erkannte mit tiefer, beinahe Übelkeit erregender Aufregung, dass die Luke aufging. Es gab ein dünnes, quietschendes Geräusch, als geriete etwas lange Verrostetes wieder in Bewegung … aber mit größtem Widerstreben.
Er sah, wie Bobbi das Ventil des an ihrem Gürtel eingehakten Tanks öffnete. Er machte dasselbe, dann schloss er die Augen. Einen Augenblick später blies ihm ein Wind ins Gesicht, der ihm das struppige Haar aus der Stirn wehte. Gardener dachte: Tod. Das ist der Tod. Der Tod streicht an mir vorbei und füllt diese Grube wie Chlorgas. Jede Mikrobe auf meinem Körper stirbt gerade.
Sein Herz schlug viel zu schnell, und er fing schon an sich zu fragen, ob das ausströmende Gas (wie das aus einem Sarg ausströmende Gas, schwatzte sein unberechenbarer Verstand) ihn nicht doch irgendwie umbrachte, als er merkte, dass er den Atem angehalten hatte.
Er holte durch das Mundstück Atem. Er wartete, ob es ihn umbringen würde. Das tat es nicht. Die Luft hatte einen schalen, abgestandenen Geschmack, aber man konnte sie sehr gut atmen.
Vierzig, vielleicht fünfzig Minuten Luft.
Langsamer, Gard. Atme langsam. Damit sie länger hält. Nicht keuchen.
Er atmete langsamer.
Versuchte es zumindest.
Dann war das hohe, kreischende Geräusch vorbei. Der Luftstrom an seinem Gesicht wurde schwächer, schließlich
hörte er ganz auf. Dann verbrachte Gardener eine Ewigkeit im Dunkeln und stand mit geschlossenen Augen vor der offenen Luke. Die einzigen Geräusche waren das gedämpfte Pochen seines Herzens und das Seufzen der Luft im Ventil des Tanks. Sein Mund schmeckte bereits nach Gummi, und seine Zähne bissen viel zu fest auf die Gummihalterung im Schnorchelmundstück. Er zwang sich dazu, sich zu beruhigen und zu entspannen.
Schließlich hörte die Ewigkeit auf. Bobbis deutlicher Gedanke erfüllte seinen Kopf:
Okay … das dürfte genügen … du kannst deine blauen Äuglein wieder aufmachen, Gard.
Und das tat Jim Gardener dann, genau wie ein Kind bei einer Überraschungsparty.
5
Er blickte in einen Korridor.
Er war vollkommen rund, abgesehen vom flachen Vorsprung eines Gehwegs an einer Seite, ungefähr auf halber Höhe der Seitenwand. Seine Position sah durch und durch falsch aus. Einen wilden Augenblick lang stellte er sich die Tommyknockers als abscheuliche, intelligente Fliegen vor, die mit Haftbeinen auf diesem Gehweg entlangkrochen.
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