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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wenn ich falle, nicht wahr?
    Selbstverständlich wusste er es.
    Das hast du davon, dass du mich Patty genannt hast, du betrunkener Hurensohn. Das würde sie denken. Das hast du davon, dass du mich Patty genannt hast, und das hast du davon, dass du mich gezwungen hast, alles zu tun, außer auf die Knie sinken und zu betteln. Nur weiter so, Gardener, vielleicht lasse ich dich sogar den Vorschuss behalten. Das außerordentliche Vergnügen, dich hier vor all diesen Leuten zusammenbrechen zu sehen, ist mir dreihundert Dollar wert. Nur weiter so. Nur weiter so, bring es durch.
    Ein paar Leute im Publikum wurden inzwischen sichtlich nervös – die Pause zwischen zwei Gedichten war viel länger geworden als üblich. Aus dem Murmeln war ein unterdrücktes Getuschel geworden. Gardener hörte, wie sich Ron Cummings hinter ihm unbehaglich räusperte.
    Zeig Härte!, schrie Bobbis Stimme wieder, aber diese Stimme wurde jetzt leiser. Leiser. Bereit machen zum Ignorieren.
Er suchte ihre Gesichter und sah nur flächige, bleiche, leere Kreise, Chiffren, große weiße Löcher im Universum.
    Das Getuschel schwoll an. Er stand am Pult und schwankte jetzt sichtbar, befeuchtete sich die Lippen und betrachtete sein Publikum mit einer Art benommener Bestürzung. Und dann hörte Gardener Bobbi plötzlich nicht nur, sondern sah sie sogar. Das Bild hatte die volle Wucht einer Vision.
    Bobbi war in Haven, genau in diesem Augenblick. Er sah sie in ihrem Schaukelstuhl sitzen, sie trug Shorts und ein schulterfreies Oberteil über dem bisschen Busen, das sie hatte. Sie hatte ein ausgetretenes Paar Mokassins an den Füßen, und Peter lag davor und schlief tief und fest. Sie hatte ein Buch, las aber nicht darin. Es lag mit dem Rücken nach oben auf ihrem Schoß (dieser Teil der Vision war so deutlich, dass Gardener sogar den Buchtitel lesen konnte – es war Ein Freund fürs Sterben von Dean Koontz – während Bobbi in die Dunkelheit hinausschaute und ihren eigenen Gedanken nachhing – Gedanken, bei denen einer auf den anderen folgte, so normal und vernünftig, wie man das von einem Gedankenzug erwarten konnte. Keine Entgleisungen, keine Verspätungen; keine Frontalzusammenstöße. Bobbi wusste, wie man einen Zug fuhr.
    Er stellte fest, dass er sogar wusste, woran sie dachte. Etwas im Wald. Etwas … es war etwas, was sie im Wald gefunden hatte. Ja. Bobbi war in Haven und versuchte herauszufinden, was das Ding sein konnte und warum sie so müde war. Sie dachte nicht an James Eric Gardener, den bekannten Dichter, Demonstrant und Erntedank-Ehefrauenanschießer, der momentan unter diesen Leuchtstoffröhren in einem Hörsaal der Northeastern University zusammen mit fünf anderen Dichtern und einem fetten Scheißkerl namens Arberg oder Arglebargle oder so ähnlich dastand
und nahe daran war, ohnmächtig zu werden. Gott segne Bobbi, der es irgendwie gelungen war, ihre Scheiße zusammenzuhalten, während allerorten um sie herum den Leuten ihre verloren ging. Bobbi war in Haven und dachte so, wie Menschen denken sollten …
    Nein, das tut sie nicht. Das tut sie ganz und gar nicht.
    Und nun kam zum ersten Mal ohne Schalldämpfer der Gedanke durch; er kam so laut und eindringlich wie eine Feuerglocke in der Nacht: Bobbi ist in Schwierigkeiten! Bobbi ist in ECHTEN SCHWIERIGKEITEN!
    Diese Gewissheit traf ihn mit der Wucht eines Schwingers, und plötzlich war seine Benommenheit verflogen. Er fiel mit einem solchen Krachen in sich zurück, dass er beinahe glaubte, seine Zähne klappern zu hören. Ein ekelerregender Schmerz zuckte durch seinen Kopf, aber selbst das war ihm willkommen – wenn er Schmerzen spürte, dann war er wieder hier, hier, und schwebte nicht irgendwo draußen in der Ozonschicht.
    Einen verwirrenden Augenblick lang sah er ein neues Bild, sehr kurz, sehr deutlich und sehr geheimnisvoll: Bobbi im Keller des Farmhauses, das sie von ihrem Onkel geerbt hatte. Sie kauerte vor einer Art Maschine und arbeitete daran … oder nicht? Es schien so dunkel zu sein, und Bobbi war nicht die Geschickteste im Umgang mit mechanischen Dingen. Aber sie machte ganz eindeutig etwas, denn gespenstisches blaues Licht sprang und flackerte zwischen ihren Fingern, während sie in dem Kabelsalat herumfummelte, die sich im Inneren dieses … dieses … aber es war zu dunkel, um erkennen zu können, um was es sich bei dieser dunklen, zylindrischen Form handelte. Es war ihm vertraut, etwas, was er schon einmal gesehen hatte, aber …
    Dann konnte er sie nicht nur sehen,

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